Online-Unterricht – elementare Möglichkeiten

Franz Glaw

Das Verschicken von Aufgabenblättern funktioniert den Erfahrungsberichten nach relativ gut. Jedenfalls, wenn im Elternhaus Drucker, Tinte / Toner und Papier in ausreichendem Maß verfügbar sind. Allerdings stößt man bald an Grenzen, weil einem ja das gesprochene Wort und auch die Tafel fehlen, an der man etwas demonstrieren kann.

Auf ein paar einfache digitale Alternativen will ich hier hinweisen. Voraussetzung ist jeweils, dass man ein Tablet hat oder ein Grafiktablett als Eingabegerät, welches man an den Computer anschließt. Hilfsweise funktioniert alles auch mit der Maus, setzt aber eine gewisse Übung und Geschick voraus, damit man die Bewegungen mit der Maus und das Bild auf dem Monitor koordinieren kann. Einen Kreis beispielsweise zu zeichnen, stellt dabei allerdings eine sehr große Herausforderung dar.

Vielleicht haben Sie ja Zeit und Lust, sich in den Ferien ein wenig mit den hier vorgestellten Möglichkeiten auseinanderzusetzen. Nach meinen Erfahrungen sind die Schüler recht dankbar, wenn Sie vielfältige Angebote bekommen.

Drawboard PDF

Tutorial: https://www.youtube.com/watch?v=tL32UiNkjH0

Mit dieser Software kann man in PDF-Dokumenten schreiben und viele andere Bearbeitungen vornehmen. Ich benutze diese Software vor allem zur Korrektur von Schülerarbeiten (z.B. online geschriebene Klausuren der 13). Schüler schicken ein (!) PDF-Dokument (dazu gibt es auch eine Anleitung von mir), ich korrigiere per Drawboard-PDF direkt im Dokument und kann es den Schülern zurücksenden. So brauche ich keinen Drucker und kein Papier, muss auch keine Datei umwandeln.

Außerdem kann ich im Unterricht per Zoom-Meeting im Aufgabenblatt Anstreichungen und Anmerkungen machen, die die Schüler synchron sehen können, wenn ich den Bildschirm freigebe.

Windows Journal

Tutorial: https://www.youtube.com/watch?v=WhJqxn70LFU

Diese Software (bei Windows 7 noch im OS) lässt sich auch jetzt noch finden: kurzelinks.de/Journal

Mit Journal hab ich praktisch einen Tafelersatz, der viele Möglichkeiten bietet. Die Tafel kann als PDF abgespeichert und versendet werden. One Note ist eine praktikable Alternative.

OBS Open Broadcast Studio

Tutorial: https://www.youtube.com/watch?v=AcX9tERIbsI

Diese Software macht es möglich, alles, was man auf dem Bildschirm sieht (oder auch nur einen frei definierbaren Ausschnitt des Bildschirms) aufzunehmen – Bild und Ton. Die Tonqualität lässt allerdings zu wünschen übrig (bessere Alternative s.u.).

Arbeiten mit dem Grafiktablett

Will man beispielsweise in der Geometrie nicht nur Freihandzeichnungen machen, sondern auch exakte Geraden und Kreise zeichnen, so kommt man um ein Grafiktablett nicht herum. Da kann ich auch Papier auflegen, so dass ich auf dem Papier mit Lineal und Zirkel arbeiten kann. Diese Zeichnungen werden vom Grafiktablett digitalisiert und auf den Computer übertragen.

Ein Beispiel aus meinem Unterricht für die 9. Klasse sehen Sie hier: https://vimeo.com/401956572/04f1120403 (Leider ist mir erst nach Fertigstellung aufgefallen, dass das Seitenverhältnis falsch eingestellt war, wodurch es zu Verzerrungen kommt.)

Video-Schnitt

Habe ich Filmaufnahmen (z.B. mit OBS) erstellt, muss ich diese oftmals bearbeiten. Und sei es nur, Anfang und Ende zu beschneiden. Das geht leicht mit Open Shot.

