Ausgabe 01-02/25

Favoriten – ab 12 Jahren

Kolumne Knilli
Bild: Grandfilm


Gleich zu Beginn des Films macht sie ihre zugewandte Haltung deutlich: Die Kamera zeigt ausdrucksstarke Kinderzeichnungen von großstädtischen Wohnblocks, im Ton nennt die Regisseurin jedes einzelne Kind und die charismatische Klassenlehrerin beim Namen.

Ilkay Idiskut heißt die Lehrerin. Ilkay ist Anfang dreißig und hat türkische Wurzeln. Sie ist Lehrerin aus Leidenschaft. Ihrer Klasse ist sie fachlicher und menschlicher Kompass. Die Kinder stammen von mehreren Kontinenten, manche aus Kriegsgebieten. Für die meisten ist Deutsch nicht die Muttersprache, viele tun sich noch schwer damit.

Von der zweiten bis zur vierten Klasse tauchen wir in den Schulalltag ein, lernen das kraftvolle Potential, aber auch die Nöte der Mädchen und Jungen kennen. Die selbstbewusste Ilkay fördert und fordert die Kinder mit einer Mischung aus Strenge und Humor und schier unendlicher Geduld: in punkto Schulstoff, beim Spracherwerb und vor allem in Sachen Konfliktbewältigung. Alle gesellschaftlich brisanten Fragen sind in diesem Klassenzimmer präsent: Krieg, Flucht, Kulturclash, Religion, Geschlechterrollen. Die Klassenlehrerin hinterfragt, steht Rede und Antwort, weist den Kindern den Weg.

Filmemacherin Beckermann interessiert sich für die Perspektive der Kinder. Sie übergibt ihnen ein Handy mit Stativ, bittet sie, sich gegenseitig zu befragen und zu beobachten: beim Spielen, Plaudern, Streiten. Auch die geschätzte Klassenlehrerin wird interviewt. Das professionelle Filmteam wiederum dreht die Kinder dabei. Es entstehen spannende Momente, die den vielschichtigen Vorgang dokumentarischen Arbeitens reflektieren.

In einer Schulstunde erzählen die Kinder stolz von den Berufen ihrer Eltern: Straßenarbeiter, Bauarbeiter, Taxifahrer, Schneider, Krankenschwester, Hausfrau. Und sie sprechen von ihren eigenen Berufswünschen: Wissenschaftlerin, Astronaut, Lehrerin, Polizistin, Feuerwehrfrau. Das staatliche Schulsystem stellt auf ihrem Bildungsweg allerdings schon am Ende der vierten Klasse die ersten, unerbittlichen Weichen. Herzzerreißend sind die wiederkehrenden Situationen, in denen Kinder wegen schlechter Noten schluchzend in der Schulbank sitzen. Angesichts der Härten und Mängel des Schulsystems kommt auch die engagierte Lehrerin an ihre Grenzen. Am Tag der Faschingsfeier verabschiedet sie sich von ihrer vierten Klasse, weil sie in den Mutterschutz geht, und muss den Kindern sagen, dass von behördlicher Seite noch keine Kollegin gefunden ist, an die sie die Klasse übergeben kann: Die schwangere Ilkay, als Mann verkleidet, steht mit Kurzhaar-Perücke und Faschingsvollbart vor ihrer Klasse und kämpft mit den Tränen.

Fazit: Dieser Film zeigt, wie herausfordernd, sinnvoll und schön der Lehrer:innen-Beruf ist!

Im Bereich Medien auf der Webseite der Erziehungskunst können Sie alle bislang veröffentlichten Filmempfehlungen für Kinder und Jugendliche nachlesen.

Kommentare

Es sind noch keine Kommentare vorhanden.

Kommentar hinzufügen

0 / 2000

Vielen Dank für Ihren Kommentar. Dieser wird nach Prüfung durch die Administrator:innen freigeschaltet.