Die Waldorfschule Bremen Touler Straße greift dieses Problem auf. Die Herausforderung, wie es nach der Schule weitergeht, hat die Schule veranlasst, den Jugendlichen frühzeitig ein Angebot zu machen.
Sie sollten ihre Interessen und Stärken kennen lernen und herausfinden, wie diese beruflich umzusetzen wären. Sie sollten lernen, sich nicht nur am Angebot zu orientieren, sondern sich selbst Fragen zu stellen. Unsere Schule stellte für die Berufsorientierung in der 11. und 12. Klasse vier Projekttage zur Verfügung. Angeboten wurden Workshops in Kleingruppen, Informationsveranstaltungen und eine Berufsinformationsbörse.
Am Anfang Collagen
Wir begannen damit, Collagen zu den Fragen anzufertigen: »Wer bin ich?«, »Was sind meine Stärken und Fähigkeiten?«, »Wo liegen meine Interessen und in welche berufliche Richtung könnten sie münden?«. Wo die Einzelnen standen, konnten sie durch eine Übung zur Teambildung entdecken. Zudem konnten sie in ein Bewerbungstraining hineinschnuppern. Die Schüler bekamen dichte Informationen über das Zeitmanagement bei der Vorbereitung einer Bewerbung und Hinweise, wo welche Recherchen und Beratungen sinnvoll sind.
Das Service-Büro »Jugendinformationen aus Bremen« unterrichtete über die Möglichkeiten, nach der Schule ins Ausland zu gehen. In neunzig Minuten wurden Begriffe wie FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr), EF (Sprachreiseveranstalter), wwoofing (freiwillige Arbeit auf Biohöfen), work & travel (Finanzierungsmöglichkeit eines Auslandsaufenthalts) inhaltlich gefüllt. Der Bericht einer ehemaligen Schülerin, die frisch aus Neuseeland zurückkam, zeigte, dass Träume real werden können, wenn man sie mutig anpackt.
Ebenso wurden Bachelor, Master, Bologna oder ECTS entzaubert, indem eine Studienberaterin der Universität und ein Professor zum »Anfassen« Tipps zur Studienwahl gaben. »Einfach mal vorbeikommen« war ihre Empfehlung. Die Schüler sollten nicht nur die Beschreibungen der Studiengänge auf Papier lesen, sondern auch vor Ort die »Atmosphäre schnuppern und mit den Menschen ins Gespräch kommen«.
Am letzten Tag gestalteten vierzig Eltern und Ehemalige der Schule eine Börse zur Berufsinformation. Dort berichteten Fachmänner und -frauen über ihren Beruf.
Das Mentorenprojekt: Ehemalige bringen sich ein
Vor einigen Jahren schon entstand bei den Vorbereitungen zu einem Ehemaligentreffen die Idee eines »Mentorenprojektes«. Welche Rolle könnten ehemalige Schüler für das aktuelle Schulleben spielen, wie ihre Beziehung zur Schule gestalten? »Nicht nur zurückschauen, womöglich nur darauf, wie schön alles war!« – war das spontane Urteil. Sie wollten die Erfahrungen, die sie nach der Waldorfschulzeit gemacht hatten, den jetzigen Schülern zur Verfügung stellen. Diesem Projekt haben sich mittlerweile siebzig Mentoren angeschlossen. Praktisch funktioniert das so, dass die Mentoren die wichtigsten Angaben zu ihrem Lebenslauf – Ausbildung, Beruf, Auslandserfahrungen – auf der Internet-Plattform der Schule zur Verfügung stellen. Bei Interesse erhalten die Schüler die Kontaktdaten im Schulbüro. Doch auch solche Ansätze bleiben Theorie, wenn nicht lebendige und beeindruckende Begegnungen mit den Menschen selbst dazu kommen. Die Börse zum Abschluss der Projekttage bot Gelegenheit, den Schülern dieses Mentorenprojekt bekannter zu machen. In Kleingruppen gingen sie auf Tuchfühlung mit angedachten Berufen und konnten mit Erwachsenen über deren Erfahrungen und Sichtweisen diskutieren.
Fragen aus Schülersicht
Um auch in größeren Runden Gespräche zu ermöglichen, gab es Diskussionsforen zu vier Themen, die mit Absicht aus Schülersicht formuliert worden waren:
- Wie mache ich Karriere?
- Welche Lebenswege eröffnen Ausbildungsberufe?
- Welche Berufe verschaffen Sicherheit?
- Wie viel Mut brauche ich zur Selbstständigkeit?
In jedem Forum nahmen mehrere Berufstätige zu diesen Fragen Stellung. Mit Unterstützung der Moderatoren entzündeten sich spannende Gespräche, zum Beispiel zwischen einer Tänzerin, einem Webdesigner und einem Handwerker.
Die Projekttage erfuhren einhellige Zustimmung, und die Schüler schlugen vor, eine solche Berufsorientierung regelmäßig in der Oberstufe anzubieten.
Die Lehrer schätzten besonders die Möglichkeit, dass sie mit Experten aus anderen Berufen Kontakte herstellen konnten und Informationen rund um die Ausbildung erhielten.
Eltern und Ehemalige waren erstaunt, wie viel Engagement und qualifizierte Fragestellungen von den Schülern kamen. Kommentar: »Das hätten wir damals auch gut gebrauchen können!« ‹›