Lesen und Schreiben können

In Deutschland leben 7,5 Millionen Menschen, die Lesen und Schreiben zwar gelernt haben. Sie haben jedoch verlernt, dies auch anzuwenden. Man nennt sie: funktionale Analphabeten. Es gibt außerdem 13,3 Millionen Menschen, die nur ein bisschen lesen und schreiben können. Man nennt das: schwache Schriftkompetenz. In beiden Gruppen werden auch Menschen mitgezählt, die noch nicht so lange in Deutschland leben.
Ein Viertel der Bevölkerung kann also nicht so lesen und schreiben wie ich. Es gibt deshalb die Möglichkeit, Texte einfach oder leicht zu schreiben. Um Leichte Sprache schreiben zu können, muss man viele Regeln kennen. Einfache Sprache ist nicht so schwer zu schreiben. Ich habe gerade zusammen mit Kolleg:innen etwas über Einfache Sprache gelernt. Üben muss man das Schreiben in Einfacher Sprache aber auch!
Liebe Leser:innen, an dieser Stelle verzichte ich auf weiteres Üben. In dem kurzen Workshop zur Einfachen Sprache wurde mir klar, dass eine Pädagogik, die so erklärungsbedürftig ist wie die Waldorfpädagogik, zwangsläufig elitär und exkludierend sein muss. Sie ist per se rund 40 Prozent unserer erwachsenen Mitmenschen nicht zugänglich, solange wir unendliche Seiten von Büchern, Zeitschriften und Internetauftritten mit Artikeln und Texten in schwerer Sprache füllen. Selbst dann, wenn wir versuchen, einen modernen, entstaubten Sprachduktus zu wählen, erreichen wir diese Menschen nicht.
Bildungsgerechtigkeit schaffen wir selbstverständlich nicht nur dadurch, dass wir Waldorfpädagogik in Einfacher Sprache vorstellen. Wir schaffen dann Bildungsgerechtigkeit, wenn Eltern durch adäquate Ansprache alle alternativen Schulsysteme deutlich werden, und sie aktiv und begründet eine Wahl für ihr Kind treffen könnten.
Waldorfpädagogik auch in Einfacher Sprache zu erklären, ist sicherlich eine herausfordernde Aufgabe. Aber auch ein möglicher Weg, unsere Schulen vielfältiger, inklusiver und gerechter werden zu lassen. Ich werde dieses Thema weiter bewegen!