Seit einigen Jahren rege ich mit unterschiedlichem Erfolg dazu an, das Epochenheft zu einem ungewöhnlichen und kreativen Ort der Erfahrung mit Kunst und der Reflexion über sie zu machen. Zu einem Ort, der die eigenen Interessen, Schwerpunkte und Erkenntnisse widerspiegelt.
Zum einen erlebe ich immer wieder, dass in der 11. Klasse viele Jugendliche die Unterrichtsinhalte unerwartet tief und individuell verinnerlichen und mit ihren bisherigen Erfahrungen verbinden. Zugleich ist bei vielen Schülern eine gewisse Epochenheft-Müdigkeit nach so vielen Jahren Umgang mit dieser Form der Verschriftlichung zu bemerken. Zudem kann der Kunstunterricht auch ein Gegengewicht zu Deutsch und Geschichte bilden und dazu gehört auch, dass nicht nur Texte und die klassische Heft- oder Ordnerform zur Verarbeitung und Reflexion dienen.
In diesem Schuljahr griffen besonders viele Schüler der 11. Klasse meinen Vorschlag auf und gestalteten ihre Erfahrungen sehr unterschiedlich. Sie verstanden es treffend, Form und Inhalt einander steigern zu lassen. So entstanden unter anderem: eine Präsentationsmappe, ein Filmtrailer, ein piktogrammartiges Wort-Schrift-Bild, ein Zauberkasten, ein kunstvoll verschnürtes Briefbündel, ein Heft auf und in einer Jeans, eine reliefartige Wandtapete, eine Zeitung mit Deckblatt als Farbcollage und eine in einer CD-Box versteckte Kunstheft-CD. Zwei Schüler schrieben schließlich ihre Inhalte auf einen zentralen Stuttgarter Platz, unter dem sich der Hauptraum des Kunstmuseums befindet und fotografierten und filmten ihre Aktion.