Bitoy ist zweieinhalb Jahre alt. Er klammert sich weinend an seinen älteren Bruder zwischen entwurzelten Bäumen und der stark beschädigten winzigen Holzhütte seiner Tante im Dorf Burauen auf der Insel Leyte. Nachbarn retteten die beiden zusammen mit ihren beiden Brüdern aus den reißenden Fluten des Taifuns Hayan. Ihr Vater ertrank vor ihren Augen, die Mutter und Schwester Princes kamen beim Einsturz ihrer Hütte ums Leben.
Verzweiflung in Tacloban
Seit der Katastrophe ist Bitoy nicht mehr ansprechbar. Er steht unter Schock, isst und schläft nicht mehr. Es fehlt an Lebensmitteln. Seine Tante muss die Kinder zur Adoption freigegeben. Nach dem Taifun führte ein elfköpfiges Team der Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners e.V. eine notfallpädagogische Krisenintervention im Katastrophengebiet durch. Unterstützung bekam das Team von »Aktion Deutschland Hilft« und der philippinischen Waldorfbewegung. Durch die lokale Anbindung konnte schnelle Hilfe geleistet werden. Die Situation vieler Kinder ist verheerend. Viele von ihnen haben ihre Familien verloren. Sie laufen orientierungslos und traumatisiert durch die Straßen auf der Suche nach Essbarem und Wasser. Immer wieder sieht man Kinder mit Schildern am Straßenrand stehen, auf denen gekritzelt steht: »We need help«. In der Region Tacloban herrschte noch Wochen nach der Katastrophe das blanke Entsetzen. Über zweieinhalb Millionen Menschen sind immer noch auf eine elementare Grundversorgung angewiesen.
Das Notfallteam half Bitoys Brüdern, sich emotional zu stabilisieren. Rhythmische Bewegungsspiele, unterstützt von eurythmischen Übungen, halfen die körperliche Starre der traumatisierten Kinder zu überwinden. Viele Kinder und Jugendliche litten an den schrecklichen Erinnerungen, die Todesängste auslösen können. Andere verdrängten sie, konnten sich überhaupt nicht mehr erinnern oder über die Katastrophe sprechen. Doch das Malen und Zeichnen bot die Chance, ihre Erlebnisse auszudrücken.
Die Hilfe muss weitergehen
Neben der Arbeit mit den traumatisierten Kindern und Jugendlichen bot das Notfallteam Seminare für Ärzte, Psychologen, Lehrer und Erzieher in Manila, San Dionysio und Tacloban an. Ebenso konnten Beratungsseminare für Eltern im Umgang mit den traumatischen Reaktionen ihrer Kinder durchgeführt werden. Die Arbeit soll zusammen mit anthroposophischen Ärzten, Therapeuten, Lehrern und Erziehern fortgeführt werden.
Die Kinder müssen noch weiter begleitet werden, bis sie wieder Mut zum Leben finden und eine Zukunftsperspektive bekommen. Die Errichtung eines Kinderschutzzentrums in Tacloban in der Krisenregion ist in Planung.