Forschungsfragen an die Waldorfpädagogik

Silke Pier

Wie verlaufen Eingewöhnungsprozesse von Kleinkindern in Waldorfkindergärten? Kann man pädagogische Intuition schulen oder erwerben? Wie sehen die literaturdidaktischen Grundlagen des Deutschunterrichtes an Waldorfschulen aus? Schreiben als Biografiearbeit und identitätsstiftender Prozess! Vier Forschungsthemen, denen derzeit Stipendiaten des Graduiertenkollegs in Promotionsarbeiten nachgehen.

Es gibt noch viele weitere Forschungsfragen in diesem Bereich, die bisher nicht wissenschaftlich bearbeitet wurden. In den letzten zwanzig Jahren ist die Waldorfpädagogik zwar zunehmend in den Fokus der (erziehungs-)wissenschaftlichen Forschung getreten. Zahlreiche, vor allem empirisch ausgerichtete Forschungsprojekte, bescheinigen dieser Pädagogik eine innovative und erfolgreiche Praxis. Allerdings wird die der Waldorfpädagogik zu Grunde liegende Theorie, die anthroposophische Lehre Rudolf Steiners, durchgehend skeptisch und kritisch betrachtet. Hier ist weiterhin ein deutliches Forschungsdefizit zu verzeichnen. Und auch viele spezifische waldorfpädagogische Praxiselemente (wie z.B. Epochenunterricht, Zeugnisform, Klassengemeinschaft von der ersten bis zur zwölften Klasse) sind bisher kaum zum Gegenstand der Forschung geworden.

Das »Graduiertenkolleg Waldorfpädagogik«, das 2015 begründet wurde und an der Alanus Hochschule in Alfter angesiedelt ist, dient der Forschung und der akademischen Wissenschafts- und Nachwuchsförderung im Bereich der Waldorfpädagogik. Es hat sich zum Ziel gesetzt, Forschungsfragen in diesem Gebiet systematisch aufzugreifen, zu verfolgen und die Pädagogik dadurch wissenschaftsbasiert in den akademischen Diskurs zu integrieren.

Das Graduiertenkolleg kooperiert dabei mit anderen nationalen und internationalen Universitäten und wird unterstützt von der Software AG – Stiftung, der Pädagogischen Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen und der Firma Stockmar. Das Graduiertenkolleg Waldorfpädagogik vergibt Doktorandenstipendien nebst Sachmitteln für einen Zeitraum von 3 Jahren.

Den Doktoranden wird ein strukturiertes Qualifizierungsprogramm in Form von Forschungskolloquien und Studienveranstaltungen sowie ein damit eng vernetztes kohärentes Forschungsprogramm geboten. Dr. Julia Schilter ist eine von bisher vier Stipendiaten, deren Forschungsarbeit durch das Graduiertenkolleg nicht nur finanziell, sondern auch inhaltlich begleitet und gefördert wird. Die bereits in Medizin promovierte Stipendiatin aus Berlin widmet sich in ihrer Forschungsarbeit den professionell gestalteten Eingewöhnungen in Kleinkindgruppen in Berliner Waldorfkindergärten vor dem Hintergrund gegenwärtiger Erkenntnisse aus der Kindheitsforschung und Erziehungswissenschaft. Sie promoviert bei Prof. Dr. Stefanie Greubel an der Alanus Hochschule.

Shozan Shimoda aus Japan forscht zu dem Thema »Theorie und Bildung der pädagogischen Intuition«. Für seine Promotion bei Prof. Dr. Wolfgang Nieke an der Universität Rostock erhielt er 2016 ein Stipendium des Graduiertenkollegs Waldorfpädagogik. Über das Graduiertenkolleg sagt der Stipendiat: »Es ist sehr hilfreich für mich, dass ich die Studientage des Graduiertenkollegs besuchen darf. Ich hatte Gelegenheit, ein Referat über mein eigenes Forschungsthema zu halten und darüber zu diskutieren. Ich bin sehr dankbar für diesen lebendigen Austausch, durch den meine Arbeit vorangetrieben werden kann.«

Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeiten sind nicht nur für die Waldorfpädagogik von hohem Wert, sondern liefern auch neue Aspekte und Erkenntnisse für den Dialog mit der Erziehungswissenschaft. Ein Anliegen, das auch die Alanus Hochschule seit Jahren sehr intensiv verfolgt.

Es gibt noch offene Stipendien, für die sich Interessenten bewerben können. Weitere Informationen und Bewerbungsrichtlinien zum Graduiertenkolleg Waldorfpädagogik und der Stipendienvergabe finden Sie unter:

http://www.graduiertenkolleg-waldorfpaedagogik.de