Voneinander lernen: Vertreter der Waldorfpädagogik und Erziehungswissenschaftler diskutieren miteinander

Das erstmalige, gemeinsame Gespräch über Lehrerbildung fand auf dem Campus der Freien Hochschule Stuttgart und dem Gelände der Waldorfschule Uhlandshöhe statt. Im Rahmen des Symposiums gab es Darbietungen von Studierenden und zwei Aufführungen durch Schülerinnen und Schüler, so dass ein kleiner Einblick in das Leben einer Waldorfschule entstand.

Prof. Dr. Peter Loebell und Prof. Dr. Peter Lutzker von der Freien Hochschule Stuttgart konzentrierten sich in ihren Vorträgen auf Grundbedingungen der Lehrerbildung für Waldorfschulen und die Notwendigkeit der individuellen Wahrnehmung der Schwierigkeiten von Schülern. Die anderen Vorträge wurden von Erziehungswissenschaftlern der Universitäten Göttingen, Regensburg und Rostock gehalten. Insgesamt acht Foren zu verschiedenen Themen wurden jeweils von Vertretern der Waldorfpädagogik und Vertretern des staatlichen Schulsystems eingeführt und moderiert. Das bunt gemischte Publikum bestand aus Wissenschaftlern, Lehrern, Studierenden und Eltern.

Von besonderem Interesse waren dabei Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen Schulsysteme wie beispielsweise die Heterogenität der Klassen, die Notwendigkeit der Kooperation mit anderen Betreuern der Schüler, z.B. Hort, die Zusammenarbeit von Lehrern und Eltern, die Tatsache, dass alle Schulen auch Orte der Politik sind und die Notwendigkeit der Praxisnähe in Forschung und Lehrerbildung.

Prof. Dr. Pollak von der Universität Passau betonte: »Pädagogisches Handeln birgt einen hohen Grad an Unsicherheit und Kontingenz. Lehrer müssen lernen, mit der Unvorhersehbarkeit pädagogisch anspruchsvoller Situationen angstfrei umzugehen, was unter anderem ein großes Vertrauen voraussetzt – Vertrauen der Lehrer in die Schüler und deren Eltern, und andererseits aber auch der Schüler und Eltern in die Lehrer. Ein Patent-Rezept für den richtigen Unterricht und das richtige Handeln gibt es nicht. Lehrer brauchen Routine für ihren Unterricht und eine gute Portion Intuition; reine Reflektion und berechenbares Faktenwissen reichen häufig nicht aus.« Er meinte, das staatliche Schulsystem könne von den Waldorfschulen im Bereich der musischen und künstlerischen Bildung lernen. Auch im Bereich der interkulturellen Pädagogik scheine die Waldorfschule durch ihr besonderes Konzept eine Vorreiterrolle einzunehmen.

Forscher und Praktiker kommen zunehmend zu der Erkenntnis, dass guter Unterricht nicht das Resultat fachwissenschaftlicher Expertise ist. Vielmehr ist die Persönlichkeit des Lehrers für den Lernerfolg der Schüler ausschlaggebend. Persönlichkeits- und Kompetenzbildung müssen Hand in Hand gehen, was eine Perspektivenerweiterung der Lehrerbildung erfordert.

Eine vergleichende Erforschung der verschiedenen Lehrerbildungskonzepte wird von Mitarbeitern der Freien Hochschule Stuttgart unter Mitwirkung von Gastprofessoren aus staatlichen Universitäten durchgeführt.

Die Idee für dieses Symposium geht auf die Professoren Peter Loebell von der Freien Hochschule Stuttgart und Guido Pollak von der Universität Passau zurück. Prof. Dr. Wolfgang Nieke von der Universität Rostock hat die Tagung tat- und redekräftig unterstützt.

Möglich wurde die Durchführung des Symposiums durch die finanzielle Unterstützung der Mahle- Stiftung, des Bundes der Freien Waldorfschulen, der Heidehof Stiftung und der GLS Bank. Außerdem stellte die Waldorfschule Uhlandshöhe ihren Saal zur Verfügung und die Mitwirkenden verzichteten auf ein Honorar.

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