Ausgabe 09/23

Blick zurück nach vorn

Nele Auschra

Auch ich möchte diesen Standpunkt am liebsten ausschließlich einem positiven Bick widmen. Denn von Corona will doch eigentlich niemand mehr hören oder lesen! Und wir durften doch im vergangenen Schuljahr erleben, dass im vertrauenden, vorwärts gerichteten und gemeinschaftlichen Arbeiten an unseren Schulen Heilung liegen kann: Wenn das gemeinschaftliche Wir der Schulgemeinschaften gelungene Jahresarbeiten, Klassenspiele, Zirkusaufführungen, Konzerte und viele weitere bewegende Momente hervorbringt, genügt das nicht?
Ich persönlich fürchte, das genügt nicht. Aufarbeiten müssen wir meiner Meinung nach insbesondere die wesentliche Frage nach dem Verhältnis zwischen Individuum und Gemeinschaft, zwischen Freiheit und Verantwortung. Wir sollten unter diesem Aspekt auf die Coronazeit zurückblicken und uns gleichzeitig mit ganzem Willen nach vorne richten und die Frage beantworten:  Worum geht es uns in der Gesellschaft und auf der Welt?
Eine Idee eint alle, die sich für Waldorfschulen stark machen, die eine Waldorfschule für ihr Kind ausgesucht haben, und die hier ihre Arbeitskraft und Lebenszeit für ihre Schüler:innen einbringen. Sie entsteht durch die tägliche Auseinandersetzung damit, wie wir selbst leben wollen und damit, wie andere leben möchten. Diese Idee fordert von uns, einen nachhaltigen Lebensstil zu entwickeln, unsere Kinder liebevoll auf die Unwägbarkeiten einer sich ständig wandelnden Welt vorzubereiten und Verantwortung für eine enkeltaugliche Zukunft zu übernehmen.
Dieser nachhaltige Lebensstil darf keine Utopie sein. Aber er ist so anstrengend, weil das, was richtig wäre, sich trotz besseren Wissens nicht in Handeln niederschlägt – man denke aktuell an die Schwierigkeit unserer Gesellschaft, klimagerecht zu handeln. Trotzdem müssen wir weiter unser Handeln darauf richten. Wo Visionen sind, entsteht mit dem Fühlen durchdrungene Kraft und kann rückwärtsgerichtetes Erstarren in alten Bildern und Denkmustern überwunden werden. Deshalb streben wir danach, jungen Menschen zu ermöglichen, unvoreingenommen eigene Urteile zu fällen, sich mit Vertrauen und Selbstvertrauen in der Welt zu bewegen, die Folgen ihres Handelns abwägen zu können und das Natur- und das Gemeinwohl im Blick zu haben. Eine Aufarbeitung der Coronazeit ist sinnvoll, wenn der nach vorne gerichtete Blick uns inspiriert und positive Impulse setzt.

 

Kommentare

Es sind noch keine Kommentare vorhanden.

Kommentar hinzufügen

0 / 2000

Vielen Dank für Ihren Kommentar. Dieser wird nach Prüfung durch die Administrator:innen freigeschaltet.