Bundesland Waldorf

Thomas Rohloff, Leiter der Abteilung Bildungsdaten und -analysen beim Bund der Freien Waldorfschulen (BdFWS) weist darauf hin, dass die Zahl der Schüler aller Waldorfschulen inzwischen mit den Schülerzahlen der kleineren Bundesländer mithalten kann: »Das ›Bundesland Waldorf‹ wäre zur Zeit zwischen Bremen und Saarland anzusiedeln. Im Schuljahr 2012/13 hatte Bremen z.B. 65.716 Schüler, die Freien Waldorfschulen 84.763 und das Saarland 94.352, so gesehen wären die Waldorfschulen das neue 16. und Bremen das 17. Bundesland.« Der Vergleich mit den offiziellen Daten des Statistischen Bundesamts würde für die Waldorfschulen noch günstiger ausfallen, so Rohloff, wenn die heilpädagogischen Schulen in der Statistik Berücksichtigung fänden.

»Freie Schulen sind in Deutschland keine exotische Ausnahme mehr, sondern mitten in der Zivilgesellschaft angekommen, und daran haben auch die Waldorfschulen ihren Anteil«, kommentiert Henning Kullak-Ublick vom Vorstand des BdFWS. Dem Elternwillen, der hier zum Ausdruck komme, müsse von Seiten der Politik Rechnung getragen werden, z.B. durch eine angemessene Finanzierung der freien Schulen, die allen Familien den Zugang ermögliche. Das Elternvotum richte sich auch deutlich gegen Standardisierung und Vereinheitlichung. »Monokulturen führen zur Verarmung, Vielfalt hingegen zu einer lebendigen Entwicklung – in der Kultur nicht weniger als in der Natur«, heißt es dazu in den »7 Kernforderungen an die Bildungspolitik« des BdFWS.

Die Schülerzahlen an den allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft sind im Berichtszeitraum auf insgesamt 730.900 gestiegen, das entspricht einem Zuwachs um 23,8 Prozent. Diese Entwicklung verlief – so die Angaben der Abteilung Bildungsdaten und -analysen des BdFWS – in den alten und neuen Bundesländern sehr verschieden: In den alten Ländern stieg die Zahl der Schüler an freien Schulen um 13,8 Prozent, in den neuen Ländern sogar um 122,3 Prozent. Damit hat sich der Anteil der Schüler für die alten Länder von 6,7 auf 8,5 Prozent erhöht, die der neuen Länder sogar von 3,1 auf 8,9 Prozent.

Insgesamt steigerte sich der Anteil der Schüler freier Schulen bezogen auf die Gesamtschülerzahl in diesem Zeitraum von 6 auf 8,5 Prozent. In den einzelnen Bundesländern ist dieser Anteil sehr unterschiedlich, an der Spitze stehen Bayern (11,6 Prozent), Hamburg (10,6 Prozent), Bremen (10,3 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (10 Prozent), gefolgt von Berlin, Brandenburg, Baden-Württemberg und Sachsen mit rund 9 Prozent. Die Schlusslichter der Statistik bilden Hessen (6,9 Prozent), Niedersachsen (6 Prozent) und Schleswig-Holstein (4,6 Prozent).

Die Entwicklung der freien Schulen ist aus der Sicht des BdFWS umso bemerkenswerter, als das Statistische Bundesamt im Zehnjahreszeitraum einen Rückgang der Schülerzahlen an den allgemeinbildenden Schulen um 12,5 Prozent aufgrund der demographischen Entwicklung konstatiert. Auch der Rückgang verlief in den neuen und alten Bundesländern unterschiedlich: Während die allgemeinbildenden Schulen in den alten Bundesländern in den zehn Jahren 806.106 Schüler verloren (-10,1 Prozent), waren es in den neuen Bundesländern (einschl. Berlin) 417.292 (-23,4 Prozent). Im Schuljahr 2012/13 besuchten insgesamt noch 8,6 Mio. Schüler die allgemeinbildenden Schulen in Deutschland.

Trotz der positiven Entwicklung des freien Schulwesens liegt Deutschland im internationalen Vergleich immer noch zurück: im OECD-Durchschnitt betrug der Anteil der Schüler an freien Schulen 12,8 Prozent (Schuljahr 2011/12).

Quellen:

Statistisches Bundesamt, Wiesbaden: Schulen auf einen Blick, Ausgabe 2014/Fachserie 11, Reihe 1
Institut der deutschen Wirtschaft (IW), Köln
Abteilung Bildungsdaten und -analysen im BdFWS: fortlaufende eigene Erhebungen