Sie sind mit dem Deutschen bestens vertraut, verstehen im Waldorfkosmos trotzdem nur die Hälfte? Das Waldorfwörterbuch schafft hier endlich Abhilfe!

An unseren Schulen gibt es viele Ausdrücke, die im normalen Sprachgebrauch nicht vorkommen oder eine andere Bedeutung haben. Das stellt Eltern in der Schulgemeinschaft häufig vor Verständnisprobleme. Die sehr verkürzten Definitionen dieses Wörterbuchs können etliche komplexe Gedanken und Theorien, die in der Menschenkunde Rudolf Steiners eine differenzierte Betrachtung benötigen, nur anreißen. Eine vertiefende weitere Lektüre lohnt sich!

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Adventsgärtlein

Dieses Ritual stammt aus dem Waldorfkindergarten, wird aber auch teilweise in den unteren Klassenstufen während der Adventszeit durchgeführt. In einem ziemlich dunklen Raum ist eine Spirale aus Tannengrün am Boden gelegt, in der Mitte steht eine höher gestellte Kerze. Einzeln bekommt jedes Kind einen Apfel, in dem eine kleine Kerze steckt. Das Kind geht der Spirale entlang bis zum Kerzenlicht im Zentrum. Es entzündet dort vorsichtig seine Kerze, welche es dann, auf dem Rückweg aus der Spirale heraus, auf den nächsten freien Platz stellt. Symbolisiert wird mit diesem Ritual der adventliche Weg durch die Dunkelheit zum Licht. Für die Kinder stellt es teilweise eine große Herausforderung dar, sich in der Spirale zu orientieren. Während des Rituals sind alle Teilnehmenden ganz still. Häufig spielt eine Person ein ruhiges Instrument, wie etwa die Leier.

Anthropoi

In dem Bundesverband anthroposophisches Sozialwesen e. V. sind Einrichtungen zusammengeschlossen, in denen Menschen mit geistiger, seelischer oder mehrfacher Behinderung leben, lernen und arbeiten. Dazu gehören auch rund 50 Schulen, die Mitglied im Bund der Freien Waldorfschulen sind und entsprechend heilpädagogisch, das heißt für Menschen mit körperlichen bzw. seelischen Beeinträchtigungen tätig sind.

Anthroposophie

(wörtlich aus dem Griechischen: »Weisheit vom Menschen«) ist in den Worten ihres Begründers Rudolf Steiner »…eine wissenschaftliche Erforschung der geistigen Welt, welche die Einseitigkeiten einer bloßen Natur-Erkenntnis ebenso wie diejenigen der gewöhnlichen Mystik durchschaut, und die, bevor sie den Versuch macht, in die übersinnliche Welt einzudringen, in der erkennenden Seele erst die im gewöhnlichen Bewusstsein und in der gewöhnlichen Wissenschaft noch nicht tätigen Kräfte entwickelt, welche ein solches Eindringen ermöglichen.« An den Waldorfschulen wird Anthroposophie nicht gelehrt, es wird jedoch gewünscht, dass die Lehrkräfte ein Interesse an der Anthroposophie mitbringen, wenn sie an Waldorfschulen kommen.

Aquarellieren

Regelmäßig malen die Kinder der Unter- und Mittelstufe an Waldorfschulen mit Aquarellfarben. Meistens in der Nass-in-Nass-Technik, wobei das Aquarellpapier mit einem nassen Schwamm auf ein Malbrett gezogen wird. Auf das feuchte Papier werden die flüssigen Farben mit einem Pinsel aufgetragen. Das getrocknete Bild lässt sich einfach vom Malbrett abziehen. Durch das Aquarellmalen und die Mischtechnik lernen die Schüler:innen die Primär- und Sekundärfarben kennen. Um sich auf die Qualitäten der Farben konzentrieren zu können, und um die Fantasie der Kinder anzuregen, kann die Lehrkraft auch Farbgeschichten als Thema für nicht-gegenständliche Kunstwerke erzählen.

Astralleib

Der Astralleib (aus dem Griechischen, wörtlich Sternenleib), ist der Träger von allen Empfindungen wie Schmerz, von Leidenschaft und Begierde. Rudolf Steiner nennt ihn auch den Seelenleib. Auch Tiere haben einen Astralleib.

Ätherleib

Der Äther- oder Lebensleib bezeichnet in der Menschenkunde Rudolf Steiners, das Lebendige des Menschen. Alle Lebewesen, auch Tiere und Pflanzen, haben einen Ätherleib. Er belebt den physischen Leib und hält alle Lebensfunktionen aufrecht.

B
Basar

An vielen Waldorfschulen findet regelmäßig ein großer Markt statt, an dem häufig die gesamte Schulgemeinschaft beteiligt ist. Es gibt Frühling-, Herbst-, Advent- oder Winterbasare. Selbstgemachte Waren werden zum Verkauf angeboten, es gibt Essen und Trinken, Spiele für die Kinder, Musikvorführungen, Puppentheater und vieles mehr. Oft stellen ganze Klassen ein eigenes Sortiment her, das sie dann zum Verkauf anbieten. Der Jahreszeit entsprechend sind das Programm und die Waren gestaltet.

Foto: Angelika Lonnemann
Bewegtes Klassenzimmer

Das Konzept des Bewegten Klassenzimmers findet sich in den unteren Klassenstufen an vielen Waldorfschulen. Es soll dem Bewegungsdrang der Kinder entsprechen und so für die kindliche Gesundheit sorgen. Anstatt mit Tischen und Stühlen ist das Klassenzimmer mit beweglichem Mobiliar, Kissen und Teppichen ausgestattet. In dieser Umgebung soll sich die Eigenaktivität, Lernmotivation, die emotionale und kognitive Intelligenz sowie Sozialkompetenzen besser entfalten als mit klassischen Schulmöbeln.

Bewegungskunst

Bothmergymnastik und Eurythmie werden an Waldorfschulen als die Fächer der Bewegungskunst bezeichnet, die Koordination, Konzentration und Kreativität fördern.

Bienenwachs

Die zunächst feste Beschaffenheit des Bienenwachses verändert sich durch die Wärme der Hände. In seiner geschmeidigen Konsistenz lässt es sich sehr gut formen. Das Knetbienenwachs ist aufgrund des hohen Bienenwachsanteils durchscheinend und leuchtend. Bienenwachs wird insbesondere in der Unterstufe zum Plastizieren eingesetzt.

Biologisch-Dynamisch

Der biologisch-dynamische Landbau (Demeter) geht auf Rudolf Steiner zurück. Aufgrund des lebendigen Kreislaufs gilt die Demeterlandwirtschaft als nachhaltigste Form der Landbewirtschaftung. Demeter ist inzwischen auch eine internationale Bio-Marke. In 38 Ländern der Erde wird nach den Demeterrichtlinien gewirtschaftet. Auch die Gärten der Waldorfschulen, in denen der Gartenbauunterricht stattfindet, werden nach den Grundsätzen der biologisch-dynamischen Landwirtschaft betrieben.

Blumenbogen

Bei der Einschulungsfeier durchschreiten die Kinder in vielen Waldorfschulen einen geschmückten Bogen, symbolisch von den Eltern weg, auf die Klassenlehrer:in zu. Ein großer Schritt in das Schulleben hinein.

Bothmergymnastik

Diese Bewegungskunst wurde von Fritz Graf von Bothmer an der ersten Freien Waldorfschule (heute Freie Waldorfschule Uhlandshöhe) in Stuttgart, in Zusammenarbeit mit Rudolf Steiner entwickelt. Die nach ihm benannte Gymnastik besteht aus einer Reihe von Bewegungsabfolgen, die auf die verschiedenen Entwicklungsstufen des Kindes abgestimmt sind. Die Bothmer-Gymnastik geht mit den Kräften des Raumes um: Die Übenden lernen – von der Architektur der menschlichen Gestalt ausgehend – die Entfaltung ihrer Bewegung im Raum zu beobachten, zu führen und weiterzuentwickeln.

