Sei es der Pastor Johannes Geyer, der als Klassenlehrer tätig war, sei es der Fremdsprachenlehrer der ersten Stunde und spätere Klassenlehrer Rudolf Treichler, seien es Robert Killian und Christoph Boy, die ihre reformpädagogische Erfahrung aus dem Landerziehungsheim in Haubinda und aus der Odenwaldschule mitgebracht haben, seien es der Maler und Werklehrer Max Wolffhügel, die Handarbeitslehrerin Hedwig Hauck, der Mathematiker Hermann von Baravalle, der Turnlehrer Fritz Graf von Bothmer und andere. Im Folgenden soll zum Abschluss dieser Artikelserie über das Gründungskollegium wieder eine Dame porträtiert werden, die vom ersten Schuljahr an dabei war, aber wegen ihrer unauffälligen Präsenz gern vergessen wird: Elisabeth von Grunelius.
Zu Ostern 1920 ging es darum, einen Kindergarten auf dem Schulgelände einzurichten. Es handelte sich um eine größere Gruppe von Kindern, die nach den Sommerferien in die erste Klasse kommen sollte. Man suchte einen Raum für den Kindergarten; offenbar vergeblich, denn im Mai 1920 wurde der Versuch nach einem kurzen Provisorium abgebrochen. Als Kindergärtnerin hatte Rudolf Steiner Elisabeth von Grunelius eingeladen, eine zarte junge Frau, die er seit 1914 kannte, als sie neunzehnjährig nach Dornach gekommen war, um an der Ausarbeitung der Holzplastiken des ersten Goetheanums mitzuwirken. Im elsässischen Kolbsheim geboren, hatte sie 1914 mit dem Wunsch, später Psychologie zu studieren, das Comenius-Kindergarten-Seminar in Bonn absolviert. Nach eineinhalb Jahren beurlaubte sie sich in Dornach, um in Berlin ein Praxisjahr in Kindergarten, Hort und sozialer Fürsorge zu machen und das Diplom als Jugendleiterin im Pestalozzi-Fröbel-Seminar zu erwerben, das sie auch zur Ausbildung von Praktikanten qualifizierte. Als sie in ihre nach dem Krieg französisch gewordene Heimat zurückkam, erreichte sie die Anfrage Rudolf Steiners. Sie kam, blieb in der Schule aber nur einige Zeit als Vertretungslehrerin tätig. Im zweiten Schuljahr stand Elisabeth von Grunelius Leonie von Mirbach im Unterricht bei, die erste Stunde des Hauptunterrichts gab von Mirbach, die andere von Grunelius. Als deren Klasse mit 52 Schülern im dritten Schuljahr zweigeteilt wurde, übernahm sie die eine Hälfte, führte sie aber nicht länger als ein Jahr. Als dann immer noch keine Kindergartengründung in Sicht war, ging sie nach Dornach, um Eurythmie und Malerei zu studieren. Erst 1924 gelang es durch einen energischen Einsatz Herbert Hahns, den äußersten Zipfel des Turnplatzes für eine Kindergartenbaracke zu bekommen, die 1926 errichtet wurde. Elisabeth von Grunelius baute den Kindergarten an der Uhlandshöhe auf, gründete die internationale Waldorf-Kindergarten-Bewegung und legte ohne direkte Ratschläge und unmittelbare Begleitung durch Steiner originell und selbständig die Fundamente für die Waldorfpädagogik des ersten Lebensjahrsiebts. Sie leitete bis zur Schließung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1938 den Kindergarten.
1940 ging sie in die USA, wo sie 1941 in Kimberton den ersten Waldorfkindergarten des Landes gründete, einen weiteren 1948 in Long Island. 1950 erschien ihr Waldorfklassiker »Early Childhood and the Waldorf School Plan«, der in mehreren Auflagen und Sprachen veröffentlicht wurde. 1954 kehrte sie nach Europa zurück, gründete 1954 einen Waldorfkindergarten in Paris und lebte von 1970 bis 1988 als Beraterin in Dornach. Sie verstarb 1989 im hohen Alter von 94 Jahren in Schopfheim als letztes Mitglied des Ur-Kollegiums.
Zum Autor: Prof. Dr. Tomáš Zdražil ist Dozent an der Freien Hochschule in Stuttgart.