Geschichtsunterricht in der Einwanderungsgesellschaft
Globale Vernetzung verstehen, kosmopolitisch denken, Veränderung konstruktiv begegnen und Diversität schätzen – wir Menschen sind aktuell nicht nur in der Bewältigung der ökologischen und geopolitischen Krise gefordert. – Waldorfschulen aktualisieren ihren Lehrplan
Wir müssen noch dazu unsere Beziehungen untereinander täglich auf den Prüfstand stellen und um den Fortbestand unserer Demokratie ringen. Waldorfschulen sind sich sicher, dass insbesondere ein radikal moderner Geschichtsunterricht die dafür notwendigen Voraussetzungen schafft. Der Rahmenlehrplan der Waldorfschulen wird kontinuierlich aktualisiert, neue Perspektiven werden aufgegriffen und eingearbeitet. Die Fachgruppe Geschichtsunterricht der Lehrplankommission fordert in diesem Zusammenhang aktuell außerdem eine grundsätzliche Überarbeitung: „Geschichte darf nicht verwechselt werden mit Informationen über Vergangenes. Sowohl in der Mittel- als auch in der Oberstufe muss der Geschichtsunterricht Antworten auf die Frage geben: ‚Was hat das mit mir zu tun, was hat das mit heute zu tun?‘“, führt Prof. Dr. Michael Zech, Historiker und Kulturwissenschaftler an der Alanus Hochschule, aus. Die tradierten Narrative der Europäer hätten ausgedient. „Das Unterrichtsfach Geschichte muss potenziell alle Perspektiven in den Blick nehmen, ‚Geschichte‘ muss enthierarchisiert und dekolonisiert werden, und die Schüler:innen sollen befähigt werden, sich reflektierend und erzählend in ‚den Geschichten‘ zu orientieren“, so Zech weiter. Ein gut gemachter Geschichtsunterricht bereite demzufolge auf ein Leben unter globalen und interkulturellen Bedingungen vor und bilde eine entscheidende Grundlage für die heute unabdingbare Demokratiefähigkeit.
Die Fachgruppe, gebildet aus Lehrer:innen und Dozent:innen für die Fächer Geschichte und Politik, wird zunächst alle bisherigen Hinweise des Rahmenlehrplans auf den Prüfstand stellen und modernisieren. Die überarbeiteten Inhalte sollen Waldorf-Lehrkräften und -Studierenden online zur Verfügung gestellt werden, es wird Recherche-Tools geben und Praxisbeispiele sowie Tutorials. Dabei kann auf bereits existierende Lehr-Plattformen aufgesetzt werden, die im Zusammenhang mit den hybriden Unterrichtsformen der Pandemiejahre bereits vom Bund der Freien Waldorfschulen (BdFWS) und der Pädagogischen Forschungsstelle im BdFWS erarbeitet wurden. Das Projekt soll 2025 abgeschlossen sein, erste Veröffentlichungen sind für Frühjahr 2023 geplant.
Weitere Informationen unter forschung-waldorf.de/lehrplan.
Nele Auschra, * 1969, Mitglied im Vorstand des Bund der Freien Waldorfschulen und dort verantwortlich für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, bis 2020 Geschäftsführerin der Michaeli Schule Köln. Sie hat einen Sohn und lebt mit ihrem Mann in Köln.
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