«Am Anfang des Schuljahres dachte ich, dass in der Mittelstufe alles ganz schön anders und bestimmt auch schwieriger wird als vorher. Aber ich habe mich super dran gewöhnt, es hat Spaß gemacht und jetzt finde ich es meistens sogar leicht!» So sprechen immer wieder Schüler:innen am Ende des fünften Schuljahres.
Zu Beginn, nach den Sommerferien, ist alles neu: Man wandert in der Klassenzahl eine Stufe höher, wechselt den Klassenraum und manchmal sogar das Haus, wie zum Beispiel im Lensahner Schuldorf beim Übergang in das fünfte Schuljahr. Der Übertritt von der Unter- in die Mittelstufe beinhaltet keinen Wechsel der Klassenlehrkraft, doch die Neuerungen sind deutlich und auch weitreichender, als es zunächst den Anschein hat.
Für den Unterricht der Klassenlehrer:innen wären da neu hinzutretende Fächer wie Geschichte, Geografie und Pflanzenkunde zu nennen, im Fachunterricht kommen Werken und Gartenbau hinzu. Und es gibt im Hauptunterricht auch einen neuen Morgenspruch, der die Schüler:innen von nun an bis zur zwölften Klasse begleitet: «Ich schaue in die Welt ...» Das eigene Ergreifen der Wirklichkeit um mich herum löst den Morgenspruch der Unterstufe ab, in dem «Der Sonne liebes Licht ...» das frühere selbstverständliche Eins-Sein mit der Welt widerspiegelte.
Und in der Fremdsprache?
Das nachahmende, tätig-praktische Lernen der ersten Schuljahre wurde bereits in der vierten Klasse erweitert um das beginnende fremdsprachliche Schreiben und Lesen. Dieses bewegte sich erst auf der Ebene des wiedererkennenden Lesens und ging behutsam über in erste unbekannte kleine Texte.
Im fünften Schuljahr wird der Wortschatz ständig erweitert. Eigene, einfache Satzstrukturen werden mündlich und schriftlich geübt, gleichzeitig werden Lernprozesse individueller und mehr durch die eigene Organisation bestimmt. «Das Lernen lernen» ist ein wichtiges Motiv für die Mittelstufe. Regelmäßige fremdsprachliche Hausaufgaben werden etabliert und können themenorientiert Lese-, Lern- oder auch Schreibaufgaben sein. Jedes Kind entdeckt nach und nach, wieviel Zeit und Wiederholung es für bestimmte Aufgaben planen muss, damit die Übungen «sitzen». Kleine, teils individualisierte Aufgaben werden erarbeitet und auch einzeln vor der Klasse vorgetragen. Manches muss abfragbar gelernt werden und auswendig verfügbar sein.
Vieles ist nach wie vor getragen von der praktischen Umsetzung: Wenn zum Beispiel die verschiedenen Örtlichkeiten gelernt werden, werden die zugehörigen Schilder ringsum an den Wänden aufgehängt und man geht auch tatsächlich den kleinen Weg bis dorthin. Begleitend wird entsprechend mit der Anwendung der entsprechenden unregelmäßigen Verben être, aller und venir formuliert, dass man an diesen oder jenen Ort geht, dort ist und von dort zurückkommt. Dies kann von Schüler:innen als Aussagesatz oder auch dialogisch mit vorausgehendem Fragesatz formuliert werden. Ein beliebter Nebeneffekt dieser Übung ist, dass Schüler:innen besonders gern den «Nachbarort», an dem der Freund oder die Freundin gerade stehen, ansteuern. So kann man eine kleine Zeit nebeneinander verbringen, auch wenn man im Unterricht sonst nicht zusammensitzt. Die Zeichnungen liefern anschaulichen Wortschatz auch ohne Übersetzung.
In der Mittelstufe wird das Sprechen vielfach auf der Grundlage des gelesenen Wortes geübt. Was ich als Mittelstufenschüler:in auf Französisch sage, kann ich auch lesen und in kleinen Transferübungen variiert anwenden. Die Verschriftlichung dient der Erweiterung, aber auch der Individualisierung des Sprechens. Wortschatz, Redewendungen und Satzstrukturen werden erfahrungsgemäß von den einzelnen Schüler:innen unterschiedlich ergriffen.
Der sportliche Ehrgeiz spielt dabei eine wichtige Rolle: Nicht nur als Einzelne:r, sondern auch als Klasse schaffen wir es, innerhalb einer gesetzten Zeit eine bestimmte Anzahl an Wörtern, Sätzen und unregelmäßigen Verben sicher zu beherrschen, sie sowohl als Gruppe wie auch einzeln sagen zu können. Dies kann auch in kleine Präsentationen münden: Zum Beispiel kann mit den erlernten Sätzen der eigene Tagesablauf einzeln vor der Klasse aufgesagt werden. Schneller lernende Kinder präsentieren früher, die langsameren sind zu einem späteren Zeitpunkt an der Reihe und haben dadurch eine sinnvolle Lernzeitverlängerung.
Auch der «Verbenführerschein» ist ein besonderes Ereignis. Nach einer angemessenen Übungszeit kann jedes Kind vor der Klasse eine bestimmte Anzahl unregelmäßiger Verben aufsagen und erhält dafür eine kleine Urkunde, gestempelt und mit Datum. Wenn alle dies in der Hand halten, erfüllt nicht nur jedes Kind, sondern auch die Klassengemeinschaft das stolze Gefühl, etwas geleistet zu haben und in der Mittelstufe angekommen zu sein.
Die Kindheitskräfte tragen im fünften Schuljahr noch stark; offen und bereitwillig wird Neues empfangen und ganz selbstverständlich ausprobiert. Der beginnende Mittelstufenunterricht bietet fremdsprachlich viele Facetten: Binnendifferenzierung, Individualisierung, das Erleben von Selbstwirksamkeit, sportliche Herausforderungen und natürlich die fortlaufende künstlerische Pflege des Singens und Rezitierens. In den kommenden Schuljahren werden viele weitere Ausgestaltungen dieser ersten Mittelstufenansätze die fremdsprachliche Arbeit bereichern.
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