Monatsmeinung

Ein Smartphone menschenwürdig nutzen

Angelika Lonnemann

Was würden Sie tun, wenn Sie für die Schule ein Referat über Sophie Scholl vorbereiten müssten? Früher waren die Bibliotheken die einzigen Wissensbörsen, über die man sich aus Büchern die Informationen holen konnte. Heute listet Google über neun Millionen Ergebnisse auf, wenn man den Namen der von den National­sozialisten hingerichteten Widerstandskämpferin eingibt. Auf welche Quelle würden Sie heute vertrauen?

Was würden Sie tun, wenn Sie für die Schule ein Referat über die Schulhausmeisterin oder die Heizungsanlage der Schule schreiben müssten? Hierzu findet sich bei Google nichts. Sie müssten selbst recherchieren!

Wir wissen viel, seien aber nicht in der Lage, unser Handeln an diesem Wissen auszurichten, sagt Franz Glaw, Dozent für Medienpädagogik. Waldorfpädagogik funktioniere bei der Bewältigung der Herausforderungen der heutigen Medienwelt genauso gut, wie etwa bei der Förderung einer gesunden Entwicklung.

Die ehemalige Journalistin und heutige Waldorflehrerin Karoline Kopp hat mit ihrer siebten Klasse eine Zeitung gemacht – und sie analog recherchieren lassen. Für die Jugendlichen könne die Beschäftigung mit den sie umgebenden Lebenszusammenhängen ein «seelisches Ankommen im Hier und Jetzt» bringen, neben dem Einüben von Kompetenzen rund um das Thema Information.

Der Tübinger Medienprofessor Bernd Pörksen fordert, die alten journalistischen Ideale wie Quellenanalyse, Ausgewogenheit, Wahrheitsüberprüfung in den Schulen zu lehren und dort das Fach Kommunikationsethik einzuführen.

Sanne Dufft beklagt als Mutter an einer Waldorfschule die Monate der pandemiebezogenen Desinformation und appelliert an die Waldorfgemeinschaft, in Zukunft solidarischer miteinander umzugehen.

Der Bund der Freien Waldorfschulen (BdFWS) hat vor wenigen Wochen seine Orientierungshilfe für Eltern durch den Mediendschungel neu aufgelegt. Früher hieß sie Struwwelpeter 2.1, heute heißt sie Medienkompass. Darin werden konkret Tipps für den Umfang von Mediennutzung je nach Altersstufe gegeben. Den Medienkompass können Sie hier herunterladen.

Es ist nicht schlimm, wenn Waldorfschüler:innen Instagram, TikTok oder YouTube nutzen. Und es geht auch nicht die Welt unter, wenn Waldorf- und alle anderen Schüler:innen seltener Zeitung lesen oder die Tagesschau anschauen, als die Generationen vor ihnen. In der Geschichte der Menschheit gab es schon immer Medienwechsel, die die jeweils ältere Generation skeptisch die Apokalypse befürchten ließ. Wichtig ist es, dass wir Kindern und Jugendlichen zeigen, wie wir die Freiheit, die uns Smartphone und Rechner bieten, verantwortlich und menschenwürdig nutzen.

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