Immer mehr Waldorfschulen im Netzwerk gegen Rassismus

»Wir gründen eine Schülerinitiative gegen Diskriminierung!
 Wir setzen deutliche Zeichen gegen Gewalt und Diskriminierung« ermutigt das Netzwerk auf seiner Homepage in erster Linie die Schüler selbst. Sie sind es, die die Mitgliedschaft in die Hand nehmen müssen. Ansprechpartner war von daher in Hamburg-Altona die 10. Klasse. »Wir führen das Projekt fort, das von einer Schülerin, Jule Biefeld, begonnen worden ist. Sie hat schon längst Abitur«, erläutert Milena beim Treffen. Ihr Klassenkamerad Raphael ergänzt, dass auch die Schülervertretung sich des Themas angenommen habe. Ziel sei es, im Alltag ein besseres Verständnis zwischen den Menschen zu schaffen.

Die Schüler beschreiben, dass es viele Gelegenheiten gibt, wo sie in ihrem Umfeld in Hamburg auf Diskriminierung und Ausgrenzung aufmerksam geworden sind. Menschen mit anderer Hautfarbe würden viel öfter von der Polizei kontrolliert, hat Len beobachtet, Jonas berichtet von der Auseinandersetzung um die Ansiedlung eins Flüchtlingsheims im vornehmen Stadtteil Harvestehude, die von den Anwohnern bekämpft worden ist. Elisa fiel die Ausgrenzung bei homosexuellen Menschen auf oder auch bei Behinderten. Alexandros machte beim Spendensammeln für den WOW-Day (Waldorf One World) die Erfahrung, dass Mitbürger für »Ausländer« nichts geben wollten. Aber auch in den Familien treffe man auf Unverständnis und Vorurteile. Zwei Schüler schilderten Diskussionen mit ihren Omas. Diese beschwerten sich über zuviel Zuwanderung und darüber, dass die Einwanderer Deutschen angeblich Wohnungen und Arbeitsplätze wegnähmen. »Angst vor dem, was fremd ist« – analysierten die Schüler den Hintergrund für Diskriminierung und Ausgrenzung.

Im Rahmen einer Projektwoche im Fach Politik, Wirtschaft und Gesellschaft (PGW) bekamen die Schüler Gelegenheit, sich intensiv mit ihrem Thema auseinanderzusetzen. Oberstufenlehrer Gerrit de Jong wollte damit Grundlagen für das Engagement im Rahmen des Netzwerks legen: »Es ist unrealistisch, wenn man davon ausgeht, dass das Engagement nur am Wochenende und in der Freizeit stattfindet«. Den Rahmen habe er vorgegeben, aber inhaltlich konnten die Schüler sich ihren Gegenstand selbst wählen. »Die Schüler brauchen Raum, in dem sich Initiative entfalten kann«, erklärt der Lehrer Gerrit de Jong. So sind ausführliche Informationsmappen entstanden zu Diskriminierung von Minderheiten, am Arbeitsplatz und zur Lage der Flüchtlinge in Hamburg.

Auch die Gruppe der Lampedusa-Flüchtlinge, die in einer Kirche in St. Pauli untergebracht war, bot für die Schüler einen Ansatzpunkt. Sie erforschten das Leben der Flüchtlinge, machten auch Interviews mit ihnen. O., ein Flüchtling aus Burkina Faso, erzählt den Schülern von seiner Flucht mit dem Boot über das Mittelmeer. »Als wir ihn nach seiner Familie gefragt haben, wurde er sehr traurig und hat nichts darüber erzählt, er hat sie wohl auf der Reise verloren«, berichtet Thea. Die Betroffenheit durch die Begegnung ist den Schülern anzumerken. Sie berichten auch, dass sie durch die Recherche jetzt mehr Informationen haben, um in Gesprächen z.B. mit der Oma besser bestehen zu können. Lehrer Gerrit de Jong hat die Zehntklässler außerdem damit beauftragt, ihre Arbeitsergebnisse in den Klassen sieben bis neun darzustellen und zu diskutieren. »So sorgen wir gleichzeitig für die Kontinuität des Engagements«, betont er.

Auch andere Klassen haben sich Aktionen im Rahmen des Netzwerks überlegt, so sollen Einnahmen von Klassenspielen für die Lampedusa-Flüchtlinge gespendet werden oder es wurde eine Teilnahme am Red Hand Day organisiert, der sich gegen den Einsatz von Kindersoldaten richtet. Besonders stolz sind die Schüler in Altona auch auf ihren Paten im Netzwerk, den Hamburger Filmemacher Fatih Akin.

Schule ohne Rassismus