Brückenklasse

Lehrkräfte oder Erzieher:innen begleiten die Kinder, die schulpflichtig, aber noch nicht schulreif sind, in einer separaten Gruppe, um ihnen so die Zeit zu geben, die sie brauchen, um die notwendige Schulreife zu entwickeln. Andere Bezeichnungen lauten Schulkindergarten oder Vorbereitungsklasse.

Bund der Freien Waldorfschulen

Die deutschen Waldorfschulen haben sich während der Bedrohung durch den Nationalsozialismus 1933 und dann erneut 1949 zum Bund der Freien Waldorfschulen e. V. (BdFWS) mit Sitz in Stuttgart zusammengeschlossen. Heute gehören ihm rund 250 Waldorfschulen sowie sämtliche Ausbildungsstätten für Waldorfpädagogik in Deutschland an. Oberstes Ziel ist es, die «Erziehung zur Freiheit» in der Welt aktiv zu repräsentieren, zu verteidigen und die freien Partnereinrichtungen, die sich ihm anschließen, zu befähigen, dieses Ziel praktisch zu verwirklichen. Es handelt sich um eine föderative Vereinigung, die die Autonomie der einzelnen Waldorfschule nicht antastet, wohl aber gemeinsame Aufgaben und Interessen (unter anderem Lehrer:innen-Gewinnung, Öffentlichkeitsarbeit, Forschung) wahrnimmt.

Bundeselternkonferenz (BuElKo)

Die BuElKo repräsentiert die Eltern der Waldorfschulgemeinschaft. Je zwei Eltern der jeweiligen Landeselternräte werden zur Bundeskonferenz, die auch den Vorstand des Bund der Freien Waldorfschulen (BdFWS) berät, entsendet. Sie sind aktiv in diversen Organen des BdFWS tätig, beispielsweise im Beirat der Erziehungskunst (vielen Dank für Ihre Mitarbeit Jean Naude!).

Bundeselternratstagung (BERT)

Einmal im Jahr treffen sich Eltern aller Waldorfschulen, die zur BERT eingeladen sind. Aktuell ist dieses Gremium dabei, sich neu zu benennen, um allen gerecht zu werden: Schüler:innen, Eltern, Erzieher:innen und Lehrer:innen auf Bundesebene, sodass sich die neue Bezeichnung ergibt: B’SEELT.

C
Camphill Einrichtungen

Die inzwischen weltweit bestehenden Einrichtungen, gehen auf die erste von Karl König 1939 im schottischen Exil gegründete Lebensgemeinschaft zurück. Dort werden Menschen mit Beeinträchtigungen (sowohl geistig, seelisch, als auch körperlich) auf Basis der Heilpädagogik betreut. Meist leben in dorfähnlichen Gemeinschaften behinderte Menschen mit den Familien ihrer Betreuer:innen zusammen. Weltweit gibt es heute über einhundert Camphill-Gemeinschaften in mehr als zwanzig Ländern, verteilt über Europa, Nordamerika, Asien und Afrika.

Choleriker:in

Eines der vier Temperamente. Die Waldorfpädagogik regt an, dass die Temperamente als ein Gesichtspunkt der Kinderwahrnehmung insgesamt berücksichtigt wird. Allgemein werden dem cholerischen Temperament folgende Eigenschaften zugeschrieben: willensstark und voller Energie, mutig und unerschrocken. Choleriker:innen gelten als resolute, dynamische Persönlichkeiten, die Initiative ergreifen und auffallendes Durchhaltevermögen, Begeisterungsfähigkeit und Pünktlichkeit haben.

Christengemeinschaft

Eine selbstständige christliche Religionsgemeinschaft, die der Anthroposophie nahesteht. Sie wurde 1922 gegründet. An den Waldorfschulen wird üblicherweise der Religionsunterricht der Christengemeinschaft neben den konfessionellen Unterrichten und dem Freien Religionsunterricht angeboten.

Christgeburtsspiel

Im Christgeburtsspiel, eines des Oberuferer Weihnachtsspiels, wird die Weihnachtsgeschichte erzählt. Das Singspiel wird eingerahmt durch die schauspielenden Sänger:innen, die zwischen den Akten das Publikum begrüßen und immer wieder Weihnachtslieder singen. Das Stück gibt die beiden Extreme der Handlung eindringlich wieder: einerseits die ablehnende Haltung der Wirte, bei denen Maria und Josef keine Unterkunft finden, andererseits die herzliche Anteilnahme, mit der die Hirt:innen in ihrer Verschiedenartigkeit das Jesuskind begrüßen.

Christgeburtsspiel 2021 der LebensWerkGemeinschaft Berlin-Brandenburg - YouTube

Foto: Angelika Lonnemann
D
Dreigliederung des Menschen

Auf mehreren Ebenen findet sich in der Waldorfpädagogik die Dreiheit des Menschen: Der Mensch besteht aus Leib, Seele und Geist. Im menschlichen Körper gibt es den Nerven-Sinnesbereich (Kopf), den rhythmischen Bereich (Rumpf) und das Stoffwechsel-Gliedmaßen-System (Verdauung, Arme, Beine). Verbunden damit sind die Lebensäußerungen Denken (Kopf), Fühlen (rhythmisches System) und Wollen (Gliedmaßen). Diese Zusammenhänge sind in der Betrachtung von Kindern und Jugendlichen besonders interessant.

Rudolf Steiners Spruch zur Dreigliederung des Menschen:

Ecce homo:
In dem Herzen webet Fühlen,
In dem Haupte leuchtet Denken,
In den Gliedern kraftet Wollen.
Webendes Leuchten,
Kraftendes Weben,
Leuchtendes Kraften:
Das ist – der Mensch.

Dreikönigsspiel

Das letzte des Oberuferer Weihnachtsspiels erzählt die Geburtsgeschichte, den Besuch der Heiligen Drei Könige und den von König Herodes befohlenen Kindesmord, dem Maria, Joseph und Jesus nur knapp durch die Flucht nach Ägypten entgehen.

Foto: Angelika Lonnemann
E
Eltern-Lehrer:innen-Rat (ELR)

Der ELR, zu dem an manchen Schulen auch Schüler:innen gehören, heißt auch Schulparlament. Ein solches Gremium existiert an den meisten Waldorfschulen. Hier wird sich regelmäßig klassenübergreifend über Themen, die die gesamte Schulgemeinschaft oder zumindest mehrere Klassenstufen betreffen, ausgetauscht.

Epochenheft

Im Laufe des Epochenunterrichts schreiben die Schüler:innen unter Anleitung der Lehrkraft das jeweilige Schulbuch selber, welches als Epochenheft bezeichnet wird. So wiederholen die Schüler:innen den Stoff und können ihre Notizen aus dem Unterricht überarbeiten. Häufig sind die Hefte wunderschön verziert und kunstvoll illustriert.

Foto: Charlotte Fischer
Epochenunterricht

Während der ersten beiden Stunden des Schulvormittags arbeiten die Schüler:innen über mehrere Wochen intensiv an jeweils einem Fachgebiet. Dabei entsteht oft das Epochenheft. So haben sie zum Beispiel drei Wochen lang jeden Morgen zwei Stunden Mathematik, Geografie, Deutsch, Geschichte oder ein anderes Fach. Nach einigen Wochen wechselt der Inhalt der Epoche zu einem anderen Thema. Die intensive Auseinandersetzung gibt den Schüler:innen die Möglichkeit sich tiefgreifend mit diesem zu verbinden. Grundlagen wie Rechnen oder Schreiben festigen sich über den Epochenunterricht hinaus in fortlaufenden sogenannten Übstunden und in den Fachunterrichten.

European Council for Steiner Waldorf Education

Der European Council for Steiner Waldorf Education (ECSWE) ist der Zusammenschluss der europäischen Waldorfeinrichtungen (Kindergärten, Schulen und Ausbildungsstätten).

