Viel Zeit ist vergangen, seit ein ehemaliger Bundeskanzler die Lehrer als faule Säcke bezeichnet hat. Auch die Witze über die Berufsgruppe, die nur die Hälfte des Tages und aufgrund der Ferien nur die Hälfte des Jahres arbeitet, sind kaum noch bekannt. Insbesondere in Waldorfschulen kennt man diese Witze nicht, denn hier gilt bisher das gefühlte Urteil, Lehrer seien immer überlastet und mit ihrem Beruf eher unzufrieden, was auch die hohe Fluktuation in den Kollegien erkläre.
Angesichts der immer dringender werdenden Aufgabe, neue Kolleginnen und Kollegen für die Schulen zu gewinnen, ist es notwendig, sich bewusst zu machen, wie ein gewohnheitsmäßiges »Jammern« über die Belastung, der die Kollegen in den Waldorfschulen ausgesetzt seien, auf die Umgebung wirkt. Viele Schüler, die den Wunsch verspüren, Lehrer zu werden, schrecken möglicherweise auch aufgrund der Äußerungen ihrer Lehrer davor zurück, Waldorflehrer zu werden.
Mit ihrem Forschungsprojekt zur Arbeitsbelastung und Arbeitszufriedenheit von Waldorflehrern gingen Dirk Randoll und Heiner Barz der Sache auf den Grund. Die Auswertung wird zwar noch einige Monate dauern. Dennoch sind Tendenzen erkennbar, wenn in einer ersten Pressemitteilung von »hoher Berufszufriedenheit und zugleich hoher Belastung bei Waldorflehrern« gesprochen wird.
91 Prozent der Waldorflehrer gaben an, mit ihrem Beruf im Großen und Ganzen zufrieden zu sein, zugleich waren aber 71 Prozent der Auffassung, dass die Waldorfschule ihnen ein zu hohes Maß an Engagement abverlange. 90 Prozent würdigten die Unterstützung durch Kollegen positiv; ähnlich hoch veranschlagten sie die Würdigung ihrer Arbeit durch die Schüler und Eltern. Auf der anderen Seite gaben 38 Prozent der Befragten an, körperliche oder psychische Probleme zu haben, die sie in einen direkten Zusammenhang mit dem Schulalltag bringen.
Ein Vergleich mit Ergebnissen ähnlicher Studien an Regelschulen wird noch durchgeführt – mit einer allgemeinen Berufszufriedenheit von über 90 Prozent scheinen die Waldorflehrer aber deutlich besser dazustehen als ihre Kollegen an den staatlichen Regelschulen.
Die Studie wurde von der Software-AG-Stiftung, den Hannoverschen Kassen und der Pädagogischen Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen gefördert.
Zwischen Herbst 2010 und März 2011 konnten die Kollegien 327 Fragen beantworten. 1986 Fragebögen von 120 verschiedenen Schulen kamen zurück. Das entspricht mehr als 25 Prozent der gesamten Waldorflehrerschaft und 54 Prozent der Schulen – ein stolzes Ergebnis.