Jugendwertestudie 2021

Redaktion

Verhältnis zum Staat

In Österreich vertraut nur mehr ein Drittel der jungen Menschen im Alter zwischen 16 und 29 Jahren der Regierung. In Deutschland sind es noch 40%. Der Opposition vertrauen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen noch weniger. Das ist fatal, denn es zeigt, dass innerhalb des politischen Systems keine Alternative mehr gesehen wird. Die Repräsentationskrise der Politik ist dabei, total zu werden.

Die autoritäre Drohung und auch die Versuche der Meinungsmanipulation wirken nicht mehr. Trotz Lockdown sind die Straßen voll, die Polizei hebt eine Corona-Party nach der anderen aus und die jungen Leute haben keine Angst vor dem Corona-Virus, auch wenn täglich in den Boulevard-Medien der Regierung von 18-jährigen Corona-Opfern auf Intensivstationen berichtet wird. In Österreich haben 80% der unter 30-Jährigen kaum Angst vor Covid-19, in Deutschland sind es 68%. Dort wird der Staat offenbar noch etwas mehr ernst genommen als in Österreich.

Während in Österreich fast 50% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen das Handeln der Regierung in der Corona-Krise mit den Noten »Nichtgenügend« oder »Genügend« bewerten, sind das in Deutschland lediglich 15%.

Darüber, dass in der Corona-Krise niemand die Sorgen und Ängste der Jugend ernst nimmt, ist man sich unter den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland und Österreich einig. Rund 70% fühlen sich in beiden Ländern aus dem politischen Diskurs ausgeschlossen. Die Einbeziehung der Jugend ins politische System ist damit in beiden Ländern als gescheitert zu betrachten. Oberlehrerhaft organisierte Jugendparlamente, in denen primär die Eliten aus politiknahen Milieus auftreten, werden als PR-Maßnahmen der Herrschenden gesehen.

Verhältnis zum Gesundheitswesen

Obwohl es im Gebälk des Gesundheitssystems ordentlich knirscht, genießt es in Österreich (71%) und in Deutschland (63%) unter den jungen Staatsbürgern das größte Vertrauen aller Institutionen.

Während 80% der jungen Deutschen die Einschränkung der sozialen Kontakte in Ordnung finden, sind es in Österreich nur 65%. Die Skepsis gegenüber restriktiven Einschränkungen der Corona-Politik ist in Österreich generell stärker ausgeprägt als in Deutschland. In beiden Ländern sind es vor allem die niedrigen und mittleren Bildungsschichten, die den autoritären staatlichen Maßnahmen skeptisch bis äußerst kritisch gegenüberstehen. Die höheren Bildungsschichten beurteilen die freiheitsbeschränkenden Eingriffe des Staates positiv, weil sie sie als notwendige Disziplinierung des uneinsichtigen Mobs aus den bildungsfernen Milieus interpretieren. Klassistische Denkmuster lassen sich deutlich erkennen.

Social Distancing, Masken- und Homeoffice-Pflicht erfahren in Deutschland und in Österreich gleichermaßen hohe Zustimmung. Die Schließung von Schulen, Kindergärten und der Gastronomie die geringste. Generell ist die Akzeptanz der präventiven Corona-Maßnahmen in Deutschland beträchtlich größer. Offenbar ist es hier besser gelungen, die jungen Zielgruppen kommunikativ ins Boot zu holen.

Ein Drittel der österreichischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind Impfgegner. In Deutschland ist die Zahl der Impfskeptiker auffällig kleiner.

Politische Einstellungen

Die Entwicklung der Werthaltungen und Einstellungen zeigt eine Hinwendung der Jugend zum Konservatismus. In beiden Ländern sind rund 70% der Befragten Traditionen wichtig, jeweils über 80% schätzen Sauberkeit, Ordnung und Sparsamkeit und ebenso wird in beiden Ländern die traditionelle bürgerliche Familie hochgeschätzt. Der Patriotismus ist in Österreich stärker ausgeprägt als in Deutschland. Während über 80% der Österreicher und Österreicherinnen stolz darauf sind Österreicher zu sein, sind unter den befragten Deutschen nur rund 70% dermaßen überzeugte Patrioten. Dennoch zeigt sich in beiden Ländern, dass in unsicheren und unbeständigen Zeiten die Tendenz zu retrotopischen, traditionalistischen und patriotischen Weltbildern und Lebensentwürfen zunimmt.

Intensität von Freundschaft nimmt ab

Mit den reduzierten Kontakten zu Gleichaltrigen habe auch die Intensität der Freundschaftsbeziehungen deutlich abgenommen, so Heinzlmaier. Im Jahr 2019 sagten noch über 70 Prozent der jungen Österreicher, dass »Freunde und Bekannte« für sie »sehr wichtig« sind. Inmitten des ersten Lockdowns im März 2020 war die Wichtigkeit der Freundesbeziehungen schon auf 55 Prozent gesunken; im März 2021 betonen sie nur mehr 50 Prozent. Hingegen habe die Kontrolle der Eltern auf den Alltag der jungen Menschen wieder zugenommen.

Heinzlmaier betont: »Jugendliche brauchen Restaurants, Bars, Clubs, Event- und Party-Locations, um altersadäquate Beziehungserfahrungen machen zu können und Entwicklungsaufgaben in Bezug auf die eigene Sexualität lösen zu können. Gleichaltrigengruppen und jugendkulturelle Freiräume sind die wichtigsten Bedingungen für eine gelingende Sozialisation. Schneidet man Jugendliche langfristig von ihnen ab, können sie die wichtigen Lern- und Lebenserfahrungen einer erfüllten Jugend nicht machen.«

Quellen: https://t1p.de/jxff | https://t1p.de/szmxx