Eurythmie

Die Eurythmie ist eine der Bewegungskünste, die an der Waldorfschule unterrichtet wird. Anfang des 20. Jahrhunderts hat Rudolf Steiner die Eurythmie gemeinsam mit Marie von Sivers entwickelt. Diese versteht sich als Kunst, die in Sprache und Musik wirksame Gesetzmäßigkeiten und Beziehungen durch menschliche Bewegung, durch Gesten, Farben und Raumformen, sichtbar macht. Steiner unterschied den Sportunterricht von der Eurythmie so: Sport geschehe aus einer „Forderung der Welt an den Menschen“. Der Mensch nutzt den ihn umgebenden Raum und stellt sich in seine Gesetzmäßigkeiten hinein. Hingegen, in der Eurythmie offenbare sich der Mensch aus seinem Inneren heraus, wie beim Sprechen. Deshalb wird Eurythmie auch sichtbare Sprache genannt. Eurythmie lebt von der Energie der Gemeinschaft und der Spannung zum Individuum in der Gruppe, die sich durch Abstand, Nähe und Formen auszeichnet. Die Schüler:innen lernen aufeinander eingestimmt zu sein, sowie Gefühle und Zustände der Seele zu erspüren und auszudrücken.

Fussballreportage in Eurythmie - YouTube

Monster - Lady Gaga - Eurythmie der 13. Klasse 2016 - YouTube

Foto: Charlotte Fischer
F
Farbenlehre

Zu Beginn seiner Berufstätigkeit war Rudolf Steiner intensiv mit den naturwissenschaftlichen Schriften von Johann Wolfgang von Goethe beschäftigt und lernte so unter anderem dessen Farbenlehre kennen und schätzen. In Goethes Verständnis der Farbigkeit ist die Harmonie von Farbe im Kampf zwischen Hell und Dunkel zu suchen. Beispielsweise habe demnach Gelb eine leichtlebige Wirkung, Blau eine dämpfende und Purpur sei die höchste Steigerung, in der sich die Gegensätze die Waage hielten. Die Erkenntnisse zur Farbwahrnehmung gelten als Beginn der modernen Farbpsychologie und finden im Schulalltag der Waldorfschulen Anwendung.

Farbgestaltung

Beim ersten Besuch einer Waldorfschule fällt häufig die Gestaltung der Gebäude insgesamt und der Räume an sich auf: das Holz, die Beleuchtung oder die unterschiedliche Farbgebung an den Wänden der einzelnen Klassenzimmer. Diese wird in der Waldorfpädagogik bewusst und nach der Farbenlehre Rudolf Steiners den Bedürfnissen und der Entwicklung der Schüler:innen entsprechend vorgenommen, beispielsweise sind häufig die Klassenräume für die jüngeren Kinder in warmen Farben gehalten und die für die Älteren in kalten Farben. In Pädagogik und Architektur wird der Wert des Raum als dritter Pädagoge inzwischen auch außerhalb der Waldorfkreise anerkannt.

Foto: Charlotte Fischer
Feldmesspraktikum

Das Feldmesspraktikum ist ein fester Bestandteil des Waldorf-Curriculums für die zehnte Klasse. Die in der Mathematik erlernten Rechenwege der Trigonometrie werden in der Praxis angewendet. Die Jugendlichen vermessen ein Areal in der Landschaft und fertigen nach den erarbeiteten Daten eine Karte an. Dabei werden Messlatten, Theodoliten sowie weiteres analoges Messwerkzeug verwendet. Kleine Gruppen von drei bis fünf Schüler:innen erarbeiten die verschiedenen Messaufträge.
Das Feldmesspraktikum hat die Funktion, den Schüler:innen einen Bezug zur Erde und zu den praktischen Aufgaben des Lebens zu vermitteln. Der junge Mensch soll ins Praktische des Lebens eintreten, mit beiden Beinen auf dem Boden zu stehen, „Erdenreife“ erlangen – aber mit Bewusstsein. Das Feldmesspraktikum gilt als ein großartiges Betätigungsfeld, um sich messend und zeichnend mit der Erde – oder zumindest einem kleinen Teil davon – auseinanderzusetzen.

Foto: Angelika Lonnemann
Fidel

An manchen Schulen wird dieses Streichinstrument von der zweiten Klasse an im Rahmen des Klassenorchesters gespielt. Es stammt aus dem Mittelalter, hat fünf Saiten und wird zwischen den Knien eingeklemmt, sitzend gespielt. Das Instrument lässt sich verhältnismäßig einfach spielen, gibt von Beginn an einen schönen, weichen Klang und entspricht dabei der Geigenstimmung.

Förderunterricht

Schüler:innen, die zusätzliche Förderung im Bereich des kognitiven Lernens, aber auch im sozialen Miteinander, im Motorischen oder Psychischen benötigen, werden ihren individuellen Bedürfnissen entsprechend unterstützt. Je nach Schule und Klasse besuchen die Schüler:innen einzeln oder aber in einer Gruppe das zusätzliche Unterrichtsangebot.

Foto: Charlotte Fischer
Formenzeichnen

Schon vor dem Schreibenlernen wird an den Waldorfschulen das Formenzeichnen erlernt. Dabei konzentrieren sich die Kinder beim Zeichnen auf ihre Linienführung. Sie beginnen mit Geraden und zeichnen nach einiger Zeit auch Kurven, die sogenannten Krummen. Das Formenzeichnen ist regelmäßiger Bestandteil des Hauptunterrichts bis in die Mittelstufe hinein, wobei die Formen immer komplexer und diffiziler werden. Zuletzt werden mehrteilige geometrische Formen freihand gezeichnet.

Foto: Charlotte Fischer
Freie Waldorfschule

Die Freien Waldorfschulen in freier Trägerschaft stehen laut Grundgesetz wie das gesamte Schulwesen in öffentlicher Verantwortung, unter dem Schutz der Verfassung. Sie entstehen immer aus freier Initiative und einem engagierten Verantwortungsbewusstsein. Waldorfschulen arbeiten auf der Basis der verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrechte der Erziehungsfreiheit, der Privatschulfreiheit und des Elternrechts.

Freie Waldorfschule Uhlandshöhe

Die erste Waldorfschule überhaupt. Sie wurde 1919 auf Initiative von Emil Molt, dem Direktor der Waldorf-Astoria Zigarettenfabrik, für die Kinder seiner Mitarbeitenden gegründet. Rudolf Steiner begleitete den Prozess der Schulgründung.

Freier Religionsunterricht

Hierbei handelt es sich nicht um den herkömmlich so bezeichneten Ethik-Unterricht, sondern um einen überkonfessionellen und allen Schüler:innen zugänglichen Religionsunterricht. Er wird von dazu beauftragten Lehrkräften der Schule, parallel zum konfessionellen Religionsunterricht, durchgeführt. Die Unterrichtsinhalte sind integraler Bestandteil des Waldorflehrplans, und an vielen Schulen werden zusätzlich zum wöchentlichen Unterricht Kultushandlungen, die sogenannten Sonntagshandlungen, welche Rudolf Steiner in den Jahren 1920 bis 1923 auf Anfrage von Eltern, Schüler:innen und Lehrkräften der ersten Waldorfschule eingerichtet hat, angeboten.

Freunde der Erziehungskunst

Die Organisation setzt sich seit 1976 global für die Waldorfpädagogik ein. Bisher wurden mehr als 830 waldorfpädagogische Einrichtungen weltweit begleitet, 1.800 junge Menschen leisten pro Jahr einen Freiwilligendienst im In- und Ausland, der durch die Freunde der Erziehungskunst vermittelt wird. Am alljährlich veranstalten WOW-Day (Waldorf-One-World-Day) finden an europäischen Schulen fantasievolle Spendenaktionen statt, um waldorfpädagogische Einrichtungen in ärmeren Ländern finanziell zu unterstützen. Die Freunde haben eine Abteilung Notfallpädagogik gegründet, die Betroffene in akuten Krisensituationen auf der ganzen Welt unterstützt.

