Seine Zeitdiagnose ist eindeutig: Unser Wohlstand beruht auf der Plünderung des Planeten Erde. Vermehrt und immer wieder treten deshalb Krisen auf. Finanzkrisen, Wirtschaftskrisen und die sich verschärfende Klimakrise zum Beispiel. Inzwischen steht für ihn die Gesellschaft am Rande des Abgrundes.
Paech, namhafter Vertreter einer Postwachstumsökonomie, setzt dagegen auf eine demokratisch und genügsam lebende Gesellschaft, auf Befreiung durch Verzicht. Kurz gesagt: Mehr Lebensqualität durch weniger Konsum.
Die angestrebte Reduktion kann erstens durch Suffizienz erreicht werden. Etwa durch Verzicht auf Flugreisen, nicht notwendige Produkte und eine reduzierte Arbeitszeit. Mit der angenehmen Folge eines Lebens ohne Stress und der Befreiung aus Konsumzwängen.
Zweitens durch Subsistenz. Das bedeutet, mehr Eigenproduktion, beispielsweise von Nahrungsmitteln, eine längere Nutzungsdauer vorhandener Produkte durch Instandhaltung und Reparaturen oder deren gemeinschaftliche Nutzung.
Dadurch sinkt die industrielle Produktion und der damit zwangsläufig einhergehende Ressourcenverbrauch. Infolge der reduzierten Arbeitszeiten kommt es nicht zu Arbeitslosigkeit. Die gewonnene Zeit kann für die Eigenversorgung oder gegenseitige Nachbarschaftshilfe eingesetzt werden.
Auch sogenanntes grünes Wachstum stellt keine Alternative dar. Bei dieser Variante wird die ökologische Entlastung unter den Vorbehalt gestellt, dass das Wohlstandsniveau nicht angetastet werden darf. Aber weder können Windräder noch elektrische Fahrzeuge ohne Ressourcen hergestellt und benützt werden. Der Gebrauch elektrischer Autos kann sogar als Alibi für häufigere Autofahrten dienen. So werden ökologische Probleme nur verlagert, sei es in andere Länder, wie es wegen der Rohstoffe für Batterien geschieht, oder in die Zukunft in Form von Schulden. Paech formuliert das Dilemma so: Was plünderungsfrei ist, kann nicht wachsen.
Wenn man die Postwachstumsökonomie anstrebt, dann braucht es einen anderen Lebensstil. Einfach verordnen kann man sie nicht. Für den Rückbau des Wohlstandsmodells sind für Paech ein Bewusstseinswandel und kreatives Unterlassen notwendig.
Kann hier Bildung helfen? Das traditionelle Modell des Aufstiegs durch Bildung ist für Paech kontraproduktiv. Er kritisiert die damit einhergehende zunehmende Anspruchsdynamik. Je höher die Abschlüsse, desto mehr wird ein entsprechendes Einkommen beansprucht. Oft durch Symbolproduktion in Form von Beratung, Coaching oder administrativer Tätigkeiten. Körperliche Arbeit wird dagegen geringgeschätzt. Aber handwerkliche, körperliche Arbeiten sind in einer Postwachstumsökonomie unerlässlich, etwa für selbst ausgeführte Reparaturarbeiten.
Angesichts der krisengeschüttelten Gegenwart kann man das Konzept der Postwachstumsökonomie nicht einfach ignorieren. Auch nicht in den Schulen. Das wäre schon angesichts der wachsenden Hypotheken in Form von Artenverlust, Schuldenbergen und anderem unredlich, welche den künftigen Generationen aufgebürdet werden. Aber gesellschaftliche Utopien oder alternative ökonomische Konzepte sind die eine Seite. Die andere, was damit noch einhergehen müsste. Also was bedeutet das beispielsweise für die Kultur oder das Rechtswesen?
Als wacher Zeitgenosse kann man den Ansatz der Postwachstumsökonomie nicht einfach ignorieren. Paechs Buch fordert heraus und sollte breit diskutiert werden.
Niko Paech: Befreiung vom Überfluss. Eine Postwachstumsökonomie für das 21. Jahrhundert. Das Update. 160 Seiten, oekom Verlag, 2025, 18 Euro.
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