Die Grundstrukturen des Unterbewusstseins bilden sich in den ersten Lebensjahren hauptsächlich aufgrund unserer Erfahrungen. Gepaart mit dem, was jede Seele mitbringt, filtert es fortan unsere Wahrnehmung und steuert unsere Reaktionen mehr, als wir annehmen. Die eigenen Kindheitserfahrungen haben daher einen weitreichenden Einfluss auf das Verhalten von Eltern und Pädagog:innen und damit auf die Ausgestaltung des Unterbewusstseins der Kinder, mit denen sie arbeiten.
Deshalb ist es besonders für Menschen im Umfeld von Kindern wichtig, innere Arbeit zu tun, die eigenen Verhaltensweisen regelmäßig einem Update zu unterziehen und präsenter zu werden. So wachsen Eltern und Pädagog:innen mit den Kindern und können deren gesunde Entwicklung achtsam begleiten.
Macht des Unterbewusstseins
Unser Unterbewusstsein, genauer gesagt, das limbische System, spielt eine wichtige Rolle bei der Steuerung von Emotionen, Gedächtnisprozessen und dem Auslösen von Verhaltensreaktionen. Es hat die wichtige Aufgabe, unser inneres Gleichgewicht zu erhalten. Falls unser System aus der Balance gerät, schlägt es Alarm und aktiviert unser Nerven-Sinnessystem. Dieses sorgt für unser Überleben mit Kampf, Flucht oder Erstarren. Es kann nicht unterscheiden, ob es sich um eine reale oder eingebildete Gefahr handelt.
Im Kampf- und Fluchtmodus wird das Empathiezentrum im Gehirn ausgeschaltet. Das bedeutet, wir können in dem Moment nicht mehr achtsam und liebevoll sein. Es ist wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen: Es gibt nicht die Realität, es gibt nur unsere Realität.
Das limbische System hat eine Filterinstanz, die alles, was über unsere Sinne eindringt, auf Kompatibilität prüft. Was passt, wird integriert. Was nicht passt, wird verzerrt, vereinfacht und passend gemacht. Etwas, das die innere Balance gefährdet, wird ausgeblendet, bevor es in unser Bewusstsein dringen kann.
Welche Auswirkungen hat das auf unsere Kinder? Gefangen in unseren Vorstellungen und Glaubenssätzen können wir oft das Leben, wie es sich in unseren Kindern zeigt, nicht unverfälscht und wertfrei wahrnehmen. Ein Kind, das unser inneres Gleichgewicht mit, für uns gefühlt provokantem Verhalten massiv stört, bedeutet eine Bedrohung für unser System.
Unser System bemüht sich, diesen Gefahrenbereich zu umgehen. Oft versuchen Erwachsene, Kinder passend zu machen. Auch, wenn das liebevoll verpackt wird, beschreiben das Reformpädagog:innen wie Rebeca Wild als das Gegenteil von gewaltfreier Erziehung – schließlich zwingt es Kinder, sich innerlich von sich selbst zu entfremden.
Kinder leben im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Verbundenheit. Sie merken schnell, wenn ihre Autonomie aufgrund unreflektierter Vorstellungen von Erwachsenen eingeschränkt wird. Manche Kinder kämpfen dann. Andere beginnen, sich zu verbiegen. Da Kinder von der Liebe ihrer Eltern abhängig sind, unterdrücken sie ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse, um zumindest bedingt Wertschätzung zu erhalten. Sie bilden Glaubenssätze wie «Ich bin zu viel», «Ich bin nicht gut genug», «Meine Bedürfnisse sind nicht wichtig». So beeinflusst das Verhalten der Erwachsenen die Stimme des Unterbewusstseins der Kinder. Diese teils generationsübergreifenden Traumata setzten sich fort. Auf der Strecke bleibt die Verbundenheit der Kinder mit sich selbst.
Den Kreislauf unterbrechen
Erziehung und Sozialisation hat viele Erwachsene von sich selbst entfremdet. Um jedoch unsere Kinder achtsam und bedürfnisorientiert begleiten zu können und auch bedürfnisorientierte Grenzen setzen zu können, müssen wir uns von limitierenden Folgen unserer Erziehung befreien und neues Vertrauen gewinnen. So können wir unsere verletzten und verschlossenen Herzen wieder öffnen. Innere Arbeit beginnt mit Achtsamkeit: Wenn ich mich hinsetze, still werde und in mich hinein spüren, wie fühlt sich mein Körper dann an? Welche Gedanken sind in meinem Kopf? Welche Gefühle sind wahrnehmbar? So entwickeln wir ein Bewusstsein für die leisen Signale unseres Unterbewusstseins und der Körper wird zu unserem Instrument für innere Heilarbeit.
So entsteht in uns ein Zwischenraum, in dem wir frei werden von den Impulsen unseres alten Systems. Hier können wir in jeder Situation, frei und bewusst, eine bedürfnisorientierte und friedliche Antwort wählen. Eine regelmäßige Achtsamkeitspraxis wird so zum Schlüssel für geistige und emotionale Freiheit und für eine neue Kultur des Miteinanders.
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