G
Gartenbau

Von der sechsten bis zur achten Klasse lernen die Jugendlichen das Arbeiten mit der Erde und den Pflanzen kennen. Über den Garten entdecken die Schüler:innen die Erde, die Vegetation und den Jahreslauf. Mit allen Sinnen nehmen sie dort die Blumen, Nahrungspflanzen, Kräuter, Bäume, Insekten und Vögel ihrer Umwelt wahr. Einige Schulen haben zudem Bauernhoftiere, wie Esel, Schafe und Ziegen, sowie Bienen. Die Schüler:innnen lernen die Gartenarbeiten auszuführen, die der Jahreslauf erfordert: Erde- und Bodenvorbereitung, Säen, Pikieren, Pflanzen und Ernten, Bodenbearbeitung und Kompostierung. Später folgt der Obst-Baumschnitt und das Veredeln. Üblicherweise wird der Schulgarten biologisch-dynamisch bewirtschaftet. Manche Schulen bieten bereits ab der ersten Klasse Projekte im Schulgarten an.

Gesamtausgabe Rudolf Steiners

Im Laufe seines Lebens publizierte Rudolf Steiner Bücher und Aufsätze, hielt über 6.000 Vorträge und erstellte etliche Skizzen und Entwürfe. In der Rudolf Steiner Gesamtausgage (GA) sind all diese Werke veröffentlicht worden.

Goetheanum

Das Gebäude in Dornach, nahe Basel, in der Schweiz, ist Sitz und Tagungsort der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. Es wurde von Rudolf Steiner entworfen und von 1925 bis 1928 aus Sichtbeton erbaut. Benannt ist es nach dem von Rudolf Steiner verehrten Dichter und Universalgelehrtem Johann Wolfgang von Goethe. Das Gebäude fällt durch seine außergewöhnliche Architektur auf und steht seit 1993 gemeinsam mit stilistisch ähnlichen Bauten in der näheren Umgebung unter Denkmalschutz.

H
Handlungsraum

Entweder ein separater Raum oder der Teil eines Raumes ist an manchen Schulen der sogenannten Sonntagshandlung vorbehalten.

Hauptunterricht

Dies ist der erste tägliche Unterricht, der bis zur Oberstufe von der Klassenlehrkraft erteilt wird. Der Hauptunterricht teilt sich in drei Abschnitte. Der rhythmische Teil besteht aus Bewegung, Musik und / oder Rezitation und im Hauptteil wird die jeweilige Epoche unterrichtet. Zum Schluss folgt ein altersentsprechender Erzählteil.

Hausbauepoche

Im Rahmen des großen Themas der dritten Klasse «Kennenlernen der Handwerke» lernen die Kinder auch die Grundlagen des Hausbaus kennen. Je nach lokalen Möglichkeiten besuchen sie eine Baustelle, errichten gemeinsam ein richtiges Gebäude, beispielsweise eine Gartenhütte oder einen Pizzaofen, und / oder jedes Kind baut ein Modellhaus.

Heileurythmie

Dabei handelt es sich um eine Bewegungstherapie, die mit den Bewegungsgebärden der Eurythmie arbeitet. Für die Therapie werden sie so verändert und wiederholt, dass einzelne Sprachlaute oder Reihen von diesen mit der entsprechenden Gebärde unmittelbar heilend auf den menschlichen Organismus wirken sollen. Die Heileurythmie wird präventiv, aber auch bei akuten und chronischen Erkrankungen, eingesetzt. Manche Waldorfschulen haben Heileurythmist:innen angestellt, die mit den Schüler:innen, die Unterstützung durch diese Therapierform benötigen, im Rahmen des Schulunterrichts arbeiten.

Foto: Charlotte Fischer
Heilpädagogik

Die anthroposophisch orientierte Heilpädagogik wurde von Rudolf Steiner im Jahr 1924 angeregt. An der ersten Waldorfschule in Stuttgart etablierte Karl Schubert 1920 eine heilpädagogische Klasse. Die Arbeit mit den Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf orientiert sich an deren Bedürfnissen, auf der Grundlage der Waldorfpädagogik. Ziel ist ein ganzheitlicher Ansatz von Lernen und Entwicklung. Die heilpädagogischen Schulen sind Mitglied im Anthropoi Bundesverband und im Bund der Freien Waldorfschulen.

Heydebrand, Caroline von

1886 in Breslau geboren, 1938 in Gerswalde gestorben. Bei Gründung der ersten Waldorfschule 1919 übernahm sie die fünfte Klasse mit 47 Schüler:innen. Rudolf Steiner bezeichnete Caroline von Heydebrand als die „geborene Pädagogin“. Als 1927 das erste Mal die Erziehungskunst (damals unter dem Namen Zur Pädagogik Rudolf Steiners) erschien, war sie deren Chefredakteurin.

I
Interne Konferenz

Je nach Organisation der Schule kann die Schulleitung in zwei Bereiche aufgeteilt sein: Dann kümmert sich der Vorstand des Trägervereins um die rechtlichen Belange und die interne Konferenz um die pädagogischen Aspekte dieser Aufgabe. Die interne Konferenz kann auch Schulführungs- oder Schulleitungskonferenz heißen. Entsprechend sind nur Lehrkräfte in dieser Konferenz vertreten oder auch die Geschäftsführung und, an einigen Waldorfschulen, auch Eltern.

J
Jahresarbeit

Im Laufe eines Schuljahres entstehen, meist in der achten und zwölften Klasse, sogenannte Jahresarbeiten. Die Schüler:innen setzen sich für mehrere Monate intensiv mit einem Thema auseinander. Üblicherweise einerseits praktisch-künstlerisch, andererseits theoretisch. Dafür suchen sie sich eine für ihre Arbeit passende Fachperson, die als Mentor:in das Projekt betreut. Zum Abschluss stellen alle Schüler:innen ihre Arbeit vor Publikum vor.

Foto: Charlotte Fischer
jahreszeitentisch

Dies ist ein besonders gestalteter Platz, an dem die Jahreszeiten und die Feste im Jahreskreis dargestellt werden. Das kann ein Tisch sein oder ein Ort im Regal oder auf einer Fensterbank. Der Jahreszeitentisch hilft Kindern sich mit dem Jahresverlauf, der Natur und den christlichen Festen zu verbinden. Sie lernen so den Rhythmus des Jahres kennen und verstehen. Sowohl in den einzelnen Klassenzimmern als auch an zentralen Orten in Waldorfschulen werden Jahreszeitentische aufgestellt.

Foto: Charlotte Fischer
Jahrsiebte

Einer der Gesichtspunkte zur Betrachtung der menschlichen Entwicklung ist der Rhytmus der sieben Jahre. Die ersten drei Jahrsiebte (von Geburt bis zum 22. Lebensjahr) sind dadurch geprägt, dass sich in die physische Leiblichkeit die Lebensorganisation, die Empfindungsorganisation und die Ich-Organisation nacheinander hereinarbeiten.

0 bis 7 Jahre: Vom Säugling zum Schulkind
7 bis 14 Jahre: Vom Schulkind zum Teenager
14 bis 21 Jahre: Von der Pubertät bis zum jungen Erwachsenen
21 bis 28 Jahre: Vom jungen Erwachsenen zum Erwachsenensein
28 bis 35 Jahre: die Phase der Einsicht
35 bis 42 Jahre: die Phase der Entfaltung
42 bis 49 Jahre: die Phase der Einzigartigkeit
49 bis 56 Jahre: die Phase der Übersicht
56 - 63 Jahre: die Phase der Intuition
63 bis 70 Jahre +: die Phase der Vorbereitung

Johanni

Der Johannitag am 24. Juni lieg im Kalender drei Tage nach der kürzesten Nacht des Jahres (21. Juni). Nach dem christlichen Glauben ist der Tag, der dem Heiligen Abend (24. Dezember) genau ein halbes Jahr vorausgeht, der Geburtstag von Johannes dem Täufer. In sprachlicher Verbindung stehen die Johannisbeere und das Johanniskraut, welche zu dieser Zeit ihre volle Reife, bzw. Blüte, erreichen. An einigen Waldorfschulen finden Johanni-Feiern statt.

Foto: Charlotte Fischer
K
Kinderbesprechung / Kinderkonferenz

Im Rahmen der Pädagogischen Konferenz oder einer Klassenkonferenz tauschen sich die Lehrkräfte einer Klasse, im Bedarfsfall intensiv über ihre Wahrnehmung zu einem Kind aus.

