Studie: Waldorflehrer zufriedener als Staatsschullehrer

Rund 90 Prozent der Lehrer an Waldorfschulen geben an, sich in ihrem Beruf verwirklichen zu können, sie schätzen darüber hinaus ihren großen pädagogischen Gestaltungsspielraum und jeder Siebte möchte seinen Beruf auch nach dem Eintritt ins Rentenalter ausüben – das sind vier Mal so viele wie an staatlichen Schulen. Während nur rund 70 Prozent der Staatsschullehrer angeben, zufrieden mit ihrer beruflichen Situation zu sein, sind dies an Waldorfschulen über 90 Prozent. Zu diesen und weiteren Ergebnissen kommt eine Studie, die Dirk Randoll, Professor an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter bei Bonn, in dem soeben erschienenen Band »Ich bin Waldorflehrer« im Springer VS Verlag vorgelegt hat. An der repräsentativ angelegten Untersuchung, die in Kooperation mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf durchgeführt wurde, nahm ein Drittel aller deutschen Waldorflehrer teil. Ausgewählte Ergebnisse vergleichen Randoll und sein Team mit Aussagen von Lehrern an staatlichen Schulen aus einer Befragung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF). Die Studie ist weltweit die erste, die das Arbeitsfeld des Waldorflehrers repräsentativ und umfassend untersucht.

Hohe Zufriedenheit durch Mitgestaltung

»Auffallend ist die hohe Berufszufriedenheit vor allem vor dem Hintergrund zusätzlicher Arbeitsbelastung durch die an Waldorfschulen praktizierte Selbstverwaltung sowie der verhältnismäßig geringen Besoldung«, sagt Randoll. »Wir konnten zeigen, dass die aktive Mitgestaltung der Schule und das dadurch ausgeprägte Gefühl der Selbstwirksamkeit verantwortlich für die Zufriedenheit sind«, so der Professor für empirische Sozialforschung weiter.

Motivation durch Orientierung an Ideen Rudolf Steiners

Auch die Beschäftigung mit Anthroposophie, der Lehre Rudolf Steiners, trägt laut Studie zur Berufszufriedenheit an Waldorfschulen bei: Für mehr als 80 Prozent der Lehrer sind die Ideen Rudolf Steiners wichtige Unterstützung und Motivation bei der Bewältigung des anspruchsvollen Berufsalltags. Darüber hinaus zeigt Randoll auch Herausforderungen und kritische Aspekte auf. Beispielsweise bringt die Selbstverwaltung neben großen Gestaltungsmöglichkeiten auch Unzufriedenheit über ineffiziente Entscheidungsprozesse und unklare Informationswege sowie ein erhöhtes Belastungserleben mit sich. Des Weiteren konstatiert Randoll eine Überalterung der Kollegien an Waldorfschulen, stellt aber einen anstehenden Generationswechsel hin zu jüngeren Lehrern mit einer »kritisch-sympathisierenden« Einstellung zur Anthroposophie fest, die offener für Neuerungen sind.

Lehrer gesucht

Dieser Generationswechsel wird durch steigende Schülerzahlen und den dadurch wachsenden Lehrerbedarf beschleunigt. Um dem zu begegnen, suchen viele Waldorfschulen Lehrer. Der Beruf des Waldorflehrers bietet für Lehrer an staatlichen Schulen, aber auch für Quereinsteiger, eine Berufsalternative. Interessenten mit den unterschiedlichsten beruflichen Qualifikationen finden ein Aufgabenfeld an der Waldorfschule: von Fremdsprachen und Naturwissenschaften über Bildende Kunst und Musik bis hin zu Sport, Eurythmie, Gartenbau, Handarbeit und Werken. Die Alanus Hochschule bietet in ihrem Masterstudiengang Pädagogik die Möglichkeiten zur berufsbegleitenden Qualifikation zum Klassen- oder Fachlehrer an Waldorfschulen an. Im Bachelorstudiengang Kunst-Pädagogik-Therapie und dem darauf aufbauenden Masterstudiengang werden zukünftige Kunstlehrer ausgebildet.

Die Studie »Ich bin Waldorflehrer« wurde gefördert von der Software AG -Stiftung, den Hannoverschen Kassen sowie der Pädagogischen Forschungsstelle des Bundes der Freien Waldorfschulen.

Dirk Randoll (Hrsg.): »Ich bin Waldorflehrer« – Einstellungen, Erfahrungen, Diskussionspunkte – Eine Befragungsstudie. Springer-VS Wiesbaden, 2013, 303 Seiten. ISBN: 978-3-531-19810-1

Die Zeitschrift Erziehungskunst wird 2013 ausfühlicher über die Studie berichten.

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