Ausgabe 09/24

Sonita – ab 13 Jahren

Kolumne Knilli
Kinescope Film

Sonita:«Nein, ich war halt noch nie verliebt.» Rokhsareh: «Hast du Angst, dass deine Familie meinen Film sehen könnte?» Sonita: «Okay, jetzt nehme ich mal deine Kamera und stelle dir Fragen.»

Der Dokumentarfilm Sonita von Rokhsareh Ghaem Maghami (D/IR/CH 2015, 91 Minuten) ist Empowerment pur. Der Film heißt wie seine selbstbewusste 18-jährige Protagonistin. Die schmale junge Frau mit dem ernsten Blick ist als Kind mit ihrer Familie vor den Taliban aus Afghanistan in den Iran geflohen. In Teheran lebt sie ohne Papiere, kann keine offizielle Schule besuchen und muss Geld für die Familie verdienen. Wenigstens gibt es eine Hilfsorganisation, die sie und andere Kinder dabei unterstützt, ihre Flucht-Traumata zu überwinden. Sonita ist trotz aller Widrigkeiten stark und zuversichtlich. Und sie hat Talent. Im Hinterhof der Hilfsorganisation performt sie selbst geschriebene Rap-Songs vor ihren begeisterten Freundinnen. Obwohl es im Iran für eine Frau verboten ist, als Sängerin auf der Bühne zu stehen, ist genau das Sonitas Ziel. Eine professionelle Aufnahme wäre der nächste Schritt. Zusammen mit einem Freund klappert sie ein Tonstudio nach dem anderen ab: ein aussichtsloses Unterfangen! Doch das Schicksal belohnt Sonitas Beharrlichkeit. Die iranische Filmemacherin Rokhsareh Ghaem Maghami wird auf sie aufmerksam und beginnt, einen Dokumentarfilm über sie zu drehen.

Kurze Zeit später reist die Mutter an und erklärt, dass Sonita in Afghanistan gegen einen Preis von 9.000 Dollar an einen fremden Mann verheiratet wird, damit ihr Bruder wiederum sich von diesem Geld eine Braut kaufen kann. Auch wenn derlei Braut-Handel in Afghanistan Tradition ist, Sonita weigert sich. Vor laufender Kamera fordert sie die Filmemacherin auf, ihr zu helfen. Von diesem Zeitpunkt an wird Regisseurin Rokhsareh endgültig eine weitere Protagonistin im Film. Wir erleben, wie sie mit sich ringt, ihre rein beobachtende, neutrale Haltung als Dokumentaristin aufzugeben und ihrem Mitgefühl zu folgen.

Was dann passiert, klingt wie im Märchen: Die Regisseurin zahlt der Mutter einen Teil des Kaufpreises. So gewinnt Sonita Zeit. Sie verwandelt ihren Zorn und ihren Schmerz in einen Song. Heimlich dreht sie ein Musikvideo gegen Zwangsheirat und für ein selbstbestimmtes Leben muslimischer Frauen. Sie singt im weißen Brautkleid, ein Maskenbildner schminkt ihr ein blaues Auge und einen Barcode auf die Stirn. Über Youtube wird Sonitas mitreißender Song weltweit bekannt. Eine amerikanische Universität bietet ihr ein Stipendium für ein Musik-Studium an.

Die wahre Geschichte dieser jungen Frau berührt und rüttelt auf. Der Film ist auf DVD und im Streaming erhältlich. Da er einige wenige Szenen enthält, die Krieg und Gewalt thematisieren, empfehle ich ihn erst ab 13 Jahren.

Im Bereich Medien auf der Webseite der Erziehungskunst können Sie alle bislang veröffentlichten Filmempfehlungen für Kinder und Jugendliche nachlesen.

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