Klassenbetreuer:in

Die Klassenbetreuer:innen, an manchen Schulen auch Mentor:innen oder Tutor:innen genannt, sind für die Leitung der Klasse in der Oberstufe verantwortlich, entsprechen als solche der Klassenlehrer:in der Unter- und Mittelstufe. An manchen Schulen übernehmen zwei Lehrkräfte die Leitung einer Oberstufenklasse. Der Hauptunterricht der Oberstufe wird von den jeweiligen Fachlehrer:innen unterrichtet, sodass sich die Klasse und deren leitende Lehrer:innen teilweise nur für zwei Fachstunden in der Woche treffen. Dadurch ist die Beziehung in der Regel weniger intensiv als in der Klassenlehrer:innen-Phase.

Klassenkonferenz

Alle Lehrkräfte einer Klasse tauschen sich über die Situation und den Bedarf einzelner Schüler:innen der jeweiligen Klasse aus.

Klassenlehrer:in

Üblicherweise leitet eine Lehrkraft die Klasse von der ersten bis zur achten Klasse, die den allmorgendlichen Hauptunterricht gibt und sichert die Entwicklungs- und Beziehungskontinuität für die Kinder und die Elternhäuser.

Foto: Angelika Lonnemann
Klassenspiel

Abhängig von der Schule und den Lehrkräften erarbeiten die Klassen ein Theaterstück, häufig gegen Ende der Mittelstufe und in der elften oder zwölften Klasse. Zur Aufführung kommen klassische oder moderne Stücke. Wenn an der Schule vorhanden, arbeiten Theaterpädagog:innen und / oder Sprachgestalter:innen mit der jeweiligen Klasse. Das Stück kann vom Klassenorchester begleitet werden. Viel Wert wird darauf gelegt, dass die Schüler:innen neben dem Schauspielen auch alles andere, was nötig ist, selbst machen: Kulissen, Kostüme, Plakate und Werbung. Es gibt in der Regel schulinterne und öffentliche Vorstellungen.

Foto: Charlotte Fischer
Köhler

Im Rahmen des Hauptunterrichts der dritten Klasse lernen die Kinder die alten Handwerke kennen. So auch das Handwerk des Köhlers – der Holzkohlen herstellt – eines der ältesten Handwerke der Menschheit. Gemeinsam mit der Klassenlehrer:in und jeweils einem Elternteil fahren die Kinder für einen Zeitraum zwischen zwei und vier Tagen zu einer Köhlerei, wo sie selber aus Holz Kohle herstellen und in Zelten oder Jurten übernachten. Übermüdet und dreckig, aber glücklich und stolz kommt jedes Kind mit einem Sack Holzkohle zuhause an.

Konferenz-Vorbereitungskreis

An den meisten Waldorfschulen gibt es ein Gremium, welches die Konferenzen und insbesondere die Schulleitungskonferenz vorbereitet. Die Organisation dieses Gremiums variiert von Schule zu Schule.

König, Karl

1902 in Wien geboren, 1966 in Überlingen gestorben. Karl König war Kinderarzt, der die anthroposophische Heilpädagogik 1927 in der Schweiz kennenlernte. Er plante, eine heilpädagogische Einrichtung in Wien zu eröffnen. Als Jude musste er jedoch 1938 fliehen. Im Exil in Schottland eröffnete er 1940 die erste Camphill Einrichtung.

Kunstfahrt

An vielen Waldorfschulen findet zwischen der zehnten und zwölften Klasse, ergänzend zur Kunstbetrachtung im Unterricht, eine oder sogar mehrere Klassenfahrten statt, bei der Kunstwerke im Original in Museen und durch Stadterkundungen besichtigt werden. Die Schüler:innen zeichnen einzelne Kunstwerke, Gebäude oder Landschaften und verfassen Tagesberichte.

L
Landesarbeitsgemeinschaft (LAG)

Die LAG ist die schulübergreifende Ansprechpartnerin und Auskunftsorgan der Waldorfschulen eines Bundeslandes. Sie vertritt die Schulen gegenüber Regierung, Politik, Behörden, Verbänden, Presse und Öffentlichkeit in den Belangen, die alle Schulen eines Bundeslandes betreffen.

Landeselternrat

Aus der Elternvertretung jeder Waldorfschule können zwei Delegierte in den Landeselternrat (LER) entsandt werden, der Themen auf Landesebene berät und bearbeitet.

Landwirtschaftspraktikum

In der neunten Klasse sind die Schüler:innen für einige Wochen auf einem Bauernhof aktiv tätig. Dieser sollte idealerweise biologisch-dynamisch betrieben werden und auch Viehhaltung haben. Der Aufenthalt weg von zuhause, die Verantwortung für Tiere, die körperliche Arbeit und die Nähe zur Erde entsprechen dem Entwicklungsschritt der Jugendlichen in diesem Alter.

Leier

An Waldorfschulen wird häufig die diatonisch gestimmte Leier gespielt, die einen ziemlich großen Tonumfang und kräftigen Klang besitzt. Ihr Klangkörper ist relativ abgeschlossenen. Dieses Instrument wurde auf Anregung von Rudolf Steiner, Edmund Pracht und Lothar Gärtner vor knapp einhundert Jahren entwickelt und seither weiterentwickelt. An manchen Waldorfschulen wird Leierunterricht angeboten.

M
Maltherapie

Sie geht auf Rudolf Steiner zurück, der basierend auf seiner Menschenkunde und den bestehenden Methoden der Schulmedizin diese künstlerisch-therapeutische Methode, entwickelte. Grundlage hierfür war die Farbenlehre Goethes. Durch den Prozess des Malens werden Stimmungen und Gefühle vermittelt, wodurch die Patient:innen lernen sollen, ihrer Krankheit auf kreative Weise zu begegnen, sie wahrzunehmen und letztlich schöpferisch, unter Anleitung von Therapeut:innen, darauf Einfluss zu nehmen.

Melancholiker:in

Eines der vier Temperamente. Die Waldorfpädagogik regt an, dass die Temperamente als ein Gesichtspunkt der Kinderwahrnehmung insgesamt berücksichtigt wird. Allgemein werden dem melancholischen Temperament folgende Eigenschaften zugeschrieben: sensibel, weniger kontaktfreudig, Erlebnisse und Begegnungen wirken langzeitig nach.

Menschenkunde

Die von Rudolf Steiner entwickelte anthroposophische Geisteswissenschaft mit ihrem Menschenbild ist die Basis der Waldorfpädagogik. 1904 stellt Steiner seine Menschen erstmals in der Publikation Theosophie umfassend schriftlich dar. Sie umfasst anthropologische, (entwicklungs-) psychologische, physiologische und epistemologische Aspekte. Mensch und Welt werden als ein spiritueller Erkenntnishorizont begriffen.

Michaeli

Am 29. September ist Michaelstag, an dem des Erzengels gedacht wird, der den Drachen besiegte. An vielen Waldorfschulen wird Michaeli mit seiner tiefen Symbolik vom Sieg über die Kräfte der Finsternis gefeiert

Mittelstufe

Die Klassen fünf bis acht gehören an Waldorfschulen der Mittelstufe an. Um der geistigen Entwicklungsphase der Kinder zu entsprechen, sind Fächer wie Chemie, Gartenbau, Geometrie, Geschichte, Himmelskunde, Mineralogie und Physik besonders wichtig.

Molt, Emil

1876 in Schwäbisch Gmünd geboren, 1936 in Stuttgart gestorben. Emil Molt war Direktor der Waldorf-Astoria Zigarettenfabrik, Anhänger der Anthroposophie und ein Freund von Rudolf Steiner. 1919 gründete er die erste Schule, die auf anthroposophischer Grundlage besteht, für die Kinder seiner Mitarbeitenden. Aus seinem privaten Vermögen kaufte er das Café Uhlandshöhe in Stuttgart, welches als erstes Schulgebäude diente. Der Unterricht startete im September 1919 mit 256 Schüler:innen in acht Klassen.

