Aufruf zur Finanzierung der Lehrerbildung

Gerhard Stocker

Liebe Eltern, liebe Schulmütter und -väter, liebe Großeltern,

ich wende mich an Sie in großer Sorge um die Zukunft der Waldorfpädagogik. Sie ist zugleich die Zukunft der derzeit mehr als achtzigtausend Schüler an den Waldorfschulen in Deutschland. Für diese Zukunft braucht es Lehrer, die den Anforderungen und Chancen einer zeitgemäßen Waldorfpädagogik gewachsen sind.

Ich selbst war Schulvater, bin inzwischen auch Schulgroßvater, war Lehrer an einer Waldorfschule und bin mittlerweile Dozent an einem Waldorf-Lehrer-Seminar. Mir ist also die Zukunft der Waldorfpädagogik ein mehrfaches Anliegen.

Was heißt nun, es bräuchte Lehrer, die der Zukunft der Waldorfpädagogik gewachsen sind? Die Gegenwart nötigt uns immer drängender Fragen nach der Zukunft auf!

Waldorfpädagogik wurde 1919 inauguriert und sollte eine Erziehungskunst sein. Heute – so wird gefordert – sollte die Waldorfpädagogik der Erziehungswissenschaft genügen!

Um was aber geht es im Unterricht? Um Begegnung! Um Entwicklung! Um Ganzheiten: um Welt, um Ich, um Wir, um Mensch, um Zukunft! Dazu braucht es Begegnungs- und Vermittlungskünstler. Das braucht Zeit. Doch leider fehlt es an Geld! – Fehlt es wirklich an Geld?

Mit 135 Euro pro Schüler und Jahr wird die Waldorflehrerbildung finanziert. Bei bundesweit etwa 85.000 Schülern sind das 11.475.000 Euro. Mehr ginge nicht! Diese Einschätzung hat außerordentlich spürbare und einschneidende Konsequenzen für die Lehrerbildung. Wenn aber, liebe Eltern und Großeltern, von Ihren Beiträgen an die Schulen 135 Euro für die Zukunftssicherung einer angemessenen Lehrerbildung und damit einer Qualitätssicherung derselben aufgewendet werden, sieht die gigantische Erscheinung eines Millionenbetrags, zurückverfolgt bis an die Quelle seiner Aufbringung, nämlich Ihr Portemonnaie, realistischer aus: 11,25 Euro im Monat.

Wenn nun Anstrengungen unternommen würden, etwas mehr, sagen wir 175 Euro pro Schüler und Jahr, aufzubringen, gesondert, abgegrenzt vom Bedarf, den die Schule selbst hat, dann wäre das eine Maßnahme, um die Deckelung der Lehrerbildungsfinanzierung aufzuheben. Dann würde frische Luft an den Seminaren und Ausbildungsinstituten wehen können, dann könnte dort wieder etwas besser durchgeatmet werden. Denn die Situation ist bedrückend und erstickend.

Zum Vergleich: Ein Smartphone – nicht mal eines der Spitzenklasse – kostet 600 Euro. Wären 135 plus 40 Euro wirklich nicht aufbringbar?

Könnten Sie denn, liebe Eltern und Großeltern, für die Zukunft und die Qualität der Waldorfpädagogik nicht das Gespräch mit den wirtschaftlich und rechtlich Verantwortlichen der Schulen aufnehmen, um Zuordnung und Budgetabgrenzung Ihres Beitrages zur Lehrerbildung von Ihrem Beitrag zur Förderung der Schulbelange zu klären? Dann müssten Geschäftsführung und Vorstände nicht mehr damit hadern, dass die Finanzierung der Lehrerbildung dem Bedarf der Schule zu viel wegnähme.

Liebe Eltern, liebe Schulmütter und -väter, liebe Großeltern, bitte schalten Sie sich auch an dieser Stelle ein in die Zukunfts- und Qualitätssicherung der Waldorfpädagogik!