Das letzte Schuljahr wird uns als ein Jahr in Erinnerung bleiben, in dem wir Onlineunterricht hatten und ansonsten nicht viel passiert ist – abgesehen von einer Pandemie. Oder?
Die eine Hälfte war ereignisreich, weil 2019 das Jahr war, in dem die Waldorfschule ihr 100-jähriges Jubiläum feierte. Ein Fest für die Welt, so auch ein Fest für jede einzelne Waldorfschule und jeden Waldorfschüler! Es war ein wichtiges Jahr, das sicher einige neue Ansätze und Impulse auch für die WaldorfSV brachte. Das fing bei der International Students Conference (ISC) am Goetheanum in Dornach mit COURAGE an. Es kamen rund 650 junge Menschen aus über 30 Ländern, um sich fünf Tage lang mit dem großen Thema »Mut« auseinanderzusetzen.
Der Vorstand der WaldorfSV arbeitete wie gewohnt, bereitete die regelmäßigen Treffen vor, besprach sich über anstehende Ereignisse und aktuelle Themen. Im Zuge von Waldorf100 waren wir neben den kleineren und internen Feiern an den einzelnen Schulen auch bei der großen Feier im Tempodrom in Berlin oder auf dem Waldorf-Festival in Schloss Hamborn präsent. Wir begegneten vielen jungen Leuten, die Waldorf100 zum Anlass nahmen, Bewegung und Kunst in die Welt zu tragen. So bleibt vielen von uns die Tournee der »Hit the beat«-Gruppe von der Waldorfschule Windhoek (Namibia) in schöner Erinnerung.
Einige der genannten Ereignisse lagen vor den Sommerferien 2019, also nicht im aktuellen Schuljahr. Doch die Energie, die in diesen Monaten freigesetzt wurde, reichte noch weit in die Zeit nach den Sommerferien hinein.
In den letzten Monaten, in denen es das Corona-Virus unmöglich machte, diese gemeinschaftliche Energie und das Miteinander aufleben zu lassen, wirkten die im Waldorf100-Jahr gemachten Erfahrungen, die geschlossenen Freundschaften und die gesäten neuen Ideen wie Sonnenstrahlen!
Das nächste größere Ereignis war Anfang Oktober die fünftägige 29. Bundesschülertagung in Mannheim mit dem Thema »Wir. Generation – Gesellschaft – Gemeinschaft« – ein inspirierendes Feuerwerk der Farben und Eindrücke und ein großes Geschenk.
Danach folgten mehrere Treffen dicht aufeinander und schon bei dem offiziellen Übergabetreffen des Vorstandes in der Geschäftsstelle des Bundes der Freien Waldorfschulen in Stuttgart fingen wir mit der groben Planung für die 30. Bundesschülertagung an. Ob das Treffen in Bochum zum schuleigenen Portfolio-Programm, die Mitgliederversammlungen in Frankfurt und Berlin, das ISC-Vorbereitungstreffen in Zusammenarbeit mit der Jugendsektion am Goetheanum oder die Vorbereitungstreffen in Hitzacker und Kiel – alle waren produktiv, wunderschön und anstrengend.
Ein Highlight war das Jugendsymposion Mitte Dezember in Kassel mit dem Thema »Vernunft«. Dort hörten wir tolle Rednerinnen und Redner – von einem Bürgermeister über seinen Beitrag zu einer besseren Welt, über digitale Zukunft bis hin zum Verhältnis von Vernunft und Politik.
Mit der Zeit rückte die 30. Bundesschülertagung immer näher, bis es ungewiss wurde, ob sie überhaupt stattfinden würde.
Das letzte Treffen Ende Februar vor Corona war eines der inspirierendsten: die Entwicklungswerkstatt an der Freien Waldorfschule Kakenstorf (Nordheide). Die Themen waren die künstlerisch-praktischen Unterrichte und deren Zertifizierung, Probleme des Frontalunterrichts, Homeschooling und das Thema Schwerpunktschule.
Viele Schulen stellten sich und ihre verschiedenen innovativen Projekte vor und regten an, mit den Schülern zusammen zu lernen und zu arbeiten und Neues zu wagen, wobei uns als Schülervertretung viel Stimme gegeben wurde. Ein für mich wichtiges Thema war die Weiterarbeit an dem bundesweiten Schüleraustausch, wofür ein anfänglicher Plan entwickelt wurde.
Die WaldorfSV hat im vergangenen Jahr mit vielen neueren Initiativen, wie dem Eurythmie- und Orchesterprojekt »Connect« und der »Initiative klimafreundliche Waldorfschulen jetzt«, gemeinsame Sache gemacht.
Als Mitte März das Corona-Virus erst einmal alles durcheinander brachte, dachten wir nicht sofort an eine Absage der kurz bevorstehenden 30. Bundesschülertagung, aber wenig später war klar, dass sie nicht stattfinden wird. Das war für uns mindestens genauso hart, wie für alle Schüler, die sich auf die Tagung gefreut haben. Kurz danach wurden auch die Bundeselternratstagung in Gummersbach und der Kongress »Soziale Zukunft« in Bochum abgesagt.
Doch es geht weiter! Wichtig war und ist, die Situation auch als Chance zu begreifen und so gut zu nutzen wie möglich. So organisierten wir mit den »Freunden der Erziehungskunst« und dem »Wow-Day« das Act-together-Festival, das Anfang Mai auf den Instagram Accounts Waldorf_SV und Waldorfoneworld via Livestream stattfand. Dabei ging es uns darum, Mut und Freude zu schenken, zu informieren und Solidarität mit jenen Einrichtungen zu zeigen, die von der Krise stärker betroffen sind. So haben wir mehrere, meistens zwangsläufig zurückgekehrte Menschen eingeladen, von ihren Auslandserfahrungen und Freiwilligendiensten zu berichten. Daneben gab es im Livestream aber auch viel Musik, Poetry Slam und Raum für Gedanken zur Corona-Krise.
Anfang Juni kamen wir endlich wieder in Stuttgart zu einem SV-Treffen zusammen, um eine lange Liste abzuarbeiten. Schwerpunkt war die kommende Bundesschülertagung mit dem Thema »Grenzen«, die vom 5. bis 8. November 2020 in Kiel stattfinden soll. – Wir machen weiter und hoffen das Beste!
Zum Autor: Noël Norbron ist Schüler der FWS Göttingen und WaldorSV-Vorstandsmitglied.