Monatsfeier

Früher waren monatliche Schulfeiern üblich, heute finden sie an den meisten Schulen seltener statt, weswegen sie meist Schulfeiern heißen. Hierfür kommt die Schulgemeinschaft in der Aula zusammen, wo die Klassen auf der Bühne zeigen, was sie in der letzten Zeit gelernt haben. Ähnlich wie bei den Theateraufführungen gibt es in der Regel eine interne, ausschließlich für Schüler:innen und Lehrkräfte, sowie eine öffentliche Schulfeier, zu der Eltern und Interessierte mit eingeladen sind. Die Klassen oder einzelne Gruppen führen Rezitationen, Vorspiele (auch aus dem Fremdsprachenunterricht), musikalische Darbietungen oder Eurythmie auf. Die jüngeren Schüler:innen bekommen so einen Eindruck, was sie in Zukunft lernen werden und die Großen schauen häufig verzückt auf die Kleinen. Öffentliche Monatsfeiern sind eine gute Gelegenheit, eine Schule über alle Klassenstufen hinweg kennenzulernen.

Morgenspruch

Rudolf Steiner hat für die Unterstufe und die Mittel- und Oberstufe je einen sogenannten Morgenspruch geschaffen. Mit dem zu Beginn des Hauptunterrichts gemeinsam gesprochenen Text beginnt der Schultag

Morgenspruch für die vier unteren Klassen

Der Sonne liebes Licht,
Es hellet mir den Tag;
Der Seele Geistesmacht,
Sie gibt den Gliedern Kraft;

Im Sonnen-Lichtes-Glanz
Verehre ich, o Gott
Die Menschenkraft, die Du
In meiner Seele mir
So gütig hast gepflanzt,
Dass ich kann arbeitsam
Und lernbegierig sein.

O
Oberstufe

Meist ab der neunten, gelegentlich aber der zehnten Klasse, sind die Schüler:innen in der Oberstufe. Auch die Fächer des Hauptunterrichts werden in der Oberstufe von Fachlehrkräften erteilt von denen eine, teilweise auch zwei, besondere Verantwortung für jeweils eine Klasse übernimmt, für allgemeine Anliegen der Schüler:innen zur Verfügung steht und Organisatorisches regelt.

Oberuferer Weihnachtsspiel

In der Ortschaft Oberufer, nahe der heutigen slowakischen Hauptstadt Bratislava, wurden spätmittelalterliche Mysterienspiele über Generationen hinweg aufgeführt und Mitte des 19. Jahrhunderts wiederentdeckt. Die Weihnachtsspiele enthalten viele Lieder, die in Reimform in einem donauschwäbischen Dialekt verfasst sind.
Rudolf Steiner gab eine leicht überarbeitete Fassung der Stücke heraus, deren Aufführung die Lehrkräfte der ersten Waldorfschule als alljährliche Veranstaltung einführten. Das Weihnachtsspiel bestehen aus drei Teilen: dem Paradeis-, dem Christgeburts- und dem Dreikönigsspiel.

Olympiade

In der fünften Klasse beschäftigen sich die Schüler:innen intensiv mit dem antiken Griechenland. Sie lernen Kunst und Architektur kennen und üben sich in den historischen olympischen Sportarten. Daher findet an vielen Waldorfschulen eine Olympiade mit den fünf Disziplinen statt: Diskuswerfen, Laufen, Ringen, Weitsprung und Weitwurf.

P
Pädagogische Forschungsstelle (PäFo)

Die Pädagogische Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen koordiniert, initiiert und begleitet zahlreiche Forschungsprojekte, die die Waldorfpädagogik methodisch und inhaltlich weiterentwickeln, in den pädagogischen und didaktischen Diskurs stellen sollen und zudem neue Lehrmittel entwickelt. Die PäFo hat ihren Sitz ebenso wie der Bund der Freien Waldorfschulen in Stuttgart und einen weiteren Standort in Kassel.

Pädagogische Konferenz

In dieser Konferenz berät das Lehrer:innenkollegium pädagogische Themen. Diese können Fortbildungscharakter haben und sich mit den Grundlagen der Waldorfpädagogik beschäftigen oder konkrete Anliegen des Alltags aufgreifen, bis hin zur Beratung über einzelne Schüler:innen.

Paradeisspiel

Das erste der drei Oberuferer Weihnachtsspiele ist fester Bestandteil der weihnachtlichen Festgestaltung an den meisten Waldorfschulen. Die Schöpfungsgeschichte und die Vertreibung aus dem Paradies bilden der Auftakt der Weihnachtsspiele.

Pentatonik

Das aus fünf verschiedenen Tönen bestehende Tonsystem wird als Fünfton-Musik oder Pentatonik bezeichnet. Viele bekannte Kinderlieder basieren darauf. In der Waldorfpädagogik werden im Kindergarten und den anfänglichen Schuljahren häufig pentatonische Lieder und Instrumente eingesetzt.

Pentatonische Flöte

Das gemeinsame Flötenspiel ist an der Waldorfschule üblicherweise fester Bestandteil des Unterrichts ab der ersten Klasse. Pentatonische Flöten unterstützen in den ersten Schuljahren das harmonische Zusammenspiel.

Phlegmatiker:in

Eines der vier Temperamente. Die Waldorfpädagogik regt an, dass die Temperamente als ein Gesichtspunkt der Kinderwahrnehmung insgesamt berücksichtigt wird. Allgemein werden dem phlegmatischen Temperament folgende Eigenschaften zugeschrieben: geduldig und treu, liebt Gewohnheiten und ist beim Arbeiten sehr genau. 

Plastizieren

Dies ist ein Begriff für das plastische Gestalten im Kunstunterricht. Dabei werden unterschiedliche Materialien wie Ton, Lehm, Wachs oder Plastilin genutzt.

Fotos: Charlotte Fischer
R
Ranzenpost

Schulinterne Mitteilungen werden durch diese Kommunikation allen Elternhäusern regelmäßig zugestellt, früher in der Regel wöchentlich von den Kindern als sogenannte Ranzenpostnachhause gebracht, inzwischen an vielen Schulen per E-Mail.

Rhythmischer Teil

Fester Bestandteil des täglichen Hauptunterrichts ist der rhythmische Teil, in dem der Altersstufe entsprechend Fingerspiele, Rezitationen, gemeinsames Singen und Musizieren, Body Percussion, Fadenspiele, Tänze und ähnliches eingeübt werden.

Rollmäppchen

Diese besondere Art des Federmäppchens gehört zur Grundausstattung aller Waldorfschüler:innen. Darin werden die Wachsmalblöcke und -stifte sicher verstaut und transportiert.

Foto: © Charlotte Fischer
Rubikon

Um das zehnte Lebensjahr sind Kinder in einer Entwicklungsphase, die Rudolf Steiner als den «Rubikon der kindlichen Entwicklung» bezeichnete. Der Begriff verweist auf die Parallele zu Caesars Überschreiten des Fluss Rubikon und die Bedeutung einer Handlung, nach der es kein Zurück mehr gibt — die Kinder lassen einen Teil der Kindheit hinter sich; sie wirken ernster, in sich gekehrter, sie überprüfen Regeln und zweifeln Normen an. Der Unterricht an der Waldorfschule wird diesem Umbruch in der Entwicklung unter anderem damit gerecht, indem die Kinder die alten Handwerke intensiv kennenlernen, beispielsweise durch die Hausbauepoche und einen Besuch beim Köhler. Auch das Bruchrechnen wird an den Waldorfschulen passenderweise in dieser sensiblen Phase der kindlichen Entwicklung eingeführt.

Foto: @ Charlotte Fischer
S
Salutogense

In der anthroposophischen Medizin und der Waldorfpädagogik wird der Gesunderhaltung große Bedeutung beigemessen. So soll der Aufbau des Lehrplans der natürlichen Entwicklung des Menschen entsprechen. Vater des Konzepts, der Entstehung und Erhaltung von Gesundheit, ist Aaron Antonovsky (1923–1994).

