Vor zehn Jahren entstand an unserer Schule die Wärmeinsel Kinderküche, als Reaktion auf die Verdoppelung der Anzahl der betreuten Kinder, nachdem es erstmals an der Schule zwei erste Klassen gab. Sie ist ein ruhiger Raum, durch den der Duft von Teekräutern oder frischen Brötchen oder des Mittagessens hindurchzieht, und in der eine Erzieherin und eine Helferin für eine warme Atmosphäre sorgen. An vier Tagen in der Woche wird dort gemeinsam geschnippelt, gerührt, gekocht und gebacken. Dazu gibt es eine Pause mit Tee mit Honig, ein Lied – und eine Geschichte rundet alles ab. So wird ein Raum geschaffen, in dem das Kind wieder Anschluss findet an das Kohärenzgefühl. Das Grundgefühl, innerlich zusammengehalten zu werden und auch im Außen Halt zu haben.
In der Wärmeinsel lernen die Kinder, für ihre Klassenkamerad:innen zu sorgen, wodurch sich Eigenverantwortung und Sozialkompetenz weiterentwickeln. Nicht zuletzt verwenden wir überwiegend vollwertige biologisch-dynamische Produkte aus eigener Herstellung.
Wir möchten den Schulkindern nahebringen, wie natürliche Lebensmittel erzeugt und verarbeitet werden. Darum ernten wir im Schulgarten frische Kräuter und im kleinen Garten hinter dem Sonnenhaus wächst Gemüse. Alle Lebensmittel, die wir darüber hinaus benötigen, kaufen wir bewusst in unserem Natura-Laden Schloss Hamborn, wobei wir die hofguteigenen Produkte bevorzugen.
Die pädagogische Praxis hat gezeigt, dass immer mehr Schüler:innen die individuelle Betreuung in der Kinderküche brauchen. Einige Kinder schaffen es kräftemäßig nicht, einen Schulvormittag in der ganzen Klasse zu verbringen. Die Überforderung dieser Kinder zeigt sich oft in Erschöpfung, Unruhe und störendem Verhalten. Das hat unterschiedliche Ursachen, wie zum Beispiel fehlende Schulreife, eine zarte Konstitution oder familiäre Belastungen. Viele sehnen sich nach einem ruhigen Raum, in dem die sozialen Prozesse in einer kleinen Gruppe überschaubar sind. In enger Absprache mit der Klassenbetreuung dürfen diese Kinder allein oder in Kleingruppen parallel zum Klassenunterricht in die Wärmeinsel Kinderküche gehen. Ab 9.30 Uhr steht die Tür für sie offen. Dadurch werden die Kinder, die Lehrer:innen und die Klassengemeinschaft entlastet.
Wärmeinsel Schülerhof
Unser Schulbauernhof besteht seit rund 40 Jahren. Auf dem Schülerhof binden wir Jugendliche in die diversen landwirtschaftlichen Arbeiten ein, dabei entwickeln sie ihre praktische Urteilskraft. Die dritten Klassen besuchen während der Feld- und Hausbauepochen den Schülerhof und erleben die Arbeit der Landwirt:innen auf dem Acker. Auch außerhalb dieser Epochenzeiten kommen die Kinder zu Besuch, um zuzuschauen oder mitzuwirken.
Es gab immer wieder interessierte Klassenlehrer:innen, die das große Potential des Schülerhofes erkannten und ihn für ihre Schüler:innen als Lern- und Erlebnisort nutzen wollten. Die Idee für die Wärmeinsel Schülerhof war geboren. Umsetzen konnten wir dies durch eine zusätzliche pädagogische Fachkraft und durch den zuverlässigen Einsatz von Eltern.
Für jede Klasse steht pro Woche eine Doppelstunde von 90 Minuten zur Verfügung. Passend gekleidet versammeln sie sich an der Feuerstelle im Kreis und beginnen den Arbeitseinsatz mit einem Lied. Dann wird von den verantwortlichen Erwachsenen geschildert, was an diesem Tag ansteht und die Arbeit beginnt. Danach erzählt ein Gruppenmitglied vom Arbeitseinsatz und von den besonderen Tageserlebnissen. Damit rundet sich der Blick wieder auf das Ganze. Ein kleines Abschiedsritual beendet die Schülerhofzeit und die Kinder laufen müde oder munter plaudernd zur Schule zurück. Die Arbeitseinsätze unterscheiden sich jahreszeitlich. So liegt im Winter der Arbeitsschwerpunkt auf der Stallarbeit und die Felder, Wiesen und Weiden ruhen. Im Sommer übernehmen die Klassen den Pflege- und Ernteeinsatz. Beispielsweise werden die Feldmöhren gejätet und im Herbst geerntet oder die Äpfel werden gesammelt und zu Apfelsaft verarbeitet.
Über das Obst und das Gemüse sind die beiden Wärmeinselorte Schülerhof und Kinderküche verbunden. Mit dem Bollerwagen wird die Ernte zur Kinderküche gefahren. Dadurch entsteht eine ganz selbstverständliche Beziehung vom Feld zur Küche.
Unter dem Aspekt der Salutogenese betrachtet, zeigt sich in der landwirtschaftlichen Arbeit das Urbild des arbeitenden Menschen, der Verantwortung für seine Mitschöpfung übernimmt und eigenschöpferisch tätig wird. Dieses Urbild kann die Kinderseelen erwärmen und Vertrauen in die eigene Zukunft entstehen lassen.
Mit der inneren Geste der Umarmung nimmt der Erwachsene die Kinder in seinen Arbeitsprozess mit hinein. Die Kinder dürfen entsprechend ihrem Alter und ihren Fähigkeiten mitwirken, sie dürfen aber auch einfach «nur» wahrnehmen, spielen und staunen. Das Kollegium hat beschlossen, die beiden Wärmeinseln weiter zu pflegen und zu entwickeln. Im kommenden Schuljahr werden die Schülerhofstunden für die vier Grundschulklassen verbindlich im Stundenplan verankert sein. Die Waldorfstiftung hat die Anlaufphase unseres Projektes finanziell unterstützt, wofür wir sehr dankbar sind. Aber wir setzen uns jedes Jahr damit auseinander, wie wir dieses Projekt finanzieren können. Gerne nehmen wir dazu Anregungen und Ideen entgegen!
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