Jobcenter muss Beförderungskosten zur Waldorfschule übernehmen

Juli 2017

Wenn Kinder eine Waldorfschule besuchen, können Jobcenter zur Übernahme der Schülerbeförderungskosten verpflichtet sein. Da solche Schulen ein besonderes pädagogisches Profil aufweisen und durch sie die allgemeinen Bildungsziele erreicht werden, darf das Jobcenter die Eltern nicht auf näher gelegene öffentliche Schulen verweisen, urteilte am Mittwoch, 5. Juli 2017, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 14 AS 29/16 R).

Vor Gericht war eine aus Husum stammende Mutter mit fünf Kindern gezogen. Eine ihrer Töchter besuchte 2011 die Waldorfschule Flensburg. Da die Mutter Hartz-IV-Aufstockerin war, beantragte sie beim Jobcenter die Übernahme der Schülerbeförderungskosten in Höhe von monatlich 78,80 Euro.

Die Behörde lehnte den Antrag ab. Es gebe zwei öffentliche Grundschulen in Wohnortnähe, die das Kind besuchen könne. Damit bestehe auch kein Bedarf an Schülerbeförderung.

Waldorfschule ist genehmigte Ersatzschule

Die Mutter argumentierte, sie habe die Waldorfschule aufgrund ihres besonderen pädagogischen Konzepts und ihrer speziellen Unterrichtsfächer ausgesucht. Außerdem gingen öffentliche Schulen ganz anders mit den Kindern umgehen als Waldorfschulen. Die Waldorfschule sei zudem als Ersatzschule vom Land genehmigt. Die Beförderungskosten müssten daher übernommen werden, zumal das Grundgesetz die Privatschulfreiheit garantiere. Kinder aus weniger begüterten Familien dürften nicht wegen höherer Kosten am Besuch einer genehmigten Ersatzschule gehindert werden.

Das Jobcenter räumte daraufhin ein, das BSG habe zwar am 17. März 2016 entschieden, Schülerbeförderungskosten müssten auch dann übernommen werden, wenn der Schüler eine weiter entfernte Schule mit besonderer Fachrichtung wie beispielsweise mit Sportschwerpunkt besuche. Diese Entscheidung betreffe aber nicht Waldorfschulen. Sie böten lediglich ein anderes pädagogisches Konzept und keine besondere Fachrichtung.

Pädagogisches Konzept der Schule

Den 14. Senat des BSG überzeugte dies nicht. Jobcenter müssten auch dann die Schülerbeförderungskosten übernehmen, wenn der Schüler eine weiter entfernte Schule in privater Trägerschaft besuche. Voraussetzung sei, dass in der Schule die allgemeine Schulpflicht erfüllt werde. Dies sei bei einer Ersatzschule der Fall. Die Schule müsse außerdem ein eigenständiges inhaltliches Profil aufweisen. Sie müsse sich von öffentlichen, näher gelegenen Schulen deutlich unterscheiden.

Diese Voraussetzungen erfülle die Waldorfschule: sie sei eine genehmigte Ersatzschule, in der die allgemeinen Bildungsziele und Abschlüsse angestrebt werden könnten und verfüge mit ihrem pädagogischen Konzept über ein besonderes inhaltliches Profil. Die Kasseler Richter gaben der Klägerin daher im Grundsatz recht.

Wegen fehlender Tatsachenfeststellungen wurde das Verfahren an das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht zurückverwiesen.

Quelle: www.juragentur.de

Alle Nachrichten in dieser Kategorie

Kein Zugang zur Kindertagesstätte bei fehlender Masern-Schutzimpfung

Ohne den Nachweis einer Masern-Schutzimpfung kann einem Kind der Zugang zur Kindertagesstätte verweigert werden. Ein auf den Zugang zur Kita... [mehr]

»Reparieren macht Schule«: Nachahmer gesucht

2018 hat die Veolia Stiftung das Projekt »Reparieren macht Schule« mit Fördermitteln in Höhe von 20.000 Euro unterstützt. Mit den Fördermitteln... [mehr]

Zugang zu Fachhochschulen durch Waldorf-Abschluss-Portfolios

Die Rudolf Steiner Schule Bochum wirkte maßgeblich an der Konzeption und Entwicklung des Abschlussportfolios für Waldorfschulen mit. Das Portfolio... [mehr]

WERKSTATT Inklusion

Die WERKSTATT Inklusion ist ein Fortbildungsangebot zu Fragen inklusiver Waldorfpädagogik.  [mehr]

Zertifiziertes Abschlussportfolio mit Kompetenznachweis für den Fachhochschulzugang

Die ersten »neuen« Schulabschluss-Portfolios wurden durch Prof. Dr. Stefan Ackermann von SocialCert erfolgreich zertifiziert.  [mehr]

»Reden wir von Leben und Tod«

Zwölftklässler einer Waldorfschule im Gespräch. [mehr]

Bundesverfassungsgericht lehnt Eilanträge zum »Masernschutzgesetz« ab, wird sich aber eingehend mit den Beschwerden befassen

Mit dem gestern veröffentlichten Beschluss vom 11. Mai 2020 hat das Bundesverfassungsgericht die Eilanträge zweier Familien abgelehnt, die... [mehr]

21. Kasseler Jugendsymposion »Vernunft«

Das 21. Kasseler Jugendsymposion erfreute sich erneut großen Zuspruchs. Wieder kamen engagierte und enthusiastische Jugendliche aus ganz Deutschland... [mehr]

Waldorf digital: gemeinsam kreativ gestalten

Das Elewa-Team (E-learning-Waldorf) bietet einen Online-Kurs mit Anregungen für Lehrkräfte an. Es lädt außerdem zu Austausch und gegenseitiger... [mehr]

Absage der Mitgliederversammlung und der Bundeskonferenz März 2020 in Seewalde

Der Vorstand des Bundes der Freien Waldorfschulen hat in seiner Sitzung vom 12. März 2020 beschlossen, die Mitgliederversammlung, die am 20. und 21.... [mehr]

Treffer 51 bis 60 von 893

< Vorherige

1

2

3

4

5

6

7

Nächste >

Folgen