Im sechsten Schuljahr wird im Hauptunterricht Europa behandelt und ein erster Blick auf die Länder unseres Kontinentes gerichtet. Da darf Frankreich natürlich nicht fehlen und kann gut auch im Fremdsprachenunterricht seinen Platz haben. Schüler:innen dieser Altersstufe haben Freude an Sketchen und Geschichten, die mit List und Witz Kurzweiliges erzählen, vom bretonischen gelassen-weisen Fischer über den versnobt-altklugen Pariser Ingenieur bis zum pfiffigen südfranzösischen Bauern. In der Landeskunde will Typisches entdeckt werden, ohne dass man Stereotypen und Klischees aufsitzt – ein sensibler Prozess, der mit Humor und dem Wissen, dass alles auch anders sein kann, etwas sehr Charmantes haben kann.
Asterix, Obelix, das gallische Dorf und der ewige Konflikt mit den Römern – allseits bekannt und beliebt. Die Texter und Zeichner der sympathischen Figuren, René Goscinny und Albert Uderzo, haben nicht nur die bekannteste Comicserie Frankreichs geschaffen, sondern gleichzeitig auch auf die französische Mentalität geblickt. Auf französisch werden Comics bande dessinée, kurz BD, genannt, wörtlich bedeutet das gezeichnete Streifen. Zwar vor allem als Unterhaltung gedacht, zeigt die Serie, die sich Band um Band fortsetzt, auch Facetten auf, die Wahres enthalten, jedoch phantasievoll Raum für unterschiedliche Interpretationen bieten.
Die Autoren hatten sich mit der Kultur Roms auseinandergesetzt und dieses Detailwissen einfließen lassen. Frankreichs historische Wurzeln gehen einerseits auf die römisch-lateinische Kultur zurück, so dass die BD bereits im Hinblick auf die Römer ein Blick in die eigene Konstitution ist. Andererseits ist auch die gallisch-keltische Kultur, beschrieben im gallischen Dorf, Wurzel der französischen Mentalität, die sich nicht ohne Konflikte mit der römischen auseinandergesetzt und vermischt hat. Neben feinem Sprachwitz, den es zu verstehen gilt, gibt es auch immer wieder Anspielungen auf politische und gesellschaftliche Ereignisse. Manches lässt sich nur erahnen, manches ist offensichtlicher – es bleibt Raum für Interpretation, so wie es dem künstlerischen Prozess innewohnt, auch wenn es vermeintlich nur eine BD ist.
Vercingetorix, der Gallierfürst, der im Jahre 52 vor Christus die gallischen Völker gegen die drohende Eroberung durch Julius Cäsar vereinte, wenngleich er dann doch unterlag, ist eine Nationalfigur Frankreichs. Asterix und Obelix sind in dieser Zeit angesiedelt. Stark, aufrecht, unbeugsam, freiheitsliebend, aufständisch – Attribute, die man gern in Erinnerung ruft. Noch heute ist village gaulois (das gallische Dorf) in Frankreich ein geflügeltes Wort, wenn man von Lebensfreude, Diskussions- und Streitlust, rebellischem Geist gepaart mit einer Neigung zu einem gewissen Chaos und Laissez-faire spricht. Essen, Trinken, Musik und Feiern gehören unbedingt dazu.
Landeskunde lässt sich in verschiedenen Formen mit Schüler:innen behandeln. Das Kennenlernen der Landkarte und der geographischen und klimatischen Bedingungen, die das Land und das Leben dort ausmachen, eine fiktive Reise durch die Regionen mit ihren Besonderheiten oder auch das literarische Kennenlernen der Mentalität, die sich in den Regionen ebenso kristallisiert wie auch im ewigen Gefälle zwischen Stadt und Land – in der Mittelstufe ist vieles möglich. In der Oberstufe wird man auch aktuelle Probleme und Fragestellungen aufgreifen, die das Zeitgeschehen im Land mit sich bringt, und außerdem tiefer in die Originalliteratur eintauchen.
Asterix und Obelix können im Originaltext in der Oberstufe eine interessante Unterrichtseinheit darstellen, sind in der Mittelstufe aber nur in kleinen Sequenzen für den Fremdsprachenunterricht geeignet. In künstlerischer Freiheit kann man diesen beiden sympathischen Gestalten aber vielleicht sogar eine passende, wenn auch fiktive Episode in den Mund legen, etwa den amüsanten Sketch vom Streit um den kleinen und den großen Apfel und die List, durch die der große Apfel schließlich an den Klügeren der beiden geht, während der andere das Nachsehen hat*. Lesend die Szene kennenlernen, zu zweit den Dialog üben und vor den Mitschüler:innen präsentieren, eventuell in einer schwierigen und einer einfacheren Form im Sinne der Binnendifferenzierung; als gesamte Klasse die Szene einüben, in Kostümen auf der Schulfeier aufführen – Landeskunde kann auf verschiedener Ebene das Leben von Land und Leuten veranschaulichen und auf unterhaltsame Weise Horizonte eröffnen. Vive la France!
*Der Text ist bei der Verfasserin erhältlich.
Kommentare
Es sind noch keine Kommentare vorhanden.
Kommentar hinzufügen
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Dieser wird nach Prüfung durch die Administrator:innen freigeschaltet.