Weiterbildung zum Medienpädagogen an der Freien Hochschule Stuttgart. Ein Erfahrungsbericht

Ines Rosa

Der Einladung zum ersten Seminarwochenende folgt eine kleine Gruppe: eine Englischlehrerin aus Wiesbaden, ein Deutschlehrer aus Everswinkel, ein Technologielehrer aus Berlin, ein angehender Waldorflehrer aus Kiel und eine Waldorfmutter aus dem Würzburger Medienkreis. Im Gepäck haben sie viele Fragen zur digitalen Technik und deren methodisch-didaktischer Behandlung. Vereinzelt reisen Vorbehalte und Interpretationsspielräume aus dem Schulumfeld mit, die aus der hohen Komplexität und Emotionalisierung des Themas selbst herrühren. Entlastend ist dabei die Aussicht, an den kommenden sieben Wochenenden aus dem Schulalltag herauszutreten, um mit fundierten Erkenntnissen ausgerüstet die eigene Medienarbeit aufnehmen zu können.

Dozent Franz Glaw stattet die Teilnehmer mit Richtmikrofon, Funkstrecke und Aufnahmegerät aus, um direkt in die Produktion eines Radiobeitrags im Lehrerzimmer der Mönchengladbacher Waldorfschule einzusteigen. Ohne große Erklärung von Technik und Vorhaben kreist das Mikrofon in der Runde. Wir sind zugleich Redaktion, Regie, Moderation und Tontechniker im Team. Glaw nimmt seine Interviewgäste aus Wirtschaft und Presse aufmunternd mit. Wir stellen Fragen und sind erstaunt über das Ergebnis in Form des Rohmaterials der Aufnahme.

Parallel entdecken wir an diesem Vorgehen ein Grundanliegen medienpädagogischer Projekte. Selbst machen und nicht nur analysieren, d.h. produktionsorientiert arbeiten. Während wir noch die erste Erfahrung mit dem umfangreichen Tonmaterial zum Thema »Wirtschaft und Schule – wie bereitet die Waldorfschule auf das Leben vor?« verdauen, erzählt Glaw aus der Unterrichtspraxis. Wir hören Audioaufnahmen von Schülerprojekten der 7. bis 12. Klasse, die uns inspirieren und ermutigen. Die Einblicke in das, was Glaw bereits lange Jahre praktiziert, eröffnen uns Erkenntnisse, die wir gemeinsam reflektieren. In seinen Beispielen geht das Pädagogische immer dem Technischen voran.

Sinnhaft und weltorientiert sind die Aufgabenstellungen an die Schüler in ihrer jeweiligen Entwicklungsphase, denn »die Aufgaben stellt das Leben«. In seinen Unterrichtsbeispielen hören wir, wie flüssiges Sprechen von Schülern genauso gefördert wird wie empathisches Auftreten. Die neu erlernten Kompetenzen der Schüler sind dabei mit den Unterrichtsthemen verknüpft und werden um digitales Arbeiten im geschützten Raum ergänzt. Ein besonderes Leuchten kommt hinzu, wenn von Überraschungsmomenten erzählt wird: »Hören Sie, wie souverän dieses Mädchen spricht? Sie galt als schüchtern, wollte sich aber neu ausprobieren und kommt mit neuem Selbstbewusstsein aus der Radiosendung. Sie hat sich was getraut, jetzt ist sie voller Stolz«, erzählt Glaw leise gerührt. Solche Erfahrungen gehen über das Anliegen, Technik zu verstehen und einen reflektierten Umgang mit Medien zu üben, hinaus.

»Da ist noch viel Luft nach oben, wenn wir nach Möglichkeiten und Nutzen der medienpädagogischen Arbeit im Unterricht fragen«, meint Glaw und regt eine weitere Verbindung zur Öffentlichkeitsarbeit der Waldorfschulen an. Zur Präsentation der Jahresarbeiten sind Kamera und Vertreter von Ausbildungsbetrieben zu Gast. Oder beispielhaft skizziert er das Landwirtschaftspraktikum einer 9. Klasse mit anschließender Projektwoche als Radioreportage zum Thema »Tierhaltung und Fleischkonsum«.

Mit Leichtigkeit gelingt es, zur nächsten praktischen Aufgabe überzuleiten. Wieder stehen wir uns am Mikrofon gegenüber. Wir erleben an uns selbst, was eine Tonaufnahme mit unserer Konzentration, Aufnahmefähigkeit und Sprache macht. Lebendig sind die Impulse, die uns erreichen. Auch technisch hat Düsseldorf viel zu bieten. Der interaktive Bildschirm im Lehrerzimmer zieht uns an. Wir stehen gemeinsam davor, entdecken digitale Möglichkeiten zur Kommunikation im Lehrerzimmer und halten ein Kurzreferat zu Audiothemen. Angeregt tauschen wir erste Praxiserfahrungen aus. Eine selbst geschriebene Kurzgeschichte einer Schülerin wurde in Berlin vertont und mit der eingeführten Software bearbeitet. Eine gestaltete Seite wurde mit digitaler Textverarbeitungssoftware von Schülern in Wiesbaden nachgebaut, und im Englischunterricht wurden Dialoge selbst geschrieben und als Hörbuch vertont. Aus den gemeinsamen Gesprächen geht hervor, dass viele Waldorfschulen an einem medienpädagogischen Konzept arbeiten, teilweise haben sich Medienarbeitskreise gebildet. In diesen Arbeitskreisen wird der Bedarf an Medienpädagogik und pädagogisch-therapeutischer Medienberatung eruiert. Als Empfehlung nehmen wir den Aufruf mit, jetzt bloß nicht in der Theorie steckenzubleiben, sondern lieber etwas zu machen. Denn Medienpädagogik will als Prozess eine zeitgemäße Steigerung und Intensivierung von der Mittel- bis zur Oberstufe.

Nach Textarbeit und Vertonung freuen wir Teilnehmer uns auf die nächsten anspruchsvollen Aufgaben im Bereich Film. Fast schon eine Gewohnheit – nach jedem Schulungswochenende sind neue Fragen im Gepäck. Welches Equipment wird für den Anfang benötigt? Woher kommen die finanziellen Mittel? Wie können Kollegen in die neuen Erkenntnisse eingebunden werden? Einig sind sich alle darüber, dass Antworten und Ansätze noch während der Weiterbildung gefunden werden. Und diese Antworten sind konkret, weil sie hier praktisch im Tun unter professioneller Anleitung gefunden werden können.

Zur Autorin: Ines Rosa ist Teilnehmerin des Weiterbildungskurses und Waldorfmutter aus Würzburg


Ausbildung zum Medienpädagogen – Basismodul 2018-19

Termine:

jeweils Freitagnachmittag bis Sonntagvormittag

  • 1. Wochenende: 30.11. – 02.12.2018 Stuttgart
  • 2. Wochenende: 18.01. – 20.01.2019 Berlin
  • 3. Wochenende: 22.02. – 24.02.2019 Berlin
  • 4. Wochenende: 22.03. – 24.03.2019 Stuttgart
  • 5. Wochenende: 26.04. – 28.04.2019 Stuttgart
  • 6. Wochenende: 17.05. – 19.05.2019 Stuttgart
  • 7. Wochenende: 28.06. – 30.06.2019 Stuttgart

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