Waldorfschulen betreiben aktive Gesundheitsförderung

Laut einer aktuellen repräsentativen Lehrerbefragung des Forsa-Instituts im Auftrag der DAK haben die Gesundheitsprobleme bei Kindern im Grundschulalter in den letzten zehn Jahren stark zugenommen und verstärken sich während der ersten vier Schuljahre sogar noch. Waldorfschulen bemühen sich deshalb von Anfang an um die Stärkung der Gesundheits-Ressourcen ihrer Schüler im Sinne der Salutogenese, insbesondere in den Bereichen Bewegung, Ernährung und Konzentration.   

Die DAK-Studie zeigt, dass Kinder im Grundschulalter vorwiegend an Konzentrationsschwäche leiden, sowie Verhaltensauffälligkeiten und Bewegungsdefizite aufweisen, während ihre Stressbelastung in den letzten Jahren enorm zugenommen hat. 91 Prozent der befragten Lehrer und Lehrerinnen bezeichneten neben zu hohem Erwartungsdruck der Eltern die mediale Reizüberflutung durch Fernsehen, Computer und Co. als wichtigsten Stressfaktor. Nicht zuletzt deshalb orientiert sich die Waldorfpädagogik an dem Leitsatz, dass eine frühe Medienabstinenz die Grundlage für spätere Medienmündigkeit darstellt (siehe »Struwwelpeter 2.0 – Medienmündigkeit und Waldorfpädagogik«).

Noch immer viel zu selten finden in den Unterricht integrierte Bewegungsphasen statt (nur bei 29 Prozent der Befragten laut DAK-Studie). Um Bewegungsdefizite von Beginn an auszugleichen, setzen inzwischen zahlreiche Waldorfschulen in den ersten Schuljahren das erprobte Konzept des »Bewegten Klassenzimmers« um. Dabei dienen kleine Bänke den Kindern wahlweise als Tisch oder Sitzmöglichkeit und werden mehrmals täglich zu wechselnden Parcours umgebaut, in denen die Kinder Geschicklichkeit, Gleichgewicht, Beweglichkeit und Selbstsicherheit trainieren können. Doch auch der wöchentlich stattfindende Eurythmieunterricht trägt in erheblichem Maße zur motorischen Förderung der Kinder bei. Er lehrt sie wie nebenbei, in der Gruppe aufeinander zu achten und schult über Gedichte und Klavierstücke ihr Sprach- und Musikverständnis. Freiwillige sportliche Zusatzangebote wie die Teilnahme am Schulzirkus vervollständigen das Angebot und die Heranwachsenden können neben einer Resilienz stärkenden Selbstwirksamkeit vor allem eines erfahren: Freude an der Bewegung als eine wichtige Ressource für ihr zukünftiges Leben (Videobeispiel).

Der früh beginnende Gartenbauunterricht und besondere Unterrichtsprojekte, wie z.B. die Ackerbauepoche in der 3. Klasse, legen die ersten Grundlagen für gesunde Ernährung und die Achtung natürlicher Lebensmittel. Wer vom Pflügen, Säen des Korns, Unkrautjäten über Ernten, Spreu vom Korn trennen, Dreschen und Malen bis hin zum Teig Verarbeiten und Backen einmal selbst erfahren hat, welche Arbeit es kostet, ein eigenes Brot herzustellen, der geht auch anders damit um. In der schuleigenen Mensa können die Schüler oft frisch Geerntetes aus dem Schulgarten verarbeiten und erhalten eine vollwertige, biologische Verpflegung.

Auch den eigenen Gesundheitszustand empfanden die befragten Lehrer als besorgniserregend und nur neun Prozent gaben an, dass an ihrer Schule Maßnahmen zur Gesundheitsförderung wie Rückzugs- und Entspannungsmöglichkeiten umgesetzt würden. Deshalb bieten immer mehr Waldorfschulen ihren Lehrern neben Bibliothek und Lehrerzimmer weitere Ruheräume. Da künstlerische Aktivitäten an Waldorfschulen eine große Rolle spielen, bieten auch sie den Schülern und Lehrern immer wieder Gelegenheiten im Tageslauf, ihre Kräfte zu regenerieren und damit auch Stresssituationen besser zu meistern. Als Ansprechpartner in Gesundheitsfragen dienen außerdem die Schulärzte, die üblicherweise an Waldorfschulen vor Ort sind und auch Eltern bei Bedarf beraten.