Ausgabe 04/25

Über uns von uns – ab 14 Jahren

Kolumne Knilli
Bild: ©Tondowski Filmproduktion


Zahraa, Wessam, Reem, Semav, Mirna, Mariana und Andrea heißen die Freundinnen, deren gleichermaßen kraftvolles wie fragiles Lebensgefühl wir in dem Film Über uns von uns kennenlernen. Alle haben eine Migrationsgeschichte. Sie sind Araberinnen, Kurdinnen und Romnija im Teenager-Alter. Ein paar von ihnen tragen den Hijab, eine Kopfbedeckung der Muslimas. Alle sind neu im Städtchen Eberswalde in Brandenburg und fühlen sich noch fremd.

Die jordanische Regisseurin Baruty schenkt ihren Protagonistinnen Zeit und Engagement. Über vier Jahre arbeitet sie mit den Mädchen zusammen. Sie begegnet ihnen mit freundschaftlichem Interesse und erschließt sich direkt das Vertrauen der Jugendlichen. Baruty dreht nicht nur beobachtend oder führt Interviews, sondern initiiert jedes Jahr künstlerische Workshops in Schreiben, Bildender Kunst, Musik oder Schauspiel für die Gruppe. Sie lädt dazu Künstler:innen verschiedener Nationalitäten als Mentor:innen ein. Durch die künstlerische Auseinandersetzung mit sich selbst lernen die Mädchen sich auszudrücken und ihre Situation zu reflektieren. 

Diese Workshops sind die Substanz des Films. Baruty: «Als Regisseurin betrachte ich die jungen Frauen als aktive Teilnehmerinnen und nicht als Subjekte des Films. Dieses Gefühl wird durch die Wahl eines performativen und partizipativen Erzählansatzes unterstützt, bei dem die Mädchen ihre eigenen Erfahrungen durch Rollenspiele und Schauspiel nachstellen. Der Prozess des Filmemachens soll eine Form der Entdeckung und des Ausdrucks sein, die den Mädchen hilft, sich selbst besser zu verstehen und auf die Heilung vergangener Traumata hinzuarbeiten, während sie Gemeinsamkeiten entdecken und versuchen, ihre neue Realität zu schaffen.» Ein Konzept, das überzeugt. 

Nach und nach lernen wir die Perspektive der jungen Einwanderinnen kennen. Ihr Leben ist ein Balanceakt zwischen Selbstbewusstsein und Ausgrenzung, Temperament und Sanftheit, Individualität und Tradition. Tastend suchen sie ihre Position im Leben, ihren Platz in unserer Gesellschaft. Während der Drehzeit absolvieren alle zunächst die Pflicht-Schuljahre und hoffen auf eine Zukunft als Polizistin, Ärztin, Flugbegleiterin, Restaurantbesitzerin oder Künstlerin. Aber was wird tatsächlich der nächste Schritt sein: Praktikum, Ausbildung oder weiterführende Schule? Die Filmerzählung gipfelt in surrealen Filmsets, in denen die Mädchen ihre Träume ausleben: Mariana zum Beispiel ist Polizistin in sportlichem Overall und Hijab und überwältigt einen männlichen Gewalttäter mit wenigen professionellen Handgriffen, bevor sie auf ihrem Motorrad davonbraust. Oder Mirna: Sie ist aparte Chefin einer Konditiorei und bietet appetitliche Törtchen zum Verkauf. In den Sahnehauben stecken druckfrische deutsche Reisepässe.

Ich empfehle Über uns von uns ab 14 Jahren, der Film ist als VoD erhältlich.
https://t1p.de/3qwjd

Im Bereich Medien auf der Webseite der Erziehungskunst können Sie alle bislang veröffentlichten Filmempfehlungen für Kinder und Jugendliche nachlesen.

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