»Liebe zum Wort« als Sprachförderung: Waldorfpädagogik setzt Akzente auf der Leipziger Buchmesse

Zum sechsten Mal ist die Pädagogische Forschungsstelle beim BdFWS mit den Büchern der Edition Waldorf  auf der Buchmesse präsent, die Vereinigung der Waldorfkindergärten ist mit Publikationen ebenfalls am Stand vertreten. Außerdem kooperiert Edition Waldorf in diesem Jahr mit dem Wissenschaftsverlag Barbara Budrich.

Seit den Pisa-Studien ist Sprache in der Kleinkindpädagogik in aller Munde, eine Vielzahl von Sprachstandserhebungen und Fördermaßnahmen wurden ins Leben gerufen, um der ständig steigenden Tendenz zu Sprachentwicklungsstörungen entgegenzuwirken.

Lisbeth Wutte, Grundschullehrerin und Theaterpädagogin ist die Autorin des Buches »Mit Kindern Sprache leben«, das in einer Veranstaltung vorgestellt wird. Sie plädiert für ein neues Verhältnis zur Sprache, durch das Eltern und Pädagogen den Kindern zu einem leichten und spielerischen Spracherwerb verhelfen können. »In dem wir uns der eigenen Sprache bewusst werden, erleben wir erst ihre Qualitäten – ihre Präzision, ihre Lebendigkeit, ihre Schönheit und ihre Kraft. Gehen wir wertschätzend und achtsam mit ihr um, wird sie von den Kindern wohltuend und freudig aufgenommen«, so ihre These. Die »Liebe zum Wort« werde so zur besten Sprachförderung, unabhängig davon, ob Deutsch die Erst- oder Zweitsprache ist.

Das praxisnahe Handbuch für Eltern und Erzieher und Lehrer im Grundschulbereich enthält eine Fülle von Beispielen, konkrete Tipps für den Alltag und auch viel Poesie – vom Nonsens-Vers über Geschichten bis hin zum Puppenspiel.

Eine zweite Veranstaltung in Kooperation mit dem Verlag Barbara Budrich stellt die Publikation »Spiritualität in den Lebensbereichen der Pädagogik« vor. Spiritualität wird hier als vertiefte Aufmerksamkeit verstanden, die zum Verständnis des pädagogischen Prozesses beitragen kann.

Prof. Tomas Zdrazil von der Freien Hochschule Stuttgart erläutert im Gespräch, warum in der Waldorfpädagogik eine »lesende Wahrnehmung der äußeren Wirklichkeit« methodisch zur Grundlage gehört. In erster Linie geht es um den Schüler, der zu einem offenen Buch wird, in dem der Lehrer Notwendigkeiten seines Handelns entziffern kann. Die Seele des Menschen als ein »zu lösendes Rätsel«, das auf Hintergründiges, Tieferliegendes und Höheres verweist – diese Auffassung teilt die Waldorfpädagogik auch mit dem Schweizer Humanisten und Vorläufer der Reformpädagogik, Heinrich Pestalozzi, mit dem Philosophen Martin Buber oder auch dem großen Pädagogen des 20. Jahrhunderts, Janusz Korczak.

Diese intuitive Fähigkeit der Empathie wird als Teil der sozialen Intelligenz in der gegenwärtigen Gesellschaft immer bedeutsamer, so die These von Prof. Zdrazil, die er anhand des physiognomischen Lesens, z. B. im Gesicht des Schülers, erläutert. Die intensive Wahrnehmung von Kindern und der pädagogische Austausch unter den Lehrern darüber, ist in der Waldorfpädagogik zu einer intensiv geübten Praxis geworden.