Leistungselite in Cord und Seide

Jürgen Peters

Ende Oktober 2010 schrieben die Hannoverschen Kassen 1.614 Personen an – vorwiegend Waldorflehrer. 279 schickten den Fragebogen ausgefüllt bis Dezember zurück.

Waldorflehrer haben mehr Kinder

Ziel der Befragung war unter anderem, herauszu­finden, welche Qualifikationen die Interessenten mitbringen, welche Erwartungen sie an eine solche Tätigkeit haben und welche weiteren Informationen und gegebenenfalls auch Schulungen sie sich für ein zukünftiges bürgerschaftliches Engagement wünschen.

Auffallend ist die überdurchschnittlich hohe Kinderzahl im Vergleich zur Gesamtbevölkerung: Bei Akademikerinnen in der Altersgruppe von 49 bis 59 hat nur knapp ein Achtel drei oder mehr Kinder. In der vorliegenden Stichprobe hingegen hat ein starkes Drittel drei oder mehr Kinder. Etwa drei Viertel der Befragten leben in einer Partnerschaft beziehungsweise in einer Gemeinschaft. Die aktuelle berufliche Situation wird von der Gruppe der Befragten ebenfalls überdurchschnittlich positiv eingeschätzt. Die Frage: »Wie geht es Ihnen in Ihrer jetzigen beruflichen Situation?« wurde von über 76 Prozent mit »sehr gut« bis »gut« beantwortet.

Waldorflehrer sind überdurchschnittlich engagiert

Zwei Drittel der Befragten wollen sich zukünftig weiter engagieren, davon rund 45 Prozent im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements und des Ehrenamts. Zum Vergleich: Das Engagement im deutschen Freiwilligen-Survey 2009 lag bei der Altersgruppe der 50- bis 60-jährigen bei 35 bis 40 Prozent. Waldorflehrer sind also in überdurchschnittlicher Weise bereit, sich zu engagieren. Mit Werten zwischen 50 und 60 Prozent am häufigsten genannt wurden folgende Motive des bürgerschaftlichen Engagements: Begegnung, aktive Lebensgestaltung, Horizonterweiterung und die Gestaltung der Zukunft. Alle diese Nennungen haben eine Außenorientierung gemeinsam. Sie zielen nicht primär auf Selbstentwicklung, sondern streben ein Hinausgehen über das bisher Bekannte und eine Wirksamkeit in der Gesellschaft an. Insgesamt zeigen die Antworten zu dieser Frage ein überwiegendes Interesse an gesellschaftlich wirksamen Zielen. Aus den offenen Fragen ging zugleich hervor, dass ein Austausch auf Augenhöhe und die persönliche Begegnung besonders wichtig sind. Es handelt sich hier also nicht um Personen, die allein ihr erworbenes Wissen und ihre Erfahrung weitergeben, sondern die in einen Dialog treten wollen. Dass sie gleichzeitig das Bewusstsein mitbringen, selber noch etwas lernen zu müssen – was man besonders bei Lehrern nicht von vornherein erwarten kann – zeigt ihr großes Interesse an Fortbildungen.

Bedürfnis nach Fortbildungen

Kultur, Bildung (je etwa 50%) sowie Kunst und Gesundheit (je etwa 40%) waren bei den Fortbildungswünschen die am häufigsten genannten Felder. Die häufigsten genannten Bereiche sind Organisationskultur (55,4 %) anthropologische und anthroposophische Grundlagen (60,2 %) und Wirtschaft und Recht (52,1 %). Dies zeigt, dass auch die eher anthroposophisch orientierte Gruppe der Befragten in hohem Maße Wirtschafts- und Organisationsfragen für wichtig hält, was wiederum darauf hindeutet, dass es diesen Menschen besonders um eine menschliche Organisationskultur geht.

Überraschend ist, dass die hier angesprochenen Pädagogen sich nicht allein auf das in der Vergangenheit angehäufte Wissen verlassen möchten. Es gibt eine deutliche Bereitschaft für ein lebenslanges Lernen.

Zum Autor: Jürgen Peters ist Waldorflehrer und Dozent in der Lehrer­ausbildung. Seit 2009 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für empirische Sozialforschung an der Alanus Hochschule.