Sachbuch

Nach Kaputt kommt schöner

Frank Hörtreiter

In Halle gibt es eine Gemeinschaft, die Kinderkleidung deutschlandweit zur Miete anbietet, so dass man immer wieder tauschen kann, wenn die kleinen Benutzer herausgewachsen sind. Gute Materialien sind teuer und lohnen die Reparatur. Und so werden sie aufgearbeitet und – je nach Erhaltungszustand und Alter verschieden teuer – wieder vermietet. Das heißt: weniger Wegwerfware und mehr Gefühl für die Geschichte der Dinge.

Nun ist ein Buch aus diesen Erfahrungen entstanden: eine Anleitung zum Stopfen, Schmücken und Bewahren. Dass Kinder solche geflickten Dinge manchmal neu gekauften vorziehen, habe ich als achtfacher Großvater erlebt: da wurde manche Strumpfhose mit der Schere flickbedürftig gemacht, damit sie ihre persönliche Geschichte erzählt. Im Allgemeinen reicht aber die Bewegungsfreude aus, um immer wieder für Nachschub in der Flickkiste zu sorgen.

Dies Buch ist pfiffig gemacht: anschauliche Zeichnungen, stimmungsvolle Fotos und genaue Anleitungen für Sticken, Web-Stopfen, Einhäkeln und -stricken kommen da zueinander, und man spürt: nagelneu ist oft nicht so interessant wie eine sorgfältige, aber eben auch sichtbar gemachte Reparatur. Man kann sie ja auch selbstbewusst mit Blumen, Sternen und in der Farbe kontrastierenden Flicken versehen; sie müssen nur in Material und Laufrichtung dem Grundstoff so ähnlich sein, dass es reißfest bleibt.

Vielleicht darf ich noch anfügen: mein Handarbeitsunterricht vor mehr als sechzig Jahren muss wohl ein Kompliment für die Waldorfschule gewesen sein. Wir wurden nicht bloß angeleitet, mit der Strick-, Häkel- und Nähnadel zu arbeiten, sondern auch auf unsere Eigenständigkeit ein bisschen stolz zu sein.

Ines Labedzki, Sibylle Mittag, Ulrike Jänichen, Matthias Ritzmann, Magnus Sönning: NACH KAPUTT KOMMT SCHÖNER. Textile Reparaturen von Hand, 176 S., Halle 2021, 28 Euro.

 

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