Ausgabe 10/24

Vom Umgang mit einem nicht greifbaren Geheimnis

Angelika Lonnemann

Denn wahrscheinlich mussten Eltern schon in der Steinzeit ihre Kinder auffordern, sich zu beeilen, wenn der Sonnenuntergang oder Säbelzahnkatzen näher kamen. Und wahrscheinlich denken Eltern sich auch schon lange Spiele aus, um die grässliche Langeweile zu vertreiben. Der Philosoph Blaise Pascal notierte in der Mitte des 17. Jahrhunderts: «Nichts ist dem Menschen unerträglicher als völlige Untätigkeit […] Alsogleich wird dem Grunde seiner Seele die Langeweile entsteigen und die Düsternis, die Trauer, der Kummer, der Verdruss, die Verzweiflung.» Die Autorin und Waldorfmutter Susanne Bregenzer beschreibt in ihrem Text, was passiert, wenn sie ihren Kindern Langeweile zumutet.

In den menschlichen Zellen finden Wissenschaftler:innen kleinste Vorgänge, die unsere innere Uhr erklären. Rhythmus verlangt nach Wiederkehrendem in einer regelmäßig vergangenen Zeit, und Rhythmus findet sich auch im Großen, etwa bei der Wiederkehr der Nähe der Planeten zur Erde. Unser Autor Nathanael Dreißig stellt den aktuellen Forschungsstand vor und macht uns Mut, den eigenen Rhythmen im Körper zu lauschen, um uns und unseren Kindern Kraft zu geben.

Anne Brockmann hat mit Vertreter:innen der Windrather Talschule gesprochen, wo sich das Kollegium dazu entschlossen hat, die übliche 45-Minuten-Taktung aufzugeben. Ein spannendes Projekt! Heidi Käfer nimmt uns mit in unser beschleunigtes Zeitalter und fragt die Sozialwissenschaften nach Lösungen für das Problem der Zeitknappheit. Und ihre gefundenen Antworten haben richtig viel mit Waldorfpädagogik zu tun.

Auch sonst haben wir in diesem Heft viele schöne Texte über Projekte an und rund um Waldorfschulen. In Offenburg haben zwei Oberstufenschüler eine Podiumsdiskussion mit jungen Politiker:innen an ihrer Schule organisiert. Sven Saar, der Heraus­geber des Buches Beziehungskunst hat über heutige Ansätze zur Sexual­kunde in etlichen Schulen gesprochen und beschreibt dies. Die Waldorfphilharmonie gibt es inzwischen seit 20 Jahren. Laurenz Wolf beschreibt seine Begeisterung über dieses Projekt. Sebastian Knust berichtet von dem sehr erfolgreich verlaufenen ersten Bildungsfestival auf Schloss Hamborn. Und Annette Pichler beschreibt, wie die heutige anthroposophische Heilpädagogik gedacht werden muss. Anlass ist das 100-jährige Jubiläum des Heilpäda­gogischen Kurses von Rudolf Steiner.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und einen laubblattrauschenden Oktober!

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