Sanguiniker:in

Eines der vier Temperamente. Die Waldorfpädagogik regt an, dass die Temperamente als ein Gesichtspunkt der Kinderwahrnehmung insgesamt berücksichtigt wird. Allgemein werden dem sanguinischen Temperament folgende Eigenschaften zugeschrieben: offen und interessiert an Neuem, kommuniziert gern und kontaktfreudig. So bewegen sich sanguinische Kinder viel, in der Schule sind sie oft beliebt.

Schubert, Karl

1889 in Wien geboren, 1949 in Stuttgart gestorben. Karl Schuberts Mutter war Jüdin, dennoch wurde er katholisch getauft. Er war ein Bekannter Rudolf Steiners und unterrichtete an der ersten Freien Waldorfschule Uhlandshöhe Englisch, Französisch, Griechisch und Latein. Schubert richtete für Kinder mit Förderbedarf die sogenannte Heilpädagogische Klasse ein. Auf dieser Arbeit basiert die Heilpädagogik. Aufgrund seiner jüdischen Wurzeln musste Schubert 1934 die Waldorfschule verlassen, entkam seiner Deportation und unterrichtete die Förderschüler:innen den gesamten Krieg hindurch, teilweise heimlich, in Stuttgart.

Schulkindergarten

Manche Waldorfkindergärten haben eine eigene Gruppe für schulpflichtige, aber noch nicht schulreife Kinder. Manchmal hat dieser Schulkindergarten ein eigenes Gebäude, um die Gruppe auch räumlich deutlich vom Kindergarten zu trennen. In dem Jahr bevor das Kind zur Schule geht, wird in der Regel viel gewebt, genäht, geschnitzt, gekocht, gebacken und es werden sonstige kreative und handwerklich-hauswirtschaftliche Tätigkeiten eingeübt. Ziel sind möglichst viele Sinneserfahrungen und viel Bewegung. Die Waldorferzieher:innen gehen intensiv auf den individuellen Entwicklungsstand des Kindes ein und begleiten es durch gezieltes pädagogisches Handeln zur Schulreife. Die Betreuer:innen wünschen sich, dass die Eltern intensiv mit ihnen zusammenarbeiten, um das Kind so gut wie möglich zu unterstützen.

Schulreife

Ausgehend vom individuellen Kind entscheiden Eltern, Schularzt bzw. -ärztin und Lehrkräfte des Aufnahmegremiums gemeinsam über den Entwicklungsstand des Kindes. Teilweise werden auch Erzieher:innen des Kindergartens hinzugezogen. Kriterien, an denen sich die Schulreife erkennen lässt, sind:

Gestaltwandel: Das Kind ist in seinen Proportionen und Gesichtszügen nicht mehr Kleinkind. Die S-Krümmung der Wirbelsäule, die Taille sowie die Gelenke an den Armen und Beinen sind deutlich erkennbar.

Zahnwechsel: Bis zu der Formung der Zahnschmelzkronen der bleibenden Zähne werden die dafür nötigen Kräfte für den Körperaufbau der Kinder benötigt. Erst mit dem Freiwerden dieser Kräfte haben die Kinder, den «geistigen Biss» und können das in der Schule gelernte auch noch zu Hause erinnern.

Motorische Entwicklung: Die differenzierte Feinmotorik ist entwickelt, einzelne Körperteile können getrennt voneinander geführt werden.

Seelenkalender

1912 publizierte Rudolf Steiner einen Spruch für jede der 52 Wochen des Jahres, beginnend mit der Woche nach Ostern. In den Sprüchen wird das Erleben der Jahreszeiten in der Natur mit der Seelentätigkeit des Menschen in Verbindung gebracht, woran Selbsterkenntnis geschult werden kann. An vielen Waldorfschulen wird zu Beginn der Arbeitstreffen der Gremien aus dem Seelenkalender der jeweilige Wochenspruch rezitiert.

Selbstverwaltung

Waldorfschulen haben üblicherweise keine Schuldirektor:in, sondern werden durch das Kollektiv aller Mitarbeitenden selbst geleitet. Rudolf Steiners Begründung hierfür hat bis heute Gültigkeit: «Wer die Initiative ergreift, ist auch für deren Folgen verantwortlich ... Selbstgestaltung und -verwaltung ist die Form schlechthin, in der mündige Menschen ihr eigenes Leben und das Zusammenleben mit anderen Menschen ordnen.»

Sommerferien-Hymne

Am letzten Schultag versammelt sich die Schulgemeinschaft in der Aula und singt gemeinsam

Es bläht ein Schiff die Segel
Es bläht ein Schiff die Segel,
frisch saust hinein der Wind!
Der Anker wird gelichtet,
das Steuer flugs gerichtet,
nun fliegt’s hinaus geschwind.

Ein kühner Wasservogel
kreist grüßend um den Mast,
die Sonne brennt herunter,
manch Fischlein, blank und munter,
umgaukelt keck den Gast.

Wär‘ gern hineingesprungen,
da draußen ist mein Reich!
Ich bin ja jung von Jahren,
da ist’s mir nur ums Fahren, wohin?
das gilt mir gleich!

Es bläht ein Schiff die Segel - Youtube

Sonntagshandlung

Die Eltern der allerersten Waldorfschule hatte den Wunsch geäußert, dass für die Schüler:innen, die keiner Religionsgemeinschaft angehörten, eine rituelle Feier abgehalten werde. So ist die Sonntagshandlung entstanden. Inzwischen wird die Handlung teilweise auch montags gefeiert. Die Schüler:innen des Freien Religionsunterrichts können daran teilnehmen. Der Sonntagshandlung für die Schüler:innen der Klassen eins bis acht, folgten noch die Ritualtexte der Jugendfeier und der Opferfeier sowie einer Weihnacht- und einer Pfingsthandlung. Die Jugendfeier richtet sich an die Schüler:innen der achten, neunten und zehnten Klassen und wird am Palmsonntag für die Achtklässler:innen das erste Mal gehalten. Sie stellt das Pendant zur Konfirmation dar, ist aber kein einmaliges Ereignis, sondern über zwei Jahre fortlaufend. Die Opferfeier richtet sich an Schüler:innen der elften und zwölften Klassen, sowie an Erwachsene, die sich dem Schulleben zugehörig fühlen (Lehrkräfte und Eltern).

Sozialpraktikum

In der elften Klasse machen die Schüler:innen ein mehrwöchiges Praktikum in einer sozialen Einrichtung wie einem Altenheim, einer Justizvollzugsanstalt, einem Krankenhaus oder Kindergarten. Hintergrund ist die Überlegung, dass die Jugendlichen in diesem Alter die Reife haben, sich in andere Menschen hineinzufühlen und für diese Verantwortung zu übernehmen. Sie erleben, wie intensiv sich die Hinwendung zu anderen vormalig fremden Menschen anfühlen kann, und erkennen sich als Teil eines sozialen Ganzen und entwickeln so zunehmend mehr Bewusstsein für soziale Prozesse.

Sprachgestaltung

In Vorbereitung eines Klassenspiels bekommen die Schüler:innen Unterstützung für das Bühnensprechen durch Sprachgestalter:innen, wenn an der jeweiligen Schule solche Expert:innen angestellt sind. Sie werden auch zur Förderung einzelner Schüler:innen therapeutisch tätig. Sprachgestaltung wirkt durch das klar artikulierte gesprochene Wort und über die Atmung direkt auf den Organismus.

Steiner, Rudolf

1861 in Nieder-Kraliewitz, damals Österreich-Ungarn, geboren, 1925 in Dornach, Schweiz gestorben. Rudolf Steiner war der Begründer der Anthroposophie, auf deren Grundlage die Waldorfpädagogik basiert. Gemeinsam mit Emil Molt gründete er die erste Waldorfschule in Stuttgart. Weitere Betätigungsfelder von Steiner, in denen er maßgeblich Neues geschaffen hat, waren Architektur, biologisch-dynamische Landwirtschaft, Religion, Eurythmie und Medizin. Steiner publizierte zahlreiche Bücher und hielt sehr viele Vorträge, die alle mitstenografiert wurden. Deren Nachschriften sind in der 354-bändigen Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA) zusammengefasst.

