Klettern zählt zu den Trendsportarten, künstliche Kletteranlagen verzeichnen stetig wachsende Besucherzahlen. Fast jeder, der es einmal probiert hat, kann bestätigen: Klettern tut Körper und Seele gut. Es stärkt den ganzen Menschen, spricht alle Sinne an und schärft sie. Sämtliche motorische Fähigkeiten werden angeregt und trainiert, es schult die Koordination, verbessert die Konzentrationsfähigkeit und das Körpergefühl, fördert die Entwicklung von Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und Wachsamkeit. Außerdem wirkt es sich positiv auf das Selbstvertrauen aus und trägt zu einer positiven Stimmung und Lebenseinstellung bei.
Klettern ist pädagogisch und therapeutisch wertvoll
Es verwundert nicht, dass gerade die Pädagogik das Klettern als eines ihrer Medien entdeckt hat. Klettern ist zentraler Bestandteil der meisten erlebnispädagogischen Programme. In kaum einem anderen Bereich werden Verantwortung und Vertrauen so existenziell erfahren wie beim Klettern. Der Sichernde hält das Leben seines Kletterpartners buchstäblich in seinen Händen. Das schult den verantwortungsvollen Umgang miteinander und vertieft die Beziehung zwischen Sicherungs- und Kletterpartner.
Geht es hinaus an den Felsen, bestärken gemeinsame Klettererlebnisse die Lust auf Aktivität und Gemeinschaft, Natur und Draußensein. Klettern und Naturschutz gehen zusammen – in einem sanften und umweltschonenden Bergsport.
Künstliche Wände versprechen rasche Erfolge
Für das Klettern mit Kindern sind vor allem künstliche Kletteranlagen geeignet. Farbige Wände mit Abfolgen gleichfarbiger Griffe versprechen rasche Erfolge, bieten Sicherheit und übersichtliche Herausforderungen. Hier kann nach Herzenslust gebouldert oder geklettert werden. Insbesondere kleinere Kinder begeistern sich zunächst eher für die spielerische Form des Kletterns, das Bouldern – ohne Seil und in Absprunghöhe. Beim Bouldern können die ersten Versuche an der Wand gemacht und später komplizierte Kletterbewegungen trainiert werden. Auch gibt es eine Vielzahl schöner Boulderspiele, die sich ideal für Kindergruppen eignen und neben dem Spaß an der Bewegung unterschiedliche Lernerfahrungen vermitteln. An das Klettern mit Seil in festen Routen müssen sich Kinder langsam herantasten. Hier kommen Ausdauer und Höhe sowie das Vertrauen in die Sicherung durch den Partner als Herausforderungen hinzu.
Persönliche Grenzen werden aufgrund der unterschiedlichen Arten und Schwierigkeiten der Routen immer wieder erfahren, ausgelotet und überwunden. Frühestens im Alter von acht Jahren können Kinder an das Sichern herangeführt werden, was schrittweise und immer mit Rücksicht auf die persönliche Reife und Verfassung des Kindes geschehen muss. Sichern stellt hohe Anforderungen und verlangt ein komplexes Sicherungsverständnis, das theoretisch und praktisch geschult und aufgebaut werden muss. Wenn Kinder unter vierzehn Jahren sichern, sollte in jedem Fall ein Erwachsener hintersichern oder zumindest unmittelbar daneben stehen, um jederzeit eingreifen und Fehler korrigieren zu können. Klettern am natürlichen Fels stellt nochmals höhere Anforderungen an die Kletter- und Sicherungstechnik. Klettergärten und Sportklettergebiete sind nicht immer auch für das Klettern mit Kindern geeignet. Felswände sind im Vergleich zu künstlichen Wänden erst einmal unübersichtlich – die graue Wand erschließt sich Kindern nicht von selbst in ihren Griff- und Trittmöglichkeiten. Das Klettern fällt schwerer, verläuft deutlich langsamer. Um die Enttäuschung zu begrenzen, sollten Kinder hier zunächst in kurze, leichte Routen mit freundlicher Griff- und Trittstruktur einsteigen, natürlich mit Seil von oben gesichert. Zu beachten sind auch die Verletzungsgefahren beim Klettern und Sichern im felsigen Gelände. Scharfe Kanten, spitze Zacken, Felsvorsprünge, Absätze und abschüssiges oder Blockgelände am Wandfuß stellen Risiken dar. In zunehmender Höhe oder vor eher abweisenden hohen Felswänden fühlen sich Kinder rasch allein – Ängste können lähmen und die Freude am Klettern nehmen. Für das Klettern mit Kindern im natürlichen Fels bedarf es einer kompetenten Auswahl des Gebietes und der Kletterrouten durch die erfahrenen Erwachsenen.
Alpine Gipfel werden besser erwandert
Ungeeignet für das Klettern mit Kindern sind alpine Klettertouren im Gebirge und Hochgebirge. Gipfel werden hier besser erwandert – diese Kraxeltouren sind in der Regel schon anspruchsvoll genug, sie verlangen auch auf den Normalwegen häufig kleine Klettereien. Unternehmungen in den Bergen sind immer mit intensiven Erlebnissen von Natur und Gemeinschaft verbunden und haben einen hohen Lern- und Erfahrungswert für jedes Kind.
Klettern kann auf verschiedenen Wegen in den Schulalltag eingebunden werden: künstliche Spiel- und Kletterfelsen auf dem Schulhof bereichern die Pausen- und Nachmittagsgestaltung; Kletterwände und Boulderelemente in der Turnhalle lassen sich vielseitig im Sportunterricht nutzen. Darüber hinaus können schulnahe künstliche Kletteranlagen, beispielsweise die Kletterhallen der Alpenvereinssektionen, attraktive Trainingsmöglichkeiten bieten. Klettern im Turnunterricht bietet die Chance, neben dem sportlichen Können auch soziale Fähigkeiten zu trainieren, denn es fördert die Auseinandersetzung mit den Themen Verantwortung und Vertrauen, Kommunikation und Kooperation, Angst und Sicherheit. Klettern ist ein ganzheitlicher Sport par excellence und kann zur gemeinschaftlichen und persönlichen Entwicklung der Schüler einen wesentlichen Beitrag leisten.
Eine lohnende Ergänzung können spezielle Klassenfahrten und Erlebnistage sein, die mit den Besonderheiten des Naturfelsens und den Gegebenheiten im Gebirge sowie Aspekten des Felskletterns vertraut machen. An erster Stelle steht hierbei natürlich das Naturerlebnis.
Um das Klettern in der Schule zu etablieren, empfiehlt es sich, methodisch vorzugehen und die Lehrer beim Alpenverein zu Trainern auszubilden.