Mit dem Schuljahr 2026/27 tritt das neue Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) in Kraft. Es verpflichtet öffentliche Schulträger in allen Bundesländern, einen Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung für Kinder der Klassen 1 bis 4 – in manchen Fällen bis Klasse 6 – zu gewährleisten. Die Einführung erfolgt schrittweise, beginnend mit den Erstklässler:innen. Bis 2029 soll der Anspruch für alle Grundschulkinder gelten. Die Ziele sind klar: Eltern sollen Familie und Beruf besser vereinbaren können, soziale Ungleichheiten sollen sinken und das Bildungsangebot soll flächendeckend wachsen.
Der Bedarf an Nachmittags- und Ferienbetreuung steigt seit Jahren. Studien zeigen, dass etwa 70 Prozent der Eltern eine Ganztagsbetreuung für ihre Grundschulkinder als notwendig ansehen. Viele Familien haben sich bereits an ganztägige Angebote in Kindertagesstätten gewöhnt und wünschen sich eine Fortsetzung dieser Betreuung in der Grundschule.
Doch es geht nicht nur um Betreuung, sondern auch um Bildung. Ganztagsangebote eröffnen Kindern die Chance, ihre Fähigkeiten über den Unterricht hinaus zu entfalten. Sie können motorische, sprachliche und soziale Kompetenzen weiterentwickeln und sich so auch auf ihre Zukunft vorbereiten. Wichtig ist dabei, dass die Qualität der Angebote stimmt. Es soll nicht nur eine bloße Aufsicht geben, sondern auch Bildungs-, Verpflegungs- und Freizeitmöglichkeiten. Sport, Musik, kreative Aktivitäten und gezielte Lernförderung gehören genauso dazu wie eine kindgerechte Gestaltung des Tages.
Die Betreuung soll an fünf Tagen pro Woche mindestens acht Stunden täglich umfassen und höchstens 20 Schließtage pro Schuljahr haben. Für die Umsetzung sind Bund, Länder und Kommunen gemeinsam verantwortlich. Doch die Umsetzung ist komplex. Jedes Bundesland hat eigene Vorgaben und regionale Unterschiede erschweren die Planung – sei es bei der Personalgewinnung, den finanziellen Ressourcen oder der räumlichen Ausstattung.
Besonders der Fachkräftemangel stellt eine große Herausforderung dar. Schon jetzt kämpfen viele Einrichtungen damit, offene Stellen zu besetzen. Um dem entgegenzuwirken, setzen die Länder auf verschiedene Strategien: mehr Ausbildungsplätze, Umschulungsprogramme und die Anwerbung ausländischer Fachkräfte.
Ob das Vorhaben gelingt, hängt stark von der Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen ab.
Folgen für die Schulen in freier Trägerschaft
Für die Schulen in freier Trägerschaft besteht keine Verpflichtung zur Ganztagsbetreuung. Ob ein solches Angebot notwendig ist, sollten Eltern und Lehrer:innen in jeder Schule gemeinsam besprechen und alle Aspekte sorgfältig abwägen. Dabei spielen finanzielle Fragen, sinkende Schülerzahlen, der gestiegene Personalbedarf und die räumlichen Voraussetzungen eine zentrale Rolle.
Eltern, die einen Schulplatz suchen, werden künftig verstärkt darauf achten, ob eine Betreuung am ganzen Tag angeboten wird. Dennoch sollte hier erwähnt werden, dass es keine Pflicht zur ganztägigen Betreuung gibt und es allen Elternhäusern auch weiterhin freisteht, dieses Angebot anzunehmen.
Neue Chancen: Pädagogik aus einem Guss
Alles Neue bietet jedoch auch immer Chancen. Eine ganztägige Betreuung könnte für die Schule die Möglichkeit bedeuten, klassenübergreifende Projekte, welche im normalen Schulalltag nicht unterzubringen sind, zu verwirklichen. Ein anderer Aspekt könnte ein flexiblerer und hygienischerer Stundenplan sein und aus dem Blickwinkel der Kinder, dass der Tag mit mehr Atem und einer Pädagogik aus einem Guss gestaltet werden kann. Die Pflege von Tieren, das Anlegen von Beeten und jahreszeitlichem Begleiten der Pflanzenwelt – all das sind weitere Möglichkeiten, die Kinder näher an die Natur heranzuführen.
In einer Umfrage an allen Waldorfschulen vor zwei Jahren wurde deutlich, dass viele bereits eine Nachmittagsbetreuung anbieten. Allerdings gibt es einen großen Bedarf an Fachkräften mit waldorfpädagogischen Kenntnissen. Aus diesem Grund haben der Bund der Freien Waldorfschulen und die Vereinigung der Waldorfkindergärten die Weiterbildung Waldorf am ganzen Tag (WagT) entwickelt und bieten diese bisher an fünf Seminaren in Berlin, Hamburg, Dortmund, Stuttgart und München an.
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