Waldorfschüler schulen den neuen Landtag ein

Pünktlich zur heutigen konstituierenden Sitzung des neuen niedersächsischen Landtags überraschten Waldorfschülerinnen und -schüler aus Niedersachsen die neu gewählten Abgeordneten in Hannover mit einer Einschulung der besonderen Art: 20 Waldorfschülerinnen und -schüler versammelten sich gemeinsam mit Vertretern der niedersächsischen Waldorfschulen vor dem Landtag, um Schultüten an die neuen Landtagsabgeordneten zu verteilen. Für die neue Legislaturperiode gibt es dann auch gleich Hausaufgaben: Die Waldorfschulen treten mit dieser Aktion für eine gerechtere Finanzierung ein. Etwa 50 Waldorfschülerinnen und -schüler aus Hannover und Sorsum bastelten im Vorfeld 140 Schultüten für die Aktion. Mit den Schultüten übergaben die Schüler eine Online-Petition, in der sich in den vergangenen Monaten über 9.000 Menschen in Niedersachsen für eine Aufstockung der Landeszuschüsse für Waldorfschulen aussprachen. Deutschlandweit waren es kurz vor Fristende der Petition knapp 11.500 Unterstützer.

Niedersächsische Waldorfschulen sind unterfinanziert

»Im Bundesdurchschnitt erhalten Waldorfschulen 4.800 Euro pro Schüler im Jahr. In Niedersachsen sind es über 500 Euro weniger«, erklärt Michael Kropp, Vorstandsmitglied der Landesarbeitsgemeinschaft der niedersächsischen Waldorfschulen. Damit decken die öffentlichen Zuschüsse nur etwa 63 Prozent der Betriebskosten der niedersächsischen Waldorfschulen. Den Rest müssen die Eltern als Schulgeld aufbringen. Das fällt bei der Unterfinanzierung durch das Land umso höher aus. Ob ein Kind eine Waldorfschule besuchen kann, hängt damit zunehmend vom Einkommen der Eltern ab – eine Sonderung nach Besitzverhältnissen, die durch das Grundgesetz untersagt ist.

Schüler, Eltern und Lehrer der Waldorfschulen engagieren sich deshalb rund um die Landtagswahl für eine Anpassung des niedersächsischen Finanzhilfesystems für freie Schulen. Neben der Überreichung der Schultüten haben rund 2.400 Eltern bereits vor der Wahl Postkarten an ihre lokalen Landtagskandidaten verschickt, in denen sie auf die weitreichenden Konsequenzen der Unterfinanzierung hinweisen: Überhöhte Schulgelder und niedrigere Lehrergehälter. In Lüneburg demonstrierten Ende September rund 750 Schüler, Eltern und Lehrer gegen die unfaire Finanzierung der Waldorfschulen.

Politik will das Finanzhilfesystem nicht reformieren

Die Aktivitäten rund um die Landtagswahl sind Teil der Kampagne »Beweg Dich! Für eine faire Schulfinanzierung« der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Waldorfschulen in Niedersachsen. Die Arbeitsgemeinschaft hat nach der Landtagswahl auch die schulpolitischen Sprecher Stefan Politze (SPD), Kai Seefried (CDU) und Björn Försterling (FDP) sowie Anja Piel, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, auf abgeordnetenwatch.de zur Finanzierung freier Schulen befragt. Die Politiker versprachen eine Anhebung der Finanzhilfen – eine grundlegende Reform des Finanzhilfesystems stellten sie jedoch nicht in Aussicht. Diese ist jedoch notwendig, um die finanzielle Situation der Waldorfschulen nachhaltig zu verbessern.