Jugendbuch

Von der Magie der Musik

Florentine Hein

Maya Anim arbeitet als Geschäftsfrau in München. Da ist kaum Zeit für Tochter Nell, die an ihren Exmann abgeschoben wird. Doch dann erfährt Maya vom Tod ihres Vaters, sie erbt sein Haus im beschaulichen Dorf Hintermindel. Xaver Anim war Geigenbauer, ein alter Beruf, der Handwerk und Kunst miteinander verbindet. Und Xaver verband noch mehr miteinander. In seiner Werkstatt, die er das «Reich der Mythen» nannte, verschmolz die sichtbare Welt mit der unsichtbaren. Hier leben Elfen und Zwerge, hier schwingt die Musik, hier ist es möglich, Seelen zu heilen.

Als Maya nach Hintermindel reist, wird sie mit all dem konfrontiert, was sie bisher zu verdrängen suchte. Doch nach und nach kehrt ihre Erinnerung zurück: Daran, wie sie als kleines Mädchen Geige spielte, an das Lichtwesen Wurzel, das sie beschützte[AB1] , und an die unaufdringliche Weisheit ihres Vaters. Doch wegen all dem wurde Maya in der Schule gemobbt. Jetzt klammert sie sich verzweifelt an «ihre» Realität.

Meisterhaft beschrieben sind die Momente, in denen die Erinnerung durchbricht. Als Leser:in stellt man sich unweigerlich die Frage, welche Erinnerungen an die eigene Kindheit man selbst ausgeblendet hat, was der Realität weichen musste. Umso größer ist die Freude über diese fast märchenhaft anmutenden Ausschnitte, über Sätze wie: «Jede Geige hat unzählige Geschichten. Jede Kerbe im Holz eine eigene kleine Welt.»

Eingeflochten in die Geschichte ist fundiertes Wissen über Geigenbau. Eigen ist Autorin Brenz ein Humor, der immer wieder hervorbricht. Besonders besticht jedoch der emotionale Erzählstil, der unweigerlich in die Geschichte hineinzieht und alle Gefühle hautnah miterleben lässt.

Am Ende ist klar: Nicht nur Musik berührt die Seele – ganz bestimmt auch dieses Buch!

 

Julei Brenz: Seelenmusik. Das Erbe des Geigenbauers. 456 Seiten, Selbstverlag, 2024, 15,90 Euro.

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