Peripherie

Vom Schulhof zum Lebensraum

Bernhard Hanel

«Eine lebendige Schulhofgestaltung kann dazu beitragen, dass Schüler sich wohler fühlen und ihre Pausen aktiver gestalten. Hierbei sollte man auf verschiedene Bedürfnisse und Interessen der Schüler eingehen und ihnen vielfältige Möglichkeiten zum Spielen, Entspannen und Lernen bieten. Eine Möglichkeit ist die Gestaltung von Spielbereichen mit verschiedenen Spielgeräten, wie Klettergerüsten, Schaukeln oder Tischtennisplatten. Hier können Schüler ihren Bewegungsdrang ausleben und sich aktiv betätigen. Eine weitere Möglichkeit ist die Gestaltung von Ruhezonen mit Sitzgelegenheiten und Bänken, die zum Entspannen und Lesen einladen. Hier können Schüler ihre Pause nutzen, um zu entspannen oder sich mit Freunden zu unterhalten. Auch grüne Bereiche, wie Blumenbeete oder Kräutergärten, können den Schulhof beleben und den Schülern die Möglichkeit geben, sich mit der Natur auseinanderzusetzen. Hier können sie lernen, wie Pflanzen wachsen und gedeihen und gleichzeitig ihr Umweltbewusstsein schärfen.»


Die Zeilen, die Sie gerade gelesen haben, habe ich nicht selbst geschrieben. Sie sind das Ergebnis der Stichwörter vom Schulhof zum Lebensraum in 1.000 Zeichen, die ich in die ChatGPT-Software eingegeben habe. Der Text wurde innerhalb von etwas mehr als einer Minute digital erstellt. Was bedeutet das in Zukunft für die Schüler:innen, Lehrer:innen, die Eltern, ja die gesamte Schulbewegung, wenn immer mehr Wissen, oder besser Inhalt, nicht mehr nur zu Verfügung steht, sondern auf Knopfdruck generiert werden kann? Schulen müssen meines Erachtens noch mehr als sie es in seltenen Fällen heute schon sind, zu Lebensräumen umgestaltet, und Lerninhalte mit realen Erlebnissen, wie zum Beispiel Mathematik im Wald, verbunden werden.

Einen kleinen, aber sicher nicht unerheblichen Teil dieses Themenkomplexes möchte ich beleuchten: Die Frage nach der Gestaltung von Schul-Außenräumen, auch Schulhof, oder Pausenplatz genannt. Noch immer ein oft vernachlässigter Raum. Ein Zwischenraum. Zwischen den gebauten Häusern, Beeten und Wegen und den Schulstunden. Dabei kommt ihm, und das nicht erst seit Corona, eine zunehmend bedeutende Rolle zu.

Wenn an uns von KuKuk die Bitte gerichtet wird, einen Schulhof neu zu gestalten, versuchen wir das unter direkter Berücksichtigung der Nutzer:innen zu machen. Zunehmend richten wir dann für einige Tage unser Büro in der Schule ein und arbeiten vor Ort. So können wir die Schule erleben und die Schule uns. Während unserer Anwesenheit beteiligen sich ganze Klassen, die Eltern und Lehrer:innen. Dadurch bauen die Schüler:innen Vertrauen zu uns auf. Sie kommen in den Pausen vorbei, und auch die sogenannten Stillen vertrauen sich uns an.

Was wir in diesen Partizipationsprozessen zunehmend beobachten, ist immer wieder verblüffend und doch ein klar abzulesender Trend: Die Schüler:innen wollen sicher den spektakulären Sportplatz, die Skateanlage, die Workout-Station, das Schwimmbad und den Kiosk. Aber mehr und mehr wollen sie Rückzugs-Orte, viel Natur, vor allem auch wilde Natur und immer wieder Tiere. Je länger man mit ihnen arbeitet und je authentischer und freier sie sein dürfen, umso mehr beschreiben sie nicht mehr einen gut ausgestatteten, möblierten Schulhof, sondern einen kreativen, künstlerischen und naturnahen Lebensraum. Und diesem essenziellen Wunsch der Schüler:innen müssen wir nachkommen. Unbedingt. Wie wäre es, wenn am Eingang der Schule immer ein Feuer brennt, man über ein mit Trittsteinen gestaltetes Wasserbecken gehen muss, wenn es im Schulhof überall duftet, nach Erde riecht und einheimische Pflanzen den Raum definieren? So begegnet den Kindern und Jugendlichen täglich das Wesentliche in Form der vier Elemente. Sollte das nicht die Grundlage aller Bildung sein? Uns allen ist doch klar, dass der Biographie-Rucksack der Kinder sehr gut gepackt sein muss, damit sie sich in der zunehmend komplexer werdenden Welt nicht nur zurechtfinden, sondern auch bereit sind, an ihrer Gestaltung mitzuwirken.

Vor mehr als 15 Jahren hatten wir unser bis heute größtes Beteiligungsprojekt. Es war an der Waldorfschule Dortmund. Fünf Tage lang haben alle Schüler:innen und Lehrkräfte von Klasse eins bis elf ihren Schulhof gestaltet. Ein Jahr sorgfältiger und intensiver Vorbereitung war vorausgegangen. Die Tage waren ein Schul-Märchen. Wie in einem Ameisenhaufen wurde gearbeitet, gestaltet, sich begegnet, bewundert, aufgebaut, geschwitzt, gelacht, gescheitert, wurden soziale Kompetenzen aufgebaut und Erfolge gefeiert. Ein Junge der vierten Klasse war besonders aktiv und auch am Nachmittag noch da. Er ging erst, wenn wir gingen. Und das war oft erst um 20 Uhr. Zur Einweihung am Samstag kam er mit Fieber. Die Woche war dann doch über seine Kräfte gegangen. Als wir gingen, dann der Satz: «Schade, dass ihr geht, denn genauso stelle ich mir Schule vor». Das saß und beflügelt bis heute, den Kindern und jungen Menschen diese Erfahrungen zu ermöglichen. Selbstwirksam zu sein. Die Welt, in die sie hineingeboren wurden, zu gestalten. Und ein nicht unwesentlicher Teil dieser Welt ist in ihrer Kindheit und Jugend eben die Schule. Gestalten wir sie um zu einem Lebensraum, in dem es dann leicht fällt, zum Lebendigen zu erziehen. Gegenseitig. Alle.

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