Rudolf Steiner
Stufen-Konferenz

Die Klassen- und Fachlehrer:innen der Unter-, Mittel-, bzw. Oberstufe besprechen bei Bedarf klassenübergreifende und klassenstufenspezifische Themen.

Stuttgarter Erklärung

Die Mitgliederversammlung des Bundes der Freien Waldorfschulen verabschiedete 2007 in Stuttgart eine Erklärung aller Waldorfschulen gegen Diskriminierung. Hierin heißt es: «Die Freien Waldorfschulen leisten bei der Wahrnehmung ihrer erzieherischen Aufgabe im Geiste der Menschenrechte einen Beitrag für eine Gesellschaft, die auf dem solidarischen Zusammenleben aller Menschen beruht. ... Die Freien Waldorfschulen verwahren sich ausdrücklich gegen jede rassistische Vereinnahmung ihrer Pädagogik und von Rudolf Steiners Werk.»

Stuttgarter Erklärung

T
Tafelbild

Wichtiger Bestandteil des Hauptunterrichts der Unter- und Mittelstufe ist das Tafelbild. Es wird von der Klassenlehrer:in gestaltet und ist Teil der Lernumgebung der Kinder. Die Tafel wird nach dem Prinzip eines Buches benutzt: Die Titelseite ist mit einem ansprechenden Bild geschmückt und regt die Sinne und das Fühlen an. Wenn man die Seiten aufklappt, folgt das Geschriebene, das zum Lernteil gehört und das Denken anregt. Die Tafel ist ein bewusst eingesetztes Arbeitsmittel. Alle Lehrkräfte, nicht nur die Klassenlehrer:in, gehen unterrichtsgestaltend mit ihr um.

Foto: @ Charlotte Fischer
Technische Konferenz

Im Rahmen dieser Konferenz werden organisatorische Themen, die den Schulalltag betreffen, besprochen. Beispiele sind Raumbelegungen, Vertretungen, Schulbefreiungen oder Schulfeste.

Temperamentenlehre

Jeder Mensch ist anders. Der eine ist aufbrausend, der andere zurückhaltend, der eine extrovertiert, der andere schüchtern. In der Temperamentenlehre, die auf den griechischen Arzt Hippokrates zurückgeht, werden vier Gemütslagen des Menschen unterschieden: cholerisch, melancholisch, phlegmatisch, sanguinischRudolf Steiner hat die Temperamentenlehre als Element der Pädagogik entwickelt. Die Identifikation des jeweiligen Temperaments, wovon auch mehrere in einem Menschen in unterschiedlich starker Gewichtung vorhanden sein können, unterstützt die Lehrkräfte in ihrer täglichen Arbeit mit den Kindern, um auf ihre individuellen Bedürfnisse besser eingehen zu können

Die vier Temperamente und der Stein im Weg
Leicht springt über den Stein der Sanguiniker, keck und mit Anmut,
stolpert er trotzdem darob, macht er sich wenig daraus.

Grimmig stößt ihn beiseit’ des Cholerikers kräftiger Fußtritt,
und sein funkelndes Aug’ freut sich des guten Erfolgs.

Kommt das Phlegma daher, so hemmt es gemäßigt die Schritte:
«Gehst du mir nicht aus dem Weg, gehe ich eben herum.»

Aber grübelnd vor ihm bleibt der Melancholiker stehen,
unzufried’nen Gesichts über sein ewiges Pech.

— Heinrich Peitmann

U
Unterstufe

Die Klassen eins bis vier an Waldorfschulen werden als Unterstufe bezeichnet. Die Kinder lernen Rechnen, Schreiben und vieles mehr von ihrer Klassenlehrer:in und haben zudem Fachunterrichte, wie Fremdsprachen und Musik, bei den jeweiligen Fachkolleg:innen.

V
Vereinigung der Waldorfkindergärten e.V

Die Vereinigung der Waldorfkindergärten mit ihrem heutigen Sitz in Neustadt an der Weinstraße wurde 1969 aus dem Zusammenschluss der 69 damals bestehenden Waldorfkindergärten aus aller Welt gegründet, um gemeinsam Antworten auf die drängenden Erziehungs- und Bildungsfragen zu suchen und sich gegenseitig in der Arbeit zu unterstützen.

Heute ist sie mit über 2.000 Kindergärten in über vierzig Ländern der Welt vertreten. Allein in Deutschland arbeiten in rund 580 Waldorfkindergärten sowie fünf Fachschulen und zehn Seminare zur Aus- und Fortbildung von Waldorferzieher:innen.

Zu den Aufgaben der Vereinigung der Waldorfkindergärten e.V. gehören vor allem die Förderung der Aus- und Fortbildung von Erzieherinnen und Erziehern, die Forschung im Bereich Pädagogik des ersten sowie die Durchführung von Tagungen, Kongressen und Kolloquien.

Waldorfkindergärten stellen sich vor - Vimeo

W
Wachsmalblöcke

Durch ihre Größe und flächige Form sind sie besonders für Kinder geeignet, da sie fest und sicher in der Hand liegen. Mit den Blöckchen werden farbige Flächen gut gemalt und interessante Effekte erzielt, beispielsweise durch wellenförmiges ziehen mit der Längskante. Im Rollmäppchen werden die Wachsmalblöcke verstaut.

Foto: @ Charlotte Fischer
Waldorf-Stiftung

Die Stiftung wurde 2001 vom Bund der Freien Waldorfschulen gegründet mit dem Ziel erneuernde Initiativen der Waldorfschulbewegung und der -pädagogik zu fördern. Sie soll Fördermittel für Initiativen zu einer menschengemäßen Erziehung und Bildung einwerben und bereitstellen.

Waldorflehrer:in

Wie die Vielzahl der Stellenanzeigen in der Erziehungskunst deutlich zeigen, handelt es sich um eine sehr begehrte Spezies von Expert:innen, die Kinder und Jugendliche an Waldorfschulen unterrichten. An vielen Schulen unterrichten auch solche Lehrkräfte, die nicht eine spezielle Waldorflehrer:innenausbildung gemacht haben. Sie haben aber in der Regel die Waldorfpädagogik in Fortbildungen gelernt.

WaldorfSV

Bundesschüler:innen-Rat der Freien Waldorfschulen, der sich regelmäßig zum gemeinsamen Austausch an immer wechselnden Orten in der Bundesrepublik trifft.

WaldorfSV

Tagungsvideo der 32. Bundesschülertagung in Göttingen

Warteklasse

Lange vor der Einführung von Ganztagsangeboten inklusive Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung und freiwilligen Arbeitsgruppen haben Waldorfschulen eine Betreuung nach Unterrichtsende angeboten. Weil die Schüler:innen also in bestimmten Räumen darauf warteten, abgeholt zu werden oder nach Hause gehen zu dürfen, wurden diese Gruppen Warteklasse genannt. Auch wenn dieses selbsterklärende Wort längst durch terminologisch korrekte Begriffe wie verlässliche Grundschule abgelöst wurde, hält es sich an vielen Waldorfschulen hartnäckig im alltäglichen Gebrauch.

Z
Zeugnisspruch

Mit dem ersten Zeugnis am Ende des ersten Schuljahres bekommt das Kind jedes Jahr in der Unter- und Mittelstufe einen Zeugnisspruch von seiner Lehrkraft, den er oder sie individuell für dieses Kind ausgesucht oder selbst verfasst hat. Dieser Spruch begleitet das Kind im folgenden Schuljahr, er soll ihm Ansporn, Ermutigung oder Wegweiser sein. Er wird von dem jeweiligen Kind jede Woche meist an dem Wochentag, an dem es geboren wurde, vor der ganzen Klasse aufgesagt. So steht jedes Kind einmal in der Woche im Mittelpunkt der Klasse, wird von den anderen wahrgenommen und lernt, ganz selbstverständlich allein vor der Klasse zu sprechen.

Zwölftklassstück

Zum Ende der Waldorfschulzeit führt die Klasse ein Theaterstück auf. Weitere Details siehe unter Klassenspiel.