Ausgabe 01-02/25

Machenschaften, Mut und Menschlichkeit

Christian Boettger


Diese Kinder erlebten durch Erwachsene unmenschliche Lebensbedingungen. Sie wurden emotional vernachlässigt und in keiner Weise gefördert. Stattdessen waren sie körperlicher Gewalt und Druck ausgeliefert, es entstanden Ängste und Scham. Ein Phänomen, das in der Nachkriegszeit und durch die unverarbeiteten Haltungen des Nationalsozialismus leider keine Ausnahme in Deutschland war, wie wir aus vielen
Schilderungen wissen, so etwa in den Büchern von Clemens Maria Heymkind.

Der Roman von Kiel-Hinrichsen ist sehr spannend zu lesen und enthält ein Vorwort von Professor Bernhard Schmalenbach, der die Inhalte historisch einordnet. Wie schafft es die Leitungscrew, sich so abzusichern, dass ihre Machenschaften in den Ministerien und in ihrer Umgebung nicht auffallen? Wie gelingt es einer jungen Frau, die zunächst als Praktikantin und dann als Kinderkrankenschwester jeweils nur kurz dort arbeitet, mit all ihrem Mut und ihrer Menschlichkeit für die vernachlässigten Jungen schließlich die Machenschaften aufzudecken und die Haupttäter:innen zu überführen und vor Gericht
zu einer Verurteilung zu bringen?

Ein Kapitel in der Geschichte Deutschlands, das bis jetzt noch viel zu wenig beleuchtet wurde. Eine Geschichte, die sich auch gut für Referate eignet. Von der Thematik der wirklich agierenden Menschen her passt das Thema weniger an das Ende der Klassenlehrer:innenzeit als in die Zeit des Sozialpraktikums. Auf jeden Fall kann ich es mir auch gut für den Religions- oder Ethikunterricht vorstellen. Eltern und Lehrer:innen
bietet es viele tiefe Fragen an ihre Rollen und Aufgaben und viel Stoff zum Nachdenken. Insbesondere die Frage, die auch für Monika Kiel-Hinrichsen zu ihrer tiefschürfenden Recherche geführt hat: Gibt es in unserer Familie Familiengeheimnisse?

Monika Kiel-Hinrichsen: Burgschattenkinder – Leben zwischen Gewalt und Hoffnung. 400 Seiten, Novalis-Verlag, Köln 2023, 24 Euro. 

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