Ich vermute, eine richtige Waldorfschule könnte auf diese Attribute verzichten, solange es Waldorflehrer:innen gibt. Denn die machen Waldorfschule aus. Für mich, die ich Kinder an einer Waldorfschule und an staatlichen Schulen hatte, war das Ungewöhnliche, das ich an vielen Waldorflehrer:innen wahrnahm, der besondere, warmherzige Blick auf das Kind als Mensch, der offenkundig tiefer ging als der Blick auf Leistung und Verhalten im Klassenzimmer.
Nun haben wir in der Waldorfwelt das gleiche Problem wie die anderen Schulträger, egal ob Kommune oder Kirche. Wir brauchen Lehrer:innen. Waldorfpädagogik kann man nur an unseren Waldorfhochschulen und -seminaren studieren, aber auch dort werden aktuell mehr Studierende gesucht.
Aber gleichzeitig gibt es an vielen Schulen die Beobachtung, dass Waldorfpädagogik ansteckend ist. Etliche Mütter und Väter finden die Schule ihrer Kinder so besonders, dass sie sich entschließen, selbst Waldorflehrer:in zu werden. Das macht Hoffnung, denn je mehr Waldorfschulen es gibt, desto mehr neue Eltern mit viel Potenzial kommen an die Schulen. Sie als Leser:in der Erziehungskunst können auch mithelfen und Waldorfbotschafter:in werden: Sprechen Sie Verwandte, Freund:innen, Nachbar:innen an, ob die nicht Waldorflehrer:innen werden wollen.
Der Bund der Freien Waldorfschulen startet demnächst eine Kampagne, die mehr Menschen dazu anregen soll, Waldorflehrer:in zu werden (siehe der Artikel von Nele Auschra). Die Lehrerin Nadine Mescher öffnet für uns das Klassenzimmer und lässt uns teilhaben an ihrer Freude, Waldorflehrerin zu sein. In unserer Checkliste finden Sie Wege zum Beruf des/der Waldorflehrer:in. Laura Krautkrämer stellt beispielhaft die Freie Hochschule Mannheim vor, an der man Waldorfpädagogik studieren kann.
Ansonsten berichtet in dieser Ausgabe die ukrainische Waldorflehrerin Olena Mezentseva von der dramatischen Situation der Waldorfschulen in der Ukraine. Wir stellen die Waldorflehrerin Inga Feige vor, die Hühner vermietet. Der Klassenlehrer Stefan Weishaupt aus Lensahn beschreibt das Zwölftklassspiel Gott und wie sich Schüler:innen und Publikum als fiktionaler Ethikrat zur Frage des freibestimmten Sterbens entschieden haben. Und last, not least: Wie geht es eigentlich Alleinerziehenden an Waldorfschulen? Davon berichtet unsere Redakteurin Heidi Käfer.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und einen fidelen Juli!
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