Wie weiland Archimedes entfloh es mir: »Heureka, sie haben sie gefunden!« – die Lösung nämlich für die meistdiskutierte Frage unserer Zeit: Welche Mauer ist die Beste?
»Aber Archimedes ging es doch um den Auftrieb«, wenden Sie ein? Ja doch! Nur suchen wir den heute nicht beim Baden, sondern hinter, genauer, innerhalb von Mauern. Wenn wir die nur hoch genug bauen, so glauben wir, bekommen wir den Auftrieb, wirtschaftlich, kulturell und politisch. Donald Trump will sie, die Briten bauen sie am Ärmelkanal, Signor Salvini möchte am liebsten ganz Italien einzäunen, in Irland stehen noch 53 »Peace Walls« aus den guten alten Zeiten einer »harten« Grenze, Zypern wird von einer 180 Kilometer langen Grenzanlage geteilt – so könnte es bis zum Seitenende weitergehen.
Nun aber haben unsere nördlichen Freunde uns vorgemacht, wie man die Mauerfrage empathisch löst. Sechs Millionen Dänen teilen sich ihr schönes Land nämlich mit 28 Millionen Schweinen, die es angesichts ihrer Bestimmung zu schützen gilt, und zwar vor der afrikanischen Schweinepest, die es zwar nicht in Deutschland, aber in China und Osteuropa, vereinzelt auch auf Sardinien und sogar Belgien gibt. Das Virus verbreitet sich vor allem durch kontaminierte Kleidung, Wurstpellen oder rohes Fleisch, aber wie sollen die bratpfannengerecht abgeschirmten Schweine damit überhaupt in Kontakt kommen? Die dänische Regierung versteht das natürlich, doch der Zeitgeist fordert nun mal Zäune.
Was also tun? Man stelle sich die arme Bache vor, die unweit von Handewitt mit ihrem Liebsten durch das Unterholz streift, dabei die Grenze übertritt und ihren Schatz kurzzeitig aus den Augen verliert. Als sie zurückkehren will, steht ein eineinhalb Meter hoher Zaun zwischen ihr und ihrem Keiler: Das Forstamt ist zur Tat geschritten! 70 Kilometer zieht sich der Zaun bis zur Nordsee, durchschneidet Geest und flache Marsch. Bleibt ihr, der unfreiwillig Immigrierten, nur die ferne Erinnerung an ihre ungesäugten Frischlinge? Nein! Nicht! Denn die Regierung wusste Rat: Zwanzig Straßen durchqueren barrierefrei den Zaun, womit nicht nur der Einkauf von billigem Bier und Schnaps im Süden sichergestellt, sondern auch der kleine Grenzverkehr der Wildschweine gewährleistet ist.
Wir meinen, dass dieser »grænse hegn« Ausdruck einer großen politischen Weisheit ist! Wer will, bekommt seine Mauer oder seinen Zaun, aber ohne das Diktat der Funktion. Allein die Schönheit zählt, wie schon 1964 bei Joseph Beuys, der drei Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer vorschlug, sie um zehn Zentimeter zu erhöhen, damit die Proportionen besser stimmen. Mauern und Zäune sind zu wichtig, um sie unreflektiert zu bauen. Hier geht es wirklich um die Wurst – und die sitzt in unseren Köpfen!