Stillen schützt bis zu 15 Jahre vor Diabetes

Juli 2016

Ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am Helmholtz Zentrum München hat den Stoffwechsel von Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes nach der Entbindung untersucht. Zusammen mit Partnern der Technischen Universität München und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) konnten sie zeigen, dass eine Stilldauer von mehr als drei Monaten zu langfristigen Veränderungen des Stoffwechsels führt. Die Ergebnisse sind im Fachmagazin »Diabetologia« nachzulesen.

Vier Prozent aller schwangeren Frauen in Deutschland entwickeln vor der Geburt einen Schwangerschaftsdiabetes. Obwohl sich ihr Blutzuckerspiegel nach der Entbindung zunächst wieder normalisiert, erkrankt jede zweite Betroffene innerhalb der nächsten zehn Jahre an einem Typ-2-Diabetes. Mittlerweile ist zwar bekannt, dass Stillen dieses Risiko um 40 Prozent senken kann, warum das so ist, ist aber noch unverstanden.

In einer früheren Untersuchung hatten Forscherinnen und Forscher um Prof. Dr. Anette-G. Ziegler, Direktorin des Instituts für Diabetesforschung (IDF) am Helmholtz Zentrum München, bereits gezeigt, dass sich ab einer Stilldauer von drei Monaten ein Schutzeffekt einstellt, der bis zu 15 Jahre nach einem Schwangerschaftsdiabetes anhalten kann. In einer aktuellen Studie untersuchten sie nun, ob der Stoffwechsel dafür verantwortlich sein könnte.

Bei seinen Analysen untersuchte das Wissenschaftlerteam knapp zweihundert Patientinnen, die einen Schwangerschaftsdiabetes entwickelt hatten. Die Studienteilnehmerinnen nahmen eine standardisierte Zuckerlösung zu sich und gaben zuvor nüchtern und im Testverlauf eine Blutprobe ab. Diese verglichen die Wissenschaftler hinsichtlich 156 verschiedener, bekannter Stoffwechselprodukte. Die Entbindung lag zu diesem Zeitpunkt im Schnitt dreieinhalb Jahre zurück.

»Die Ergebnisse unserer Studie liefern Hinweise auf krankheitsrelevante Stoffwechselpfade, die durch den Stillvorgang beeinflusst werden und somit dem Schutzeffekt zu Grunde liegen könnten«, fasst Sandra Hummel zusammen. Sie führt die Arbeitsgruppe Gestationsdiabetes am IDF und leitete die Studie. Somit stelle Stillen eine kostengünstige Interventionsmaßnahme dar, langfristig das Risiko für Typ-2-Diabetes bei Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes zu senken.

Künftig wollen die Wissenschaftler überlegen, wie man die Erkenntnisse in konkrete Handlungsempfehlungen umsetzen kann. »Frauen mit Gestationsdiabetes stillen durchschnittlich seltener und kürzer im Vergleich zu nicht-diabetischen Müttern«, so Hummel. »Das Ziel ist nun, Strategien zu entwickeln, die langfristig das Stillverhalten insbesondere von Müttern mit Schwangerschaftsdiabetes verbessern«.


Original-Publikation:

Much, D. et al. (2016). Lactation is Associated with Altered Metabolomic Signatures in Women with Gestational Diabetes, Diabetologia, DOI: 10.1007/s00125-016-4055-8
http://link.springer.com/article/10.1007/s00125-016-4055-8/fulltext.html

Alle Nachrichten in dieser Kategorie

Lesenlernen formt das Gehirn selbst bei Erwachsenen

Lesen ist eine derart junge kulturelle Errungenschaft, dass im Gehirn noch kein eigener Platz für sie vorgesehen ist. Während wir lesen lernen,... [mehr]

Digitale Medien: die große Gefahr für unser Gehirn

»Digitale Medien erfüllen inzwischen einen fundamentalen Traum der Menschheit: Die Beherrschung von Zeit und Raum. Doch das birgt gleichzeitig ein... [mehr]

Globuli-Gegner

Homöopathie zu Unrecht für unwirksam erklärt? [mehr]

Freie Hochschule Stuttgart: Eurythmie-Studiengänge reakkreditiert

Die Agentur für Qualitätssicherung durch Akkreditierung von Studiengängen (AQAS e. V.) hat die beiden Studiengänge »Eurythmie mit pädagogischer... [mehr]

Neue Angriffe gegen Homöopathie

Ende Februar wurde die Homöopathie erneut in den Medien scharf angegriffen. Es wurde gemeldet, dass in den USA geprüft werde, ob mehrere Kinder nach... [mehr]

Marcelo da Veiga gibt Amt des Rektors an der Alanus Hochschule ab

Marcelo da Veiga, Gründungsrektor der Alanus Hochschule, wird – wie es in einer Pressemitteilung der Hochschule heißt – nach 15jähriger Amtszeit... [mehr]

Neue Forschung zur Komplementärmedizin

Worauf beruht die Wirkung pflanzlicher Präparate, die z.B. unterstützend bei der Krebs-Therapie eingesetzt werden? Wie kann die Ernährung... [mehr]

Was die Regelschule lehrt, ist ein Abbild der Gesellschaft

In Pionierarbeit wurde die inhaltliche Entwicklung der Schweizer Volksschule in den drei großen Sprachregionen untersucht. Das SNF-finanzierte... [mehr]

Krebs-Studie abgebrochen

Die groß angelegte PREFERE-Studie zur Bewertung der gängigen Behandlungsoptionen bei Frühformen von Prostatakrebs wurde Ende letzten Jahres vorzeitig... [mehr]

Kunsttherapie und Stress

Eine kürzlich veröffentlichte Studie konnte zeigen, dass die kreative Auseinandersetzung mit Kunst (»Art Making«) dazu beiträgt, den Cortisol-Spiegel... [mehr]

Treffer 31 bis 40 von 249

< Vorherige

1

2

3

4

5

6

7

Nächste >

Folgen