»Eurythmie-Ingenieur. Zum Tod von Richard Landl

Als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hermann-Föttinger-Institut für Strömungsforschung promovierte er 1973.

Sein Leben nahm dann eine ganz neue Richtung. Er studierte an der Schule für Eurythmische Art und Kunst in Berlin und erlangte 1976 das Diplom. 1977 begann an der Rudolf-Steiner-Schule Dortmund seine Tätigkeit als Waldorflehrer. Dort konnte er die beiden Bereiche, die Eurythmie und die Mathematik, als Waldorflehrer verbinden.

Christof Wiechert bezeichnete ihn als »Eurythmie-Ingenieur«. Seiner Schule ist er bis zu seiner Pensionierung 2008 treu geblieben, er unterrichtete mit voller Hingabe und Liebe, obwohl er in den letzten Jahren  seiner Unterrichtszeit auch schon unglaublich viele Aufgaben in der Lehrerbildung, in seinem Bundesland NRW, im Bund der Freien Waldorfschulen und auch in Europa innehatte.

Er engagierte sich u.a. als Sprecher der nordrhein-westfälischen Waldorfschulen, repräsentierte den Bund der Freien Waldorfschulen im European Council for Steiner Waldorf Education und war seit 2013 bis zuletzt deren Präsident. Noch eine Woche vor seinem Tod nahm er aktiv an einer Online-Konferenz des Councils teil.

In der europäischen Arbeit mit den Vertreter*innen der verschiedenen Länder fand er eine so tiefe Befriedigung, dass sie wohl am Ende seines Lebens zu seiner erfüllendsten und glücklichsten zu zählen ist.

Besonders erwähnenswert ist, dass Richard Landl 18 Jahre dem Vorstand des Bundes der Freien Waldorfschulen angehörte. Er hat für die Umwandlung des Bundes der Freien Waldorfschulen von einer geschichtlich gewachsenen zentralisierten Vereinigung zu einer offeneren, dezentralen Organisation Bedeutendes geleistet. Dabei standen für ihn die Aufgaben der spirituell-qualitativen Stärkung eines vielfältigen pädagogischen Lebensstromes der Waldorfpädagogik immer im Vordergrund vor jeden regional bezogenen Interessen.

Neben diesem Mitwirken in den unterschiedlichen Gremien und dem Engagement für seine Schüler*innen gab es jedoch noch zwei Bereiche, denen er sich mit Hingabe widmete. Die Gestaltung der Oberstufe, auch und besonders im Rahmen der Pädagogischen Sektion am Goetheanum, und die Entwicklung der Qualität an unseren Schulen. Deshalb spricht man, wenn man vom Verfahren zur Qualitätsentwicklung von Unterricht an Waldorfschulen spricht, auch gerne vom »Landl-Verfahren«.

Neben vielen Auf­sätzen sind besonders auch seine beiden Bücher Qualitätsentwicklung an Waldorfschulen und Aufbruch in die Welt – Waldorfpädagogische Grundlagen der Oberstufe mit Unterrichtsbeispielen zu erwähnen, Zeugnisse seiner intensiven Auseinandersetzung mit Grundlagen und Perspektiven der Entwicklung von pädagogischer Qualität. Für ihn stand die Entwicklung des allgemein Menschlichen immer im Zentrum all seines Handelns. Ein langjähriger Weggefährte fand ein sprechendes Motiv für Richard Landls Leben: Beratung und Qualitätsbewusstsein zwischen Eurythmie und Mathematik.

Klaus-Peter Freitag

Richard Landl hat den Vorstand des European Council for Steiner Education als Präsident mehr als acht Jahre lang auf sanfte, warmherzige, kooperative und besonnene Weise geführt. Er beherrschte die Kunst der Führung aus dem Hintergrund, des Handelns und nicht des Erzwingens; eine Präsidentschaft mit Würde. Er hatte ein scharfes Auge für Effizienz und praktische Lösungen sowie einen Fokus auf altruistische Ziele und den höheren Zweck. Er verband dieses Wissen und diese Weisheit mit einer großen Offenheit für Menschen und neue Ideen. Wo immer das European Council tagte, verband er Sitzungen mit Hospitationen im Schulunterricht vor Ort.

Stets betonte er, dass unsere Organisation in erster Linie zum Wohle der Schüler und Lehrer in den Steiner- und Waldorfschulen arbeitet. Er wurde oft von unseren Mitgliedsverbänden eingeladen, um mit Lehrern, Schulleitern oder sogar mit Politikern zu arbeiten, und hinterließ dabei einen bleibenden Eindruck.

Landls Herz war in der Arbeit des ECSWE. Er war bis zu unserem letzten Online-Meeting, am 15. Mai, tief  in die Aufgaben des ECSWE eingebunden.

Dass sein Todestag mit Pfingsten zusammenfällt, passt zu der weltoffenen Persönlichkeit, die er war.

Wir können sein Vermächtnis in Ehren halten, indem wir weiter aus dem Geist der Erneuerung und der zukunftsorientierten Entwicklung heraus arbeiten, die Landl klar als die wichtigste Aufgabe für die Waldorfbewegung in Europa sah. Er hat viele wichtige Impulse gegeben, auf denen wir für die zukünftige Organisationsentwicklung aufbauen können.

Wir werden unser Bestes tun, um sein Vermächtnis für ECSWE zu wahren.

Georg Jürgens, ECSWE, Brüssel