Ausgabe 06/24

Was hat Demeter mit Waldorf zu tun?

Stefan Grosse

Demeter ist ein Bio-Label. Aber Demeter ist noch viel mehr. Bio wird häufig mit weniger Gift, weniger Kunstdünger, mehr Tierwohl und ähnlichen Nettigkeiten assoziiert. An derartigen Eigenschaften und an einer so gearteten Landwirtschaft ist nichts falsch, sie sind ein Schritt in die richtige Richtung. Denn immerhin muss man konstatieren, dass die konventionelle Landwirtschaft eine erhebliche Umweltvergifterin ist, für die solche Kuriositäten und Absurditäten wie der Wassercent geschaffen wurde, eine Abgabe, die konventionelle Landwirt:innen dafür entschädigt, dass sie ein bisschen weniger Gift (aber immer noch Gift!) ins Grundwasser einleiten, entschädigt dadurch, dass der Verursacher den Schaden, den er der Allgemeinheit zufügt, durch diese sozialisieren kann. Das ist eine ziemlich einmalige Rechtskonstruktion.
Demeter hat mit den anderen Bio-Labeln so gut wie nichts zu tun. Demeter ist der Quantensprung von einer Landbauweise mit weniger Gift hin zu einem Handeln, das Kosmos, Erde und Mensch in eine organische Wechselwirkung bringt. Der Mensch ist hier nicht Störfaktor und Ausbeuter der Natur, sondern er ist ihr integraler und heilender Bestandteil, ohne den die Wechselwirkung nicht vollzogen werden kann.
Waldorfpädagogik entspringt dem gleichen Weltbild. Sie wird mit Schlagworten wie sanfte Pädagogik, Achtsamkeit, Augenhöhe, Kopf-Herz-Hand und was derlei mehr ausgehöhlter Lifestyle-Begriffe sind, nur unzureichend beschrieben. Sie fasst den Menschen als den Mikrokosmos auf, der in klar beschriebenen Bezügen zur ganzen Welt, zum Makrokosmos, steht. Und die Individualität ist das Agens, das diese Verbindung herstellt, und zugleich der Schnittpunkt, durch den alle diese Bezugslinien laufen müssen.
Es ist immer das Bewusstsein, das das Sein formt. Das Bewusstsein stellt die Weichen, in ihm liegt die Kraft, die Natur zu heilen und das Leben menschlich zu machen. Eine Bewusstseinsbildung, die mit Schock und Aggression arbeitet, aber keine sinnvollen Handlungsalternativen anbietet, ist fragwürdig. Wir brauchen eine Bewusstseinsbildung, die Kompetenzen stärkt und konkrete und praktikable Lösungen anbietet. Eine Landwirtschaft zu betreiben, die die Erde heilt, weil diese Landwirtschaft Mensch, Erde und Kosmos in einem wirklich holistischen Bewusstsein und Handeln verbindet, hilft uns allen und eine Pädagogik, die programmatisch darauf zielt, den Menschen als freie Individualität zu sehen, auch.

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