Ausgabe 11/24

Harfen der Marke Eigenbau

Hannah von Huene

Es ist 9 Uhr an einem Samstagmorgen, als im Handwerksraum der Neuen Waldorfschule Dresden die Eltern der Klasse 1a eintrudeln. Jedes Kind soll eine eigene Harfe bekommen soll, deswegen findet heute und an einem weiteren Samstag ein Kurs zum Bauen von Kinderharfen statt. Insgesamt 18 Instrumente werden der Regie von von Huene, der in der Schule den Werkbereich mitbetreut, entstehen.

Nach einer Einführung, in der einzelne Arbeitsschritte kurz wiedergegeben und mittels einer Zeichnung an der Tafel dargestellt wurden, kamen die Teilnehmer:innen schnell ins Arbeiten. Aus den grob ausgesägten Rohlingen aus Kirschholz galt es, die Form herauszuarbeiten und die Wölbungen mit dem Hohleisen zu gestalten. In kurzer Zeit war der Raum erfüllt von Klüpfelschlägen, Raspelgeräuschen und alle tauchten ein in eine tiefkonzentrierte Arbeit. Dann wurden die nötigen Löcher für Saiten und Wirbel an der Ständerbohrmaschine gebohrt. Der Erste an der Maschine wurde zum Ausbilder, der den Nächsten anleitete. Spannend zu beobachten war, wie individuell die Herangehensweisen an die Arbeit oder die Auswahl der Werkzeuge waren.

Am Nachmittag wurden die Formen immer deutlicher, genauso wie sich die individuellen Merkmale der Instrumente immer stärker zeigten. Alle Teilnehmer:innen hatten sich in das eigene Instrument eingefühlt und damit begonnen, auch individuelle Ideen zu verwirklichen. Nach fast acht Stunden intensiver Arbeit waren bei allen Harfen die Formen fertig angelegt. Müde, aber erfüllt von dem schönen Gefühl, etwas geschafft zu haben, wurde noch gemeinsam aufgeräumt.

Zwei Wochen später folgte der zweite Kurstag. Es galt, mit der Ziehklinge die letzten Hubbel und Beulen auszugleichen und anschließend gründlich das Holz in verschiedenen Körnungen des Schleifpapiers perfekt zu glätten. Teilnehmer:innen, die sich entschieden hatten, die Oberfläche nur zu schnitzen, kamen nun in die entscheidende Phase, das ganze Instrument perfekt zu überschnitzen. Eine anspruchsvolle Aufgabe!

Öl oder Lack
 

Wer mit seiner Arbeit soweit war, konnte sich nun für die Art der Oberflächenbehandlung entschieden. Die Mehrzahl entschied sich für das Ölen. Einige besonders Interessierte und Mutige entschieden sich für die Schellackpolitur, eine traditionelle Oberflächenbehandlung, die aus dem Instrumentenbau bekannt ist. An einer Werkbank wurde ein Lackierstandort eingerichtet. Hier wurden die Grundtechniken der Schellackpolitur vermittelt und geübt. Nach einer Grundierung mit dem Pinsel wurden hauchdünne Schichten Schellack mit einem Ballen aufgetragen und poliert.

Nach der Oberflächenbehandlung war nun endlich der Moment gekommen, an dem die Saiten aufgezogen werden sollten. Nun zeigten sich bei einigen Teilnehmer:innen plötzlich die Nerven – so viel Mühe und Arbeit waren in die Instrumente geflossen. Wenn jetzt etwas schiefgeht? Das ein oder andere Wirbelloch war nicht tief genug gebohrt und manchen drohte der Mut zu schwinden, alles noch zu einem guten Ende zu bringen. Mit letzter Kraft und viel Zusammenarbeit untereinander wurden die Saiten aufgezogen, gestimmt und die letzten Problemchen gelöst.

Am Ende hielten wir alle eine wundervoll individuell gestaltete Harfe in Händen. Beseelt und glücklich machten wir uns dann mit dem ersten selbst gebauten Instrument auf den Heimweg, um den gespannt wartenden Kindern ihr Werk zu überreichen.

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