Tutorial: https://www.youtube.com/watch?v=74pIsM1vBZ8. Komfortabler ist dies natürlich mit Final Cut Pro X (nur MacOS) möglich.

Tonaufnahmen

Da die Qualität der internen Mikrofone in Laptops oder Tablets bescheiden ist und weil auch Nebengeräusche vom Gehäuse oder vom Schreiben mit dem Stift sehr störend sein können, nehme ich parallel mit Großmembran-Kondensator-Mikrofon und Fieldrecorder als Interface den Ton auf. Man kann oftmals auch Verbesserungen erzielen, wenn man ein (günstig zu erwerbendes) Headset benutzt.

Ton-Schnitt

Mit Audacity lassen sich Tonaufnahmen sehr leicht bearbeiten. Eine Einführung gibt es hier: https://www.audacity.de/erste-schritte/

In der Regel ist diese Audio-Schnittsoftware den Schülern bereits bekannt.

Online-Portale

Wie stellt man nun den Schülern die verschiedenen Dokumente zur Verfügung? Der Versand per Mail stößt auf Dauer an unterschiedliche Grenzen.

Film: Ich benutze Vimeo (Pro). Bei Fehlern kann man den Film austauschen, ohne dass sich die URL ändert. Auch hat man keine Ablenkung der Schüler durch Nonsens-Filme, so dass sie nach 10 Minuten Schulfilm weitere 60 Minuten bei YouTube hängenbleiben. Teilweise ist von Eltern YouTube im Router gesperrt. Im Pro Account habe ich ein großzügiges wöchentliches Upload-Limit.

Wetransfer (Pro) bietet sich generell für den Versand von Dateien an. Bis zu 20GB in der Pro-Variante sind möglich.

Ton: Tondateien stelle ich per SoundCloud (Pro Unlimited) zur Verfügung.

Es hat sich übrigens sehr bewährt, pro Klasse eine eigene Mailadresse einzurichten, weil man auf diese Weise einfacher den Überblick behalten kann.

Unterricht per Videokonferenz

Für schulische Zwecke arbeite ich mit zoom.us. Das funktioniert flüssig, alle Schüler sind bisher damit gut klargekommen und man hat vielfältige Möglichkeiten zur Gestaltung des Unterrichts. Es gibt allerdings Datenschutz-Bedenken. Teilweise beruhen sie aber auf Unkenntnis (zoom-bombing) oder sind Vergangenheit.

Eine Alternative ist Big Blue Button. Dabei muss man entweder gute Fachkenntnisse beim Konfigurieren des (eigenen) Servers haben oder recht teure Dienstleister in Anspruch nehmen. Auf der anderen Seite sollte man immer bedenken: Wenn man kein Geld zahlt, ist man nicht der Kunde, sondern das Produkt.

Unterricht in der Klasse unter Hygieneauflagen

Es ist gut möglich, dass auch nach den Osterferien der Unterricht allenfalls in eingeschränkter Form möglich sein wird. Müssen z.B. Sicherheitsabstände eingehalten und Klassen geteilt werden, so ergibt sich zwangsläufig ein entsprechend vergrößerter Aufwand für den Lehrer: Stunden müssen doppelt gehalten werden.

Eine erprobte und bewährte Alternative sieht so aus: Ich mache den Unterricht lediglich mit einer Gruppe von Schülern, filme das Geschehen und stelle es den anderen Schülern zur Verfügung (Film plus Tafelbilder). Das bietet neben dem Vorteil der Zeit- und Ortsunabhängigkeit die Möglichkeit, dass Schüler sich Passagen mehrfach anschauen und so besser verstehen können.

Zum Autor: Franz Glaw ist Lehrer für Deutsch und Mathematik an der Rudolf Steiner Schule Mönchengladbach und wissenschaftlicher Mitarbeiter am von-Tessin Lehrstuhl für Medienpädagogik (Freie Hochschule Stuttgart)