In der Schule fällt es ihm schwer, sich zu konzentrieren und als sein Mitschüler Leon einen miesen Kommentar über seine Mutter fallen lässt, schlägt er zu. Im Büro seines Rektors, der unerwartet freundlich ist, traut er sich zu reden: seine Patchwork-Familie aus Mama, Stiefvater Frederik, Schwester Charlie und den Nervensägen-Zwillingen Elli und Olli bekommt Nachwuchs – und das bringt nicht nur Cole ziemlich durcheinander. Und während die Schwangerschaft seiner Mutter das Familiengefüge auf die Probe stellt, fühlen sich die Geschwister von ihrem leiblichen Vater immer öfter im Stich gelassen. Vor allem seine Schwester und absoluter Lieblingsmensch Charlie zieht sich immer mehr zurück. Aus der leichtfüßigen Tänzerin, die ohne Probleme Verantwortung übernimmt, wird mehr und mehr ein Geist, zu dem niemand so richtig vordringt. Ob das die Pubertät ist? Coles eigene Pubertät ist zumindest in vollem Gange, mit ersten Küssen und verrückten Hormonen. Gut, dass er seinen besten Freund Philipp an der Seite hat. Und Frederik ist eigentlich auch schwer in Ordnung. Doch die Situation mit Charlie spitzt sich zu, sie isst kaum noch und ist eines Tages verschwunden. Hat er als Bruder zu spät reagiert? Und wer ist hier eigentlich für wen verantwortlich?
Judith Mohr schafft mit Cole einen einfühlsamen und differenzierten Erzähler, der die Schwierigkeiten eines sich verändernden Familiengefüges erfahrbar werden lässt. Spannend sind dabei die unterschiedlichen Männerfiguren in ihrem Umgang mit Emotionen und Verantwortung. Während der leibliche Vater sich überfordert auf sich selbst konzentriert, werden mit dem Stiefvater Frederik und dem besten Freund Philipp sozial kompetente und emphatische männliche Bezugspersonen gezeigt, an denen sich Cole orientieren kann.
Die beginnende Magersucht seiner Schwester Charlie wird eindrücklich und authentisch aus der Perspektive des großen Bruders erzählt. Dabei wird die Gefährlichkeit dieser Krankheit nicht verharmlost und das Ringen mit der Frage nach Schuld und Verantwortung betroffener Familien gezeigt. Ein berührender Roman, der für die Herausforderungen im Umgang mit familiären Konflikten sensibilisiert.
Judith Mohr: Cole und die Sache mit Charlie. 207 Seiten. Verlag freies Geistesleben. Stuttgart, 2024. 18 Euro.
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