Das Kindeswohl bleibt auf der Strecke

Beri Fahrbach-Gansky

Claudia Grah-Wittich macht es sich in ihrem Artikel »Machen Krippen aggressiv?« gar zu einfach. Die Behauptung, »dass bisher keine Studie … zeigen konnte, dass sich Krippenkinder besser oder schlechter entwickeln als Kinder, die zu Hause betreut wurden«, ist unzutreffend. Ich habe über viele Jahre eine Sammlung von Material von und über Studien angelegt. Das Bild, das sich mir dadurch ergibt, ist höchst besorgniserregend. Auch über das Cortisol, »dessen Bedeutung« angeblich »noch nicht hinreichend erforscht« ist, lässt sich mit Sicherheit sagen, dass dauerhaft erhöhte Cortisolspiegel toxisch wirken, vor allem auf das sich entwickelnde Gehirn. Diese Tatsache steht in engem Zusammenhang mit Depressionen und Süchten.

Auch die Vorstellung von »natürlichem Erziehungsinstinkt« ist so nicht haltbar. Die Erziehungsfähigkeit beim Menschen ist komplett erworben und erlernt. Und zwar hauptsächlich durch die Liebe der Hauptbezugsperson, die man selber an sich als Baby und Kleinkind erfahren hat – oder eben zum Beispiel wegen Fremdbetreuung nicht. Und der »gesunde Menschenverstand« reicht nicht aus, um Kinder richtig einzuschätzen. Bei den Kindern, die scheinbar die Trennung von der Mutter am besten verkrafteten, wurden die höchsten Cortisolwerte gemessen.

Ich frage mich, ob das Geld und die Besitzstandwahrung, die sich in drastisch schrumpfenden Kinderzahlen ausdrückt, dazu führen, dass das Interesse nachlässt, Fakten und Meinungen auseinanderzuhalten. Treten Verharmlosung und schöne Reden an die Stelle von ernsthafter Wahrheitssuche? Letztendlich bleibt das Kindeswohl auf der Strecke.