Trotzdem will man sich nicht von dem alten Modell des überwiegend sitzenden Unterrichts verabschieden, das aus Zeiten stammt, als sich die Kinder außerhalb der Schulzeit viel bewegten. Stundenlang abgeknickt in Schulbänken zu hocken, war auch damals schädlich, doch einigermaßen kompensierbar. Anders als heute.
Erstarrte institutionelle Strukturen aufzubrechen, gehört zum Schwersten, ich weiß. Trotzdem wird man sich etwas einfallen lassen müssen. Der traditionelle Schulbetrieb ist ein Anachronismus. In vielerlei Hinsicht.
Zu allem Übel müssen viele Kinder auch noch nachmittags sitzen: über den Hausaufgaben. Schlimmstenfalls verbringen sie dann ihre knapp bemessene Freizeit am Bildschirm. Sitzend. Lieber sieht man es natürlich, wenn sie hübsch gesittet zu Hause spielen, malen, basteln. Nur ist damit das Problem des ständigen Sitzens nicht gelöst. Immer seltener haben die Kinder Gelegenheit, draußen herumzustromern. Es ist eine dramatische Entwicklung, auch dazu liegen Studien vor. Das ständige Sitzen zwischen Wänden, ob zu Hause oder in der Schule, bringt eine Menge Probleme mit sich. Zum Beispiel Sonnenlichtmangel.
Folgen: Abgeschlagenheit, gedrückte Stimmung, Unaufmerksamkeit. Schummriges Licht vermindert die Gedächtnisleistung um rund 30 Prozent. Zu wenig frische Luft. Frische Luft bringt das Denken auf Trab, harmonisiert die Atmung, vor allem Waldluft. Zu wenig gesunde Nahrung für die Sinne. Je mehr Sinne beim Lernen einbezogen werden, desto länger bleibt das Gelernte im Gedächtnis haften. Zudem geht das alles auf Kosten des Schlafes oder mindestens der Schlafqualität. Tags darauf ist die Konzentration erst recht im Eimer. Ein Teufelskreis. So züchtet man Verhaltensstörungen und Lernprobleme. Die Pharmaindustrie frohlockt.
Einer aktuellen Studie der Technischen Universität München und der Universität Mainz zufolge (www.presseportal.de/pm/16314/3859698) verbessert Outdoor-Unterricht die kognitiven Leistungen signifikant. Draußen, in natürlicher Umgebung, gelingt das Lernen leichter. Dies umso mehr, wenn bei den Lernarrangements drei Grundbedürfnisse der Kinder erfüllt werden: Selbstwirksamkeitserfahrungen (aktiv etwas entdecken), Erlebnisse von Kompetenz (Sieh an, es gelingt!) und ein gutes soziales Klima.
Letzteres entsteht wiederum unter freiem Himmel eher als in geschlossenen Räumen. Warum? Erstens weil das Zusammengepferchtsein zu Dutzenden (zwangsweise, sitzend) automatisch Spannungen auslöst, zweitens weil die Naturgeister Kindern offenbar helfen, sich besser zu vertragen – dem müsste man auch einmal gründlich nachgehen. Also: Raus aus dem Klassenzimmer! Nicht immer, klar, aber immer öfter. So könnte man die Schulzeit verkürzen und trotzdem bessere Lernergebnisse erzielen. Es wäre also unter dem Strich kein zusätzlicher Zeitaufwand.