In dem bekanntesten Beispiel Thuns sitzen zwei Personen im Auto, die eine sagt: „Du, da vorne ist Grün!“ Die andere antwortet: „Fährst Du oder fahre ich!?“. In der ersten Aussage verbergen sich vier Ebenen: Sachebene: Worüber ich dich informiere, «Die Ampel ist grün». Beziehung: Wie ich zu dir stehe, was ich von dir halte, «Du brauchst meine Hilfe». Selbstoffenbarung: Was ich von mir offenbare, «Ich habe es eilig». Appell: Was ich von dir will, «Gib Gas!»
Meine persönliche Stimmung, mein Temperament, meine Glaubensätze und Erfahrungen bestimmen den Umgang mit diesen vier Ebenen. Das Ganze passiert unbewusst. Thuns Modell kann viel erklären, wenn wir auf Kommunikation schauen, insbesondere bei Konflikten. Aber selbst die Menschen, die das Modell kennen, denken in der normalen täglichen Kommunikation nicht an die vier Ebenen. Ich kann mit diesem Text hier einen Sachinhalt wiedergeben, es kann auch eine Selbstkundgabe sein, wenn ich mich in meiner Beziehung zum Kontext äußere und dieser vielleicht als Appell verstanden wird. Es ist in keinem Fall eine Frage der Kommunikation. Denn, so sehr ich mich schule, so sehr ich Wert auf einen respektvollen Umgang lege: Ich stelle fest, wie individuell mein Gegenüber ist und dass ich nur bedingt Einfluss habe, was von meinen Worten bei meinem Gegenüber ankommt.
Wenn ich an positive Kommunikation denke, dann ist mein ganz persönliches Highlight der letzten Monate die Begegnung mit den Schüler:innen der Waldorf-Schüler:innen Vertretung. Hier erlebte ich aktives Zuhören, klare Fragestellungen und die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Wenn mir die Schüler:innen dann sagen, dass sie nicht länger «nur noch informiert», sondern beteiligt werden wollen, erlebe ich ein Deja-Vu in meine Schulzeit zurück (und das sind fast 40 Jahre). Sie hatten mich eingeladen, das Thema Gewaltprävention und Schutzkonzept auf der Bundes-Schüler:innen-Tagung vorzustellen. Der Widerhall war enorm. Schmerzlich fiel mir auf, dass die Schüler:innen überhaupt nicht informiert waren. Sie wussten weder von der Brisanz der Thematik an Waldorfschulen, noch, dass eine Mitgliederversammlung stattgefunden hatte, die das Schutzkonzept verpflichtend für jede Mitgliedseinrichtung im BdFWS verabschiedete. Die Schüler:innen gaben mir ein sehr wichtiges Feedback. Fast alle berichteten von Grenzverletzungen und übergriffigem Verhalten von Lehrkräften und wussten nicht, wohin mit diesem Erleben. Und hier geht es nicht um ein missverständliches Wort. Hier geht es um ein Erleben, dass ernst genommen werden muss. Ich nehme vier wichtige Aussagen mit: Es haben Grenzüberschreitungen stattgefunden, diese vergiften Beziehungen, ich fühle mich durch meine Rolle als Vorstand aufgefordert, zu handeln und ich appelliere an alle, Aufklärung, Offenheit, Hilfe und Aufarbeitung zu betreiben. Dafür werde ich mich weiterhin